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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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allein. Vielleicht gehe ich ein bisschen spazieren.«
    »Hervorragende Idee. Äußerst erholsam. Aber wir brauchen Sie, Hal. Sie sind unser Fahrer. Ich komme mit diesem verdammten Landrover von Hugh nicht klar und mein kleiner Datsun hat nicht genügend Gurte für all diese Leute hier. Wären Sie so nett?«
    Hal zögerte, dann sagte er höflich: »Natürlich«, denn was blieb ihm anderes übrig, als sich bereitzuerklären, alle in seinem viel größeren Kombi zu transportieren? Nur die Haltung seiner Schultern verriet die Tatsache, dass er eigentlich andere Pläne gehabt hatte.
    Und schon waren sie fort. Ich sah ihnen vom Fenster aus hinterher. Wie machte mein Vater das nur, dass er sofort merkte, dass ich aus irgendeinem Grund etwas Ruhe brauchte — auch Hal, wie ich mit etwas schlechtem Gewissen feststellte, und mir dies dann ermöglichte, ohne weitere Fragen zu stellen, ja, selbst ohne einen fragenden Blick. Auch später nicht. Er würde einfach abwarten, bis es so weit war. Und würde sich dann schweigend anhören, was ich zu sagen hatte, wie immer. Nie unterbrach er mit Fragen, er konnte zuhören. Aber was für eine Geschichte! Ich würde für immer eine andere sein in seinen
Augen. Ich schrak davor zurück. Ich wusste, dass alle mich mit anderen Augen sehen würden, aber bei meinem Dad fürchtete ich das, nach Seffy, am meisten. Ob es wohl zu viel für ihn sein würde, überlegte ich. Würde es ihn – nein, nicht gleich umbringen – aber doch um Jahre altern lassen, zu erfahren, was ich getan hatte?
    Die Dämonen waren wieder groß geworden, das Geschwür in meinem Kopf zum Leben erweckt und aufgeblasen mit zuckenden Adern und gespannter Haut. Mein Atem ging flach, und mir kam der Gedanke, dass ich vielleicht doch lieber nicht allein sein sollte. Wozu war ich fähig? Zu gar nichts. Sei nicht albern, Hattie, so mutig bist du nicht. Ich klammerte mich ans Spülbecken, in meinen Schläfen pochte es. Ich horchte in die Stille des riesigen Hauses hinein, das nie wirklich still war: das entfernte Rumpeln der Waschmaschine in der Waschküche, der Pfau, der draußen auf dem Rasen kreischte wie ein ängstliches Kind, das Ticken der Standuhren in der Eingangshalle und das ständige Knarren. Es mussten tausende von alten Dielen und Holzvertäfelungen sein, die sich alle von Zeit zu Zeit ein wenig verschoben, sodass das Haus immerfort zu ächzen schien, so, als würde es ständig seufzen, die Arme verschränken und sich bequemer hinsetzen. Jetzt musste ich selbst seufzen. Aus Selbstmitleid? Ich hoffte nicht, denn ich hatte es nicht verdient. Vielleicht hätte ich doch mit in den Pub gehen sollen, dachte ich. Wieder einmal hatte ich mich gedrückt. Weil ich Seffy aus dem Weg gehen wollte. Aber ich wusste, dass ich nicht imstande gewesen wäre, höflich Konversation zu betreiben, und dass wir beide etwas Abstand brauchten. Noch einmal knarrten die Dielen, aber diesmal konnte es nicht nur das Alter sein, es musste von Schritten stammen. Ich wandte mich um.

    Die Tür ging auf und Kit kam hereingeschlendert. Barfuß, in Jeans und T-Shirt.
    Verblüfft starrte ich ihn an. »Oh. Wir dachten, du wärst abgefahren.«
    »Wohin denn?« Er gähnte schläfrig und wuschelte sich durch die Haare auf seinem Hinterkopf. Er durchquerte den Raum.
    »Mit Maggie. Biba meinte, du wärst mit ihr nach London gefahren.«
    Er runzelte die Stirn, tapste zur Spüle hinüber und ließ das Wasser laufen, während er nach einem Glas griff. »Nein, ich habe ihr nur geholfen, ihre Taschen zum Auto zu bringen. Sie war ja schon ewig hier und hatte Unmengen Gepäck. Ich hasse London, das weißt du doch.«
    »Ja, ich weiß. Aber ich dachte, ihr zwei …« Ich ließ den Satz unvollendet.
    Er wandte sich zu mir und verdrehte die Augen. »Ach komm, hör auf. Du bist ja schon genauso schlimm wie Mum, und ich dachte, wenigstens auf dich und Laura könnte ich mich verlassen. Sind alle anderen weg?«
    »Ja, vor zwei Minuten sind sie in den Pub gefahren. Mit Luca ist alles in Ordnung.«
    »Ich weiß. Ich habe gehört, wie Seffy es Mum erzählt hat. Ich war im Zimmer nebenan.«
    Aha. Aber er kam nicht hereingestürzt und sagte: »Wow — tolle Neuigkeiten! Was für eine Erleichterung!« Nein, er hielt sich zurück. Hörte nur zu, nahm es in sich auf und freute sich im Stillen. Mein kleiner Bruder, der sich nie irgendwo einmischte. Nie Gefühle zeigte. Ich weiß nicht, wie ich auf die Idee kommen konnte, ihn mir mit Maggie vorzustellen.
    »Toll, oder?«, sinnierte

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