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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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waren. Und King Lear war vergessen. Und wie Hal gelacht hatte, als ich den Koalabär gegeben hatte, indem ich mich mit weit aufgerissenen Augen auf eine Bank gehockt und meine Handtasche als Baby vor den Bauch gepresst hatte. Ein wunderbares Lachen, den Kopf weit in den Nacken gelegt, die braunen Augen sprühten: herrlich. Mein Herz machte einen übermütigen kleinen Sprung, nur ein kleiner Sprung,
und schon spürte ich, wie das Ding in meinem Kopf, mein Geschwür wieder zu einem kleinen erbsengroßen Ding zusammenschrumpelte. Besser, viel besser.
    Meine Hände hatten sich bereits vom Rand des Spülbeckens gelöst, als er durch die Hintertür hereinkam und rasch zu mir schaute, um zu sehen, ob mit mir alles okay war.
    Ich lächelte. Nickte leicht. Wir kannten uns so gut, dass wir nicht wirklich sprechen mussten.
    »Aber noch nichts Neues aus dem Krankenhaus?«, fragte Hal.
    »Nein, nichts Neues.«
    Er kam zu mir. Nahm mich in den Arm. Und es fühlte sich so gut an. So sicher. Ich verharrte in seinen Armen, mein Kopf auf seiner Brust, in dem stillen, tickenden Haus. Ich spürte, wie sich jeder Muskel in mir entspannte. Nach einer Weile hob ich den Kopf.
    »Wo ist Seffy?«
    »Ich habe ihn dort gelassen.«
    »Im Zwinger?«
    »Nein, bei Cassie.«
    Ich starrte ihn ungläubig an. »Was?«
    »Na ja, Letty war nicht da. Sie hatte einen Zettel hingelegt, dass sie nach London gefahren ist, was Cassie zufolge ganz normal ist. Anscheinend verschwindet sie öfter ganz plötzlich, wenn es ihr gerade in den Sinn kommt, und lässt Cassie allein, was ich ziemlich besorgniserregend finde.«
    »Dann sind die beiden jetzt also allein? Seffy und Cassie? «
    »Ja, Seffy meinte, er würde nachher zurücklaufen, aber er wollte sie noch nicht allein lassen.«
    »Natürlich will er das nicht!«, platzte es aus mir heraus.
Ich löste mich grob aus seiner Umarmung und trat einen Schritt zurück. Mein Atem ging schwer.
    »Wie meinst du das?«, fragte er verblüfft.
    »Meine Güte, Hal, schalt doch dein Hirn ein! Zwei Jugendliche allein in einem leeren Haus – natürlich will er sie nicht allein lassen. Was würdest du denn tun? Was tust du gerade jetzt? Du machst es dir kuschelig.«
    »Ach, ich glaube nicht …«
    »Du glaubst nicht? Du glaubst nicht? Tja, du bist eben kein Vater, Hal. Du glaubst nicht, dass sie da jetzt wie wild rumknutschen? Und mehr? Ich kann gar nicht fassen, wie du so dumm sein konntest!« Ich war völlig übergeschnappt. In jeder Hinsicht außer Kontrolle. Erkannte meine eigene, krächzende, ätzende Stimme nicht wieder.
    »Die haben doch nur eines im Sinn, Hal, das kannst du mir glauben. Oh, wie dumm, wie blöd kann man eigentlich sein?«
    Ich fuhr wild herum und suchte nach meinen Autoschlüsseln. Meine Tasche — wo war meine Tasche? Auf dem Stuhl – nein. Ach, da, auf der Anrichte.
    »Das ist ziemlich unwahrscheinlich, glaubst du nicht auch?«
    » Unwahrscheinlich ? Oh, nein, im Gegenteil, es ist höchst wahrscheinlich, du hast ja keine Ahnung.« Mit hektischen Fingern kramte ich nach meinen Schlüsseln. Nicht in der Tasche. Wo dann – in meinem Mantel? Es war ein Wettlauf gegen die Zeit, und ich fand keine Möglichkeit dort hinzugelangen, um ihn aufzuhalten. Wo waren nur meine verdammten Schlüssel?
    Hal räusperte sich. »Nein, ich meinte, dass es unwahrscheinlich ist in Anbetracht der Tatsache, dass sie seine Schwester ist.«

    Meine Hand erstarrte auf dem Papierstapel, den ich bei meiner Suche umgestoßen hatte: ein Stapel mit Lauras Rechnungen – Milch, Zeitung. Komisch, dass mir gerade in diesem Moment auffiel, dass Laura dem Milchmann vierzig Pfund schuldete. Die ganze Welt schien aufgehört zu haben, sich um ihre Achse zu drehen. Wie ein Riesenrad. Und ich hing ganz oben links und baumelte dort in meiner Gondel.

27
    I ch hielt inne und starrte weiter den Papierstapel an. Spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. Langsam wandte ich mich um. »Was hast du gesagt?«
    »Du hast es sehr gut gehört.« Hal blickte mich unverwandt an. Nicht angriffslustig, aber konzentriert.
    Ich suchte mir einen Hocker und zog ihn zu mir her. Es hatte mir den Boden unter den Füßen weggerissen, meine Beine wollten mich nicht mehr tragen. Ich spürte seinen Blick auf mir, hatte aber zugleich ein seltsam losgelöstes Gefühl. Nein, das konnte Hal nicht gesagt haben. Das konnte er gar nicht wissen. Das konnte nicht geschehen. Wenn es geschähe, wenn meine Welt derart ins Schwanken geriete, sich mit Höchstgeschwindigkeit

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