Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
Vom Netzwerk:
Schaf der Familie. Keiner redet mit ihm.«
    »Und trotzdem hat er angerufen, um dich über die Details seines entsetzlichen Unwohlseins zu unterrichten?«
    »Ja …« Maggie war bei Weitem keine so ausgebuffte Lügnerin wie ich.
    Im Hintergrund raschelte etwas, dann folgte ein tiefer Husten. Ich räusperte mich.
    »Maggie, ist Henry bei dir?«
    Schockiertes Schweigen. Dann: »Woher weißt du das?«, zischte sie. Keinerlei Anzeichen einer verstopften Nase.
    »Das merke ich. Warum hast du nicht einfach gesagt: ›Hör mal, Henry ist plötzlich aufgetaucht, er ist aus New York zurück, kann ich nicht einfach nachkommen?‹«
    »Sorry«, sagte sie zerknirscht, dann senkte sie die Stimme zu einem Flüstern. »Seine Frau ist für eine Woche bei ihrer Schwester. Ich wollte dich später noch mal anrufen und es dir erzählen. Ich wollte nur nicht …«
    Dass Henry es hörte. Weil Maggies Leben nämlich, trotz all der Verachtung, die sie den Lucinda Carrs dieser Welt entgegenbrachte, ebenso von den Launen und Marotten eines Mannes abhängig war. Ein Anruf von Henry konnte ihr Leben in eine komplett andere Richtung bringen, fort von ihrem Beruf, ihren Freunden, ihren Verpflichtungen. Bei ihr drehte sich alles nur um Henry.
    »Ich wollte dich nicht anlügen, versprochen«, flüsterte sie, nachdem sie sich offenbar ins Badezimmer geflüchtete hatte. Ich hörte, wie sich eine Tür hinter ihr schloss. »Aber ich wollte nicht, dass er denkt, ich lasse alles stehen und liegen, nur weil er zurück ist.«
    »Was du aber tatsächlich tust.«

    »Hattie …«, seufzte sie, und in diesem Seufzer klang ein »du weißt doch« mit.
    Ich wusste es. Hatte alle ihre Argumente gehört. Dass sie ihn nur ungefähr zwei Mal im Monat sah, dass jeder Augenblick kostbar war, dass aber eines Tages alle ihre Augenblicke kostbar sein würden, weil sie dann nämlich für immer zusammen wären. Er würde seine Frau ihretwegen verlassen. Und ja, natürlich hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil er mit ihr seine Frau betrog, aber er liebte Davina schon seit Jahren nicht mehr, und wem war sie eigentlich verpflichtet? Dieser Frau, die sie gar nicht kannte, oder Henry, dem Mann, den sie liebte? Stundenlang saßen wir im Laden, umklammerten unsere Kaffeebecher und analysierten ihre Beziehung rauf und runter. Maggie erging sich in abgedroschenen Weisheiten, man könne sich ja schließlich nicht aussuchen, in wen man sich verliebte, und man lebte ja nur einmal, während ich mich darauf versteifte, dass Henry seine Frau nie verlassen würde und sich nur die Rosinen aus dem Kuchen pickte, während zwei Frauen nach seiner Pfeife tanzten. Aber sobald sie anfing, die Fassung zu verlieren, wurde ich immer wieder freundlich. Und gestand ein, dass es alles sehr schmerzhaft war. Schwierig für alle. Und überhaupt, welches Recht hatte ausgerechnet ich überhaupt, dazu etwas zu sagen? Hatte ich mich nicht einst in einen Mann verliebt, in den ich mich eigentlich nicht hätte verlieben dürfen?
    Ich fragte mich, ob sie mir wohl wirklich die Wahrheit gesagt hätte oder ob sie tief in ihrem Inneren eigentlich wusste, dass das, was sie tat, so verzweifelt war, dass selbst ihre beste Freundin es nicht verstehen würde. Aber ich verstand sie dennoch. Ich wusste, wie es war, wenn nichts sonst eine Rolle spielte. Wenn alles andere
unbedeutend erschien. Wie man Freunde und Familie abservierte und alles stehen und liegen ließ, nur um mit dem Objekt der Begierde zusammen sein zu können. Ich wusste, wie man sich dafür schämte, aber trotzdem nicht anders konnte, als unbeirrt weiter auf dieses helle, blendend weiße Licht zuzueilen, und dabei alles und jeden, der einem in die Quere kam, einfach niederzutrampeln.
    »Sei vorsichtig«, warnte ich sie, so wie ich sie schon Millionen Male zuvor gewarnt hatte.
    »Ja, das bin ich!«, strahlte sie in dem Bewusstsein, dass das grünes Licht für ihr weißes bedeutete. Sie wusste, dass ich ihr, indem ich nicht sauer auf sie war, meine Freundschaft und Unterstützung zugesichert hatte. Dass ich es irgendwie abgesegnet hatte.
    »Und wir sehen uns dann in einer Woche oder so, ich versprech’s dir. In der Zwischenzeit dachte ich, dass ich an dem Projekt für deine Schwester weiterarbeite.«
    »In der Zwischenzeit?«
    »Nun ja, Henry muss ja tagsüber arbeiten.« Ach so. Also kein Vögeln nonstop. »Und deswegen dachte ich, ich schaue täglich mal vorbei, um zu sehen, wie Rod und Kenny zurechtkommen.«
    Das waren unsere beiden wunderbar fähigen,

Weitere Kostenlose Bücher