War da noch was - Roman
alle Hände voll zu tun, sich um ihre erfolgreichen Ehemänner zu sorgen. Und damit meinte sie keineswegs, sie mit Essen zu versorgen. Maggie sagte, dass der Besuch bei Harvey Nichols für diese Freundinnen schon lange kein Vergnügen mehr war, sondern eine todernste Sache von Wartung. Gesichtsbehandlungen,
Haare, Nägel und Kleidung – es ging nur darum, den eigenen Mann zu halten, während ihn bei der Arbeit jüngere Frauen wie Haie umkreisten oder sich neckisch auf seine Schreibtischkante hockten. Genau wie ich umkreist und auf der Schreibtischkante gehockt hatte, wurde mir plötzlich klar, und ich fuhr erschreckt hoch von den lächelnden Mädchengesichtern zu dieser Frau, die das Leben führte, von dem ich geträumt hatte. Sie kam jetzt wieder den Flur entlang auf mich zu geklappert, noch immer ein wenig angesäuert, aber sie hatte ein Lächeln aufgesetzt, und immerhin war sie so freundlich, sich zu entschuldigen.
»Tut mir leid. Sie haben mich gerade auf dem falschen Fuß erwischt.«
Und ich war so freundlich, es als das anzunehmen, was es war: der Versuch einer Frau, deren Leben ohne Zweifel makellos wirkte, aber es nicht notwendigerweise auch war, sich an ihr gutes Benehmen zu erinnern.
»Glaub mir«, warnte Maggie mich oft, »du möchtest nicht an ihrer Stelle in einem ihrer vergoldeten Käfige sitzen, ganz gleich, was sie deiner Meinung nach für ein bequemes Leben führen. Die schlucken alle Antidepressiva. «
»Insgesamt bin ich sehr zufrieden«, sagte sie, während sie mich den Flur entlang und durch eine zweiflügelige Tür führte. Gott sei Dank. »Ihre Kollegin hat ein sehr gutes Auge, und sie hat die Atmosphäre genau so hinbekommen, wie ich es wollte. Aber die Farbe ist eine Katastrophe.«
Ich folgte ihr in das Esszimmer, das Maggie wirklich schön gestaltet hatte. Ich erkannte den runden, schmiedeeisernen Tisch, den wir in Grasse gefunden hatten, ursprünglich ein Gartentisch von der Terrasse eines Châteaus,
der aber ganz wunderbar ins Innere eines Londoner Hauses passte. Darum herum standen eiserne Stühle, die wir sorgsam aus einem Bistro in Paris gerettet hatten und die jetzt in einem modernen grauen Karo neu aufgepolstert waren. An der Wand gegenüber der großen Fenstertür, die momentan weit offen stand, um den Farbgeruch zu vertreiben, hing ein riesiges Ölgemälde von Claude Vessan. Das Gemälde ebenso wie die Eckvitrine im Shabby-Chic-Stil und das Sideboard aus Walnussholz waren allesamt Stücke, die ich persönlich gefunden hatte, ohne dass ich sie bisher an Ort und Stelle gesehen hatte. Es bereitete mir großes Vergnügen, sie so gut untergebracht zu wissen.
»Sieht gut aus«, erklärte ich.
»Ja, das stimmt, aber die Wände gehen meiner Meinung nach gar nicht. Das ist nicht das Gustavianische Grau , das ich bestellt hatte.«
Ich nickte. »Hallo Greg.« Das galt einem Maler, dessen Anwesenheit sie gar nicht zur Kenntnis genommen hatte und der vor der Fußleiste in der anderen Ecke des Raumes kauerte und die letzten Pinselstriche auftrug.
»Hattie.« Er drehte sich um und nickte mir zu.
In dem Moment klingelte Lucindas Handy.
»Nein, ich habe Ihnen doch gesagt, fünf Zentimeter unter den Knien, nicht darüber. Ich kann doch nicht wie ein Callgirl aussehen, wenn ich in die Oper gehe, oder?«
Sie trat durch die Terrassentür hinaus ins Freie, um dort das Gespräch fortzusetzen. Greg richtete sich auf und zeigte mir die Dose.
» Gustavianisches Grau , wie gewünscht.«
»Ich weiß«, murmelte ich. Wir hatten die Farbe speziell für sie gemischt. Oder vielmehr hatten sie von unseren Freunden bei Perfect Paints anmischen lassen.
»Was wird nur mein Mann dazu sagen«, hörten wir sie ins Telefon sprechen, während sie auf und ab lief, den einen Arm fest um ihre schmale Taille geschlungen. »Es muss morgen Abend fertig sein!«
»Ihrem Mann ist das scheißegal«, bemerkte Greg. »Der ist sowieso fast jeden Nachmittag in einer Maisonette-Wohnung in Battersea, mit seiner Sekretärin.«
»Woher weißt du das denn?«, fragte ich entgeistert.
»Na ja, ich habe gerade erst ihre Küche gestrichen – in Lila-Traube . Und da habe ich ihn erkannt.«
Lucinda war zurück, und Greg sank wieder in seine Zwergenposition vor der Fußleiste. Sie steckte das Handy in die Jeans, die so eng über ihren mageren Hüften saß, dass sie es kaum hineinbekam, und wandte sich dann wieder an mich. Ein feines Gespinst von Fältchen umrahmte ihre leuchtend blauen Augen, die aus einem ehemals sehr
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