War da noch was - Roman
die uns unterboten und ähnliche Stücke – nicht so gut, wie Maggie immer betonte – für einen Bruchteil des Preises verkauften. Während
wir hier saßen, unsere Horoskope lasen und unsere Lattes schlürften, zog die Welt an uns vorbei.
»Ihr seid geworden zu bequem«, erklärte Christian uns und schlug die Bücher auf dem Tisch auf. » Voilà ! Das war vor zwei Jahren, nicht?«
Maggie und ich verschanzten uns hinter unserer Körpersprache: verschränkte Arme und Beine.
»Fette zwanzig Prozent Gewinn, oui ?«
Wir nickten und entschränkten uns ein wenig: Das war das Ergebnis eines Coups mit einer Edouard-Honore-Schale gewesen, die ich am Montmartre gefunden und dann bei Christie’s für zehntausend Pfund weiterverkauft hatte, und von einem Spiegel, der unglaubliche zwanzigtausend Pfund wert war – wirklich fast ein Museumsstück. Beides zusammen hatte große Teile von Maggies Hypothek und Seffys Schulgebühren finanziert. Aber das war nun schon zwei Jahre her. Und es war eine einmalige Sache gewesen. Im letzten Jahr hatten wir ganz gut Möbel verkauft – der Inhalt eines Châteaus an der Loire hatte ein paar schöne Stücke gebracht – und wir hatten zehn Prozent Gewinn eingefahren: immer noch ganz gut. Dieses Jahr gab es hingegen noch nicht viel.
»Ihr ruht euch aus auf eure Lorbeeren. Das ist nicht gut für Ruf und für Geschäft«, sagte Christian streng und dann, als ich gerade einen Bissen von dem riesigen Muffin nehmen wollte, den Maggie mir mitgebracht hatte, fügte er noch hinzu: »Und es rächt sich langfristig.«
Schuldbewusst legte ich den Muffin aus der Hand. Auch wenn Christian selbst ziemlich umfänglich war, so hatte er als echter Franzose doch kompromisslose Ansichten, was dicke Hinterteile anbetraf.
»Wir müssen öfter nach Frankreich fahren«, sagte Maggie entschieden. »Wir sind faul geworden.«
»Oder«, Christian gestikulierte mit den Händen in der Luft herum, »ihr übernehmt in Zukunft nur noch Aufträge und gebt den Laden ganz auf.«
In der letzten Zeit hatten wir noch am besten Geld damit verdient, die Häuser anderer Leute herzurichten, und darunter hatte der Laden auch ein wenig gelitten. Ehrlich gesagt, war er mittlerweile für mich eher ein netter Ort, an dem ich mich mit Maggie treffen konnte und wo wir unsere Aufträge besprachen. Das war natürlich ein übertriebener Luxus. Aber der Gedanke, den Laden zu schließen, und zu Hause zu hocken wie ein paar Hausfrauen, die sich die Zeit mit Inneneinrichtung vertrieben, entsetzte uns beide. Das hier war unsere professionelle Fassade, wir mochten es, uns schick anzuziehen und in unseren Möchtegern-Designerklamotten zur Arbeit zu gehen. Aber die Mieten in der Munster Road waren in die Höhe geschossen, und wir mussten tief in die Tasche greifen, um hier in den Interior -Heften zu blättern und ebenjene Kleidung zu tragen.
»Das ist die reine Faulheit«, betonte Maggie noch einmal. »Früher sind wir viermal im Jahr nach Frankreich gefahren. Im letzten Jahr waren wir nur einmal da.«
»Aber das eine Mal war gut«, erinnerte ich sie. »Es war nur eine Wagenladung voll, aber damit haben wir mehr verdient als früher mit viermal fahren. Wir sind einfach besser geworden.«
Aber ich wusste, was sie meinte. Sobald wir flüssig waren, verloren wir unseren Schwung. Ohne die Sorge, womit die nächste Kreditkartenrechnung bezahlt werden sollte oder ob der Laden erfolgreich sein würde, hatten wir uns entspannt, waren nachlässig geworden, und ein Teil von mir, mit fast vierzig, wollte es auch entspannter haben. Es konnte doch nicht sein, dass das Leben immer
so ein Kampf blieb? Wir konnten uns doch wohl mal ein wenig Selbstzufriedenheit leisten, ein wenig Speck ansetzen. Aber Maggie warf schon einen Blick in den Kalender.
»Montauroux ist am Fünfzehnten«, sagte sie. Dabei kniff sie die Augen zusammen und kramte in ihrer Tasche nach der Lesebrille, die wir beide inzwischen brauchten. Sie balancierte sie auf ihrer Nase: »Und Fréjus ist am Dreiundzwanzigsten. Wir fahren zu beiden.«
»Ähm. Kleines Problem. Ich habe eben Laura zugesagt, dass ich am vierundzwanzigsten zu ihr fahre. Da veranstalten sie auf der Abbey eine Jagd.«
Obwohl sie gerade erst ein sehr angenehmes Wochenende dort verbracht hatte, lösten die Worte »Jagd« und »Abbey« in Kombination mit meiner höchst privilegierten Schwester eine Schockwelle bei Maggie aus.
»Das passt doch«, sagte sie ungerührt. »Der Markt ist am Freitag. Wenn du die Nacht
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