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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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hatte seit drei Wochen mühsam gehungert, aber jetzt schien es keine Rolle mehr zu spielen, wie fett ich wurde.

6
    A m folgenden Tag nahm Dominic mich wie versprochen mit in seine Sprechstunde, damit ich einen Überblick bekam. Die Sprechstunde wurde in der nächsten Kreisstadt in einem Hinterzimmer des Rathauses abgehalten, das eine Seite des gepflasterten Marktplatzes einnahm. Kalt, spartanisch und mit dem Geruch nach Bohnerwachs machte es wirklich nicht viel her. Es gab nur einen Tisch samt Stuhl am Ende des Raums für ihn und einen weiteren bei der Tür für seine Wahlkreissekretärin Amanda. Amanda war eine untersetzte Frau in einem dunkelblauen Jersey-Kostüm, die bei jeder Bewegung keuchte und schnaufte wie eine kleine Dampfmaschine, die aber meistens wie eine Wache auf ihrem Posten saß und düster vor sich hin murmelnd über die Irren im Wartezimmer draußen klagte.
    »Irre?« Ich streckte den Kopf durch die Tür und erwartete, einen ganzen Raum voller sabbernder, zwielichtiger Gestalten zu sehen, etwa in der Art wie auf Hogarths Zeichnungen vom Bedlam Irrenhaus. Stattdessen sahen mich eine Reihe von grauen, ziemlich normal aussehenden Personen blicklos an. Amanda walzte auf ihren Platz zurück, nachdem sie die Vordertür geschlossen hatte.
    »Waren Sie jemals in der Sprechstunde Ihres Abgeordneten, Hattie?«

    »Nein.«
    »Und Ihre Eltern?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Geschwister, Freunde?«
    »Äh … nein. Nicht, dass ich wüsste.«
    »Genau. Mehr brauche ich nicht zu sagen.« Sie schob, noch immer schwer atmend, ihre Papiere zurecht. »Wenn Sie mich fragen, dann sind die alle hier ein bisschen seltsam. «
    Dominic warf ihr einen stirnrunzelnden Blick zu, allerdings nicht ohne ein Augenzwinkern, und als der erste hereinkam, eilte ich an seine Seite, um zuzuhören.
    Stinkende Abwasserrohre waren anscheinend ein Problem. Und die Stadtverwaltung half nicht. Dominic sagte, er würde sehen, was er tun könne. Dann kam eine Frau, die über eine Gehwegplatte gestolpert war und nun die zuständige Behörde verklagen wollte. Dominic schickte sie zur Rechtsberatung. Als nächstes trat eine Sikh-Familie ein, die Schwierigkeiten bei der Immigration hatte: Vater und Tochter, der Vater gebrechlich und verwirrt, sprach kaum Englisch. Dominic war unglaublich geduldig und freundlich. Dann, als ich mich schon zu fragen begann, was Amanda gemeint hatte, platzte eine gut gekleidete Frau in einem Tweed-Kostüm herein, noch bevor Amanda, die aufgestanden und auf die Vorderseite ihres Schreibtisches gelaufen war, sie aufhalten konnte.
    »Da bist du ja!«, rief die Frau aus und eilte zu Dominic und mir ans andere Ende des Raumes. Die bestickten Stoff-Hausschuhe schienen nicht recht zum Rest ihres Outfits zu passen.
    »Warum bist du denn nicht nach Hause gekommen? Ich habe Leber gemacht, dein Lieblingsessen.«
    »Barking Brenda?«, flüsterte ich.

    »Nein, Mad Martha. Sie glaubt, ich wäre ihr Mann.«
    »Oh!«
    Martha umklammerte die Tischplatte. »Ist sie das?« Sie schaute mich bitterböse an.
    Hoppla. Ich schob meinen Stuhl zurück.
    »Kleine Schlampe«, zischte sie mich an. »Kleine schweinsäugige Nutte.« Ihre Augen sprühten vor Zorn.
    »Vollkommen harmlos«, flüsterte Dominic mir ins Ohr, während Amanda bereits herbeigeeilt kam, um sie nach draußen zu befördern.
    »Kommen Sie, Martha«, sprach sie beruhigend auf sie ein.
    Martha schüttelte sie ab, aus ihren Augen sprach noch immer die Wut. »Nicht, bevor ich nicht die zwei Minuten hatte, die mir zustehen. Ich kenne meine Rechte!«
    »Vollkommen richtig«, pflichtete Dominic ihr bei. »Ist schon in Ordnung, Amanda. Setzen Sie sich doch, Mrs Carter.«
    »Martha!« Aber sie setzte sich.
    »Martha, wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Du kannst erst mal den Drücker im unteren Klo reparieren und dich anschließend um den nassen Fleck auf der Wand im Flur oben kümmern.«
    »Na klar, wird mir ein Vergnügen sein«, sagte Dominic mit übertriebener Höflichkeit. Er nahm seinen Stift in die Hand und kritzelte eifrig etwas vor sich hin. »Noch was?«
    »Ja, du kannst deine Hemden in den Eimer draußen an der Hintertür tun zum Einweichen, so wie ich es dir gezeigt habe, dann muss ich die Kragen nicht schrubben. Danach kannst du den Garten in Angriff nehmen. Es ist schon reichlich spät für Beetpflanzen.« Sie schien sich jetzt etwas beruhigt zu haben.

    »Natürlich, mache ich doch gerne.« Dominics Gesicht war der Inbegriff von Zerknirschung, während er alles notierte. Dann

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