War da noch was - Roman
Luft.
»Ich weiß es noch nicht genau.«
Ich hielt den Blick auf Hals Schuhe gesenkt, so als wäre ich vollkommen davon fasziniert, auf welche Art er seine Schnürsenkel band.
»Wir haben es noch nicht entschieden.«
»Wahrscheinlich werden sie in meinem Haus wohnen! «, fügte Letty hinzu, wieder begleitet von einem
schrillen, unnatürlichen Lachen. »Sie versuchen gerade, mich da rauszuschmeißen!«
Jetzt wurde es mehr als peinlich.
»Komm jetzt, Mum«, sagte Cassie rasch und nahm sie beim Arm.
»Wir gehen jetzt lieber«, stimmte Hal zu und nahm ihr die Lampe ab. Sie verabschiedeten sich, nahmen Letty in ihre Mitte und gingen mit ihr davon.
»Es war nett, Sie kennenzulernen«, rief Cassie über die Schulter zurück, während wir ihnen hinterhersahen, wie sie die Straße hinaufgingen.
»Nun denn«, bemerkte Maggie nach einer Weile und hielt weiter die Hand über die Augen, um sie vor der Sonne zu schützen. »Das ist also Hal. Du hast mir nicht erzählt, dass er so aussieht! Hattie? Hattie!«
Aber was immer sie weiter sagte, verlor sich im Wind. Ich hatte auf dem Absatz kehrtgemacht und war von ihr weg in die entgegengesetzte Richtung marschiert.
13
J etzt sei doch nicht albern, du übertreibst. Ich habe ihn nicht ausgefragt, ich war nur höflich und nett.« Maggie joggte neben mir her, um Schritt zu halten, aber ich marschierte in gehörigem Tempo den Hügel hinauf in Richtung des Wäldchens, um die Abkürzung zu nehmen.
»Höflich? Es überrascht mich, dass du ihn nicht nach einem Foto von ihr gefragt oder dir seine Brieftasche geschnappt und sie durchwühlt hast!«
»Ach, das ist doch absurd. Ich habe nur Interesse gezeigt. Und es war doch wirklich ein Zufall, dass er in genau der Kirche heiratet, von der du selbst gesagt hast, dass du in deinen wildesten Träumen, wenn du und Dominic …«
»Ich und Dominic .« Ich blieb stehen und fuhr herum, sodass ich ihr mit geballten Fäusten gegenüberstand. »Die wildesten Träume , das habe ich dir als Freundin anvertraut und ganz sicher nicht, damit du es seinem Bruder und seiner Witwe mitteilst! Gott, noch ein Weilchen und ich dachte schon, du würdest das auch noch hervorkramen. Hast du nicht gemerkt, wie peinlich das war?«
»Also das hätte ich ja nun wirklich nicht erzählt! Der Traumbräutigam. Ich bin doch nicht total bescheuert!«
Schweigend marschierten wir durch den Wald, folgten dem trockenen, ausgetretenen Weg zwischen den dicht
stehenden Fichten hindurch. Unsere Augen brauchten eine Weile, bis sie sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Ich war stinksauer auf Maggie, aber zugleich wütend auf alles und jeden. Sie alle so zu sehen, hatte mich völlig aus der Bahn geworfen. Jahrelang hatte ich sorgfältig vermieden, auch nur einem von ihnen zu begegnen, und so hatte ich nie damit gerechnet, sie plötzlich im Dreierpack vor mir zu sehen. Nachdem ich nun davon entbunden war, mich zusammenzureißen und höflich Konversation zu betreiben, gab ich dem Schock nach und ließ mich gehen. Mein Atem ging jetzt flach, und ich bedachte Maggie mit völligem Schweigen, während sie sich mit ihren hohen, vollkommen ungeeigneten Blockabsätzen abmühte, mit mir Schritt zu halten. Ich marschierte erbarmungslos voraus, zertrat Zweige und Tannennadeln und spürte scharfe Steine unter den Sohlen meiner dünnen Ballerinas. Das war wie eine Strafe für meinen Körper, während meine Gedanken sich in irgendwelche dunklen Abgründe aus alten Zeiten versenkten.
Nach einer Weile befanden wir uns auf der hinteren Einfahrt zum Haus. Mein Herzschlag hatte sich ein wenig beruhigt, und ich atmete wieder gleichmäßiger. Die Selbsterhaltung machte es notwendig, die vergangene halbe Stunde so schnell wie möglich zu verarbeiten, sie beiseitezuschieben und darüber hinwegzukommen. Und das war eine Kunst, die ich wahrhaft meisterlich beherrschte. Ich zwang mich zur Ruhe. In der Ferne, zwischen den von Buchsbaum eingefassten Blumenrabatten und dem Rosengarten, lag der Tennisplatz. Seffy und Biba spielten ganz lässig in Jeans und barfuß. Sie bemerkten uns und hoben die Schläger zum Gruß. Ich winkte und lächelte angestrengt zurück.
»Hat Hal viel Ähnlichkeit mit Dominic?«, fragte Maggie
ganz freundlich und offensichtlich bemüht, ein verbindendes Thema zu finden. Aber besänftigende Gesprächsanfänge waren nicht ihre Stärke, und sie hätte eine bessere Wahl treffen können.
Ich zuckte mit den Schultern. »Irgendwie schon.«
»Ich meine, ich habe natürlich Fotos
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