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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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berühmt-berüchtigten Franzosen verdiente – die, im Gegensatz zu ihren englischen Kollegen, keinen Hehl daraus machten, wenn ihnen jemand gefiel. Auf gar keinen Fall, Gott behüte!, durfte man sich in die Niederungen einer Frau gewissen Alters herablassen, die hartnäckig Jahr für Jahr auftauchte. Also musste Wimperntusche her sowie Espadrilles mit leichten Absätzen, ein langer Jeansrock, gewickelt natürlich, damit die künstlich gebräunten Beine vielversprechend darunter hervorblitzten, wenn ich in einer Bar saß und an meinem Cassis nippte.
    Und ich würde ja auch gar nicht ganz allein dort sein, dachte ich und musste lächeln. Da erst merkte ich, dass ich mit gerunzelter Stirn über dem Lenkrad gehangen hatte. Ich richtete mich auf. Ivan, der immer noch unbeirrt die kleineren, billigeren Märkte in Frankreich abklapperte, die Maggie und ich mittlerweile links liegen ließen, war am Meer in Montpellier, und obwohl Aix nicht sein übliches Jagdrevier war, hatte er erklärt, dass eine Autofahrt von hundertdreißig Kilometern sowie ein überteuerter Brocante ihn nicht von meinem Hotelzimmer fernhalten würden.

    »Weißt du noch, in Castellane?«, hatte er am Telefon gefragt.
    Ich kicherte. »Aber vielleicht gibt es diesmal gar keinen Balkon.«
    »Glaub mir, dann denken wir uns was aus. Wir finden eine Dachterrasse. Ich habe ein ganz starkes Gefühl, dass ein bisschen Frischluft angesagt ist.«
    Ich lächelte vor mich hin und rumpelte in der Hitze des Altweibersommers, mit der Sonne auf meinem bloßen Arm, über die staubigen Straßen hinter einem alten Citroën-Lieferwagen her, der so aussah, als könnte er jeden Augenblick auseinanderbrechen. Ja, auch ich würde meinen Anteil an Liebe und Lachen bekommen in den nächsten Tagen, wie sollte ich also Maggie den ihren verweigern? Und würde ich Ivan aufgeben, wenn er verheiratet wäre? Nun, glücklicherweise war er das nicht, dachte ich rasch, und verdrängte den Gedanken an das Mädchen, das ich mit ihm zusammen in der Bar gesehen hatte. Wie schön, dass Ivan so viele gute Freundinnen hatte, dachte ich, und griff in einer Art pawlowschem Reflex nach meinem Lippenstift in der Tasche neben mir und trug ihn auf.
    In Montauroux war die Hölle los, als ich dort schließlich spätabends ankam. Der große Platz war voller Touristen, die sich in letzter Minute nach einem Tisch in einem Restaurant umsahen. Die Wirte standen vor ihren Markisen und mussten nun die wegschicken, die sie noch kurz zuvor anzulocken versucht hatten mit dem Versprechen von frischen Moules und Escargots in Knoblauchsoße oder einer ausgestellten Ladung voll Austern auf Eis. Erfahrene Antiquitätenhändler aus London überließen aber nicht so viel dem Zufall. Sie waren bereits bei ihren Café Cognacs und Zigaretten nach dem Essen, suchten sich in
Gedanken schon den besten Platz für ihre Tapeziertische unter den Bäumen am nächsten Morgen und planten, früh ins Bett zu gehen.
    Ich grüßte diejenigen, die ich kannte, mit einem Winken und dem Versprechen, mich später vielleicht auf einen Drink zu ihnen zu setzen, nein, Maggie sei nicht dabei, käme aber bald nach. Wir kamen alle gut miteinander aus, auch wenn heftige Konkurrenz unter uns herrschte. Wir konnten bis spät in die Nacht zusammensitzen und trinken und uns köstlich amüsieren, und uns doch am nächsten Morgen ohne jegliche Gewissensbisse gegenseitig etwas verkaufen, das wir noch in der Woche zuvor für den halben Preis eingekauft hatten. Zu Beginn waren Maggie und ich auf ein paar klassische Tricks hereingefallen, aber jetzt konnte uns keiner mehr so leicht etwas vormachen.
    Unter den französischen Verkäufern – von denen die meisten so typisch aussahen, als hätte man sie für einen Film gecastet – entdeckte ich Antoine Renard, der an die lange Zink-Bar gelehnt stand, mit Hängebacken und Glupschaugen, eine Gauloise hing von seinen Lippen herab. Er gab vor Le Monde zu lesen, während er in Wahrheit die Leute beobachtete, um zu sehen, wer von seinen Konkurrenten aus dem Porzellangeschäft da war. Jaques Dupont, ein verruchter, düster aussehender Kerl, der mit einem Lächeln seine eigene Großmutter verkaufen würde, war bei ihm. An einem Einzeltisch, unter einem Vordach, saß die einst schöne, nun verhärmte Madame Alain – nie nur Pascale – mit ihren orange gefärbten Haaren und ihrem winzigen, nervösen Hund auf dem Schoß. Sie war wie immer makellos gekleidet, über und über mit schwarzem Jet-Schmuck behängt und

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