War ich gut Schatz
Königspudel, der dazu noch auf eine ganze Reihe adeliger Vorfahren zurückschauen kann. Adele hat ihn sozusagen geerbt von einer Freundin, die vor zwei Jahren ganz plötzlich gestorben ist. Sie wollte eigentlich nie ein Tier, da sie das nur am Reisen hindern würde. Und einen Pudel, mit dem sie auch noch regelmäÃig zum Friseur gehen müsse, wollte sie schon gar nicht. Aber sie hatte es ihrer Freundin kurz vor deren Tod versprochen. Und mittlerweile ist Helmut ihr richtig ans Herz gewachsen.
Dass sie mit Niki de Saint Phalle zusammen in der Schule war, Simone de Beauvoir in Paris kennenlernte und Französisch und Deutsch in einem Mädchengymnasium unterrichtete, kann ich kaum glauben. Ich weià zwar nicht warum, aber ich dachte immer, Adele sei Witwe und würde von der Rente ihres verstorbenen Mannes leben. Dass sie jahrelang ein »verbotenes Verhältnis« hatte, zu dem sie aber weiter kein Sterbenswörtchen verraten will, kommt mir genauso unglaubwürdig vor. Adele grinst mich schelmisch an: »Ja, ich habe mein Leben hier â und dazu noch mein ungelebtes Leben.«
Da wohnt man zwei, drei Jahre lang in einem Haus und
hat keine Ahnung von seinen Nachbarn. Wer weiÃ, vielleicht ist der dicke Stromberg von oben ja ein bekannter Sternekoch oder ein Geheimagent?
Ich vertrage keinen Wein, ganz besonders keinen Rotwein. Der schlägt bei mir immer sofort zu. Ich bekomme rote Wangen und habe ganz schnell einen sitzen. Deswegen und weil Adele wirklich interessante Geschichten erzählt, merke ich auch nicht, wie die Zeit vergeht. Als mein Handy hinten in der Hosentasche der Jeans vibriert, ist es bereits halb elf. Am Telefon ist Sam. Sie begrüÃt mich mit den Worten: »Wo bist du? WeiÃt du zufällig, welche Apotheke Notdienst hat? Ich brauche die Pille danach .«
12 Das ist kein Vertrauensbruch, das ist ein Notfall
Eigentlich hat man achtundvierzig Stunden Zeit, um die Pille danach einzunehmen. Die gibt es auch nicht einfach so in der Apotheke. Man braucht ein Rezept dafür, und das bekommt man um elf Uhr abends nur beim Notarzt. Bei dem waren wir gerade. Und jetzt bin ich zum dritten Mal an diesem Tag in einer Apotheke. Es ist fast Mitternacht. Auf der Quittung und auf meiner Uhr. War ja auch nicht anders zu erwarten.
In Sam ist ein Kondom hängen geblieben. Dumme Sache. Ist mir auch schon mal passiert. Allerdings war ich da achtzehn, und ich bin danach tausend Tode gestorben, weil ich wahnsinnige Angst vor einer Schwangerschaft hatte. Aber die hat Sam wohl auch, sonst würden wir nicht um kurz vor Mitternacht in einer Apotheke stehen.
»Und jetzt?«, frage ich.
»Jetzt fahren wir zu mir. Dein Daniel kommt bestimmt auch mal ohne dich aus.«
Vielleicht ganz gut, wenn ich ihn heute nicht mehr sehe. Dann kann ich wenigstens nichts falsch machen. AuÃerdem bekomme ich dann auch nicht mit, wenn er sich zu fortgeschrittener Stunde wieder vom Acker macht
und telefonierend durch die Gegend rennt. Es sei denn, ich lege mich vor der Haustür auf die Lauer. Nein, soll er doch nachts spazieren gehen, wenn er unbedingt will. Und so fahre ich mit zu Sam. Dann können wir wenigstens alles in Ruhe verhackstücken.
Weil ich dennoch ein liebes Mädchen bin und nicht möchte, dass Daniel sich unbegründet Sorgen macht, schicke ich ihm wenigstens eine SMS:
»Schlafe heute bei Sam.«
Die Nachricht halte ich bewusst kurz und knapp, ohne Schnickschnack. Es dauert nur wenige Sekunden, da bekomme ich eine Antwort:
»Hab dich schon vermisst. Schlaf gut, mein Engel. Viel SpaÃ!«
Das ist ja mal wieder typisch. Würde Daniel mir in einer solch knappen SMS mitteilen, er verbringe die Nacht bei einem seiner Kumpel, dann wäre ich auf der Stelle sauer. Aber Daniel scheint das gar nicht zu jucken, im Gegenteil. Er wünscht mir auch noch viel SpaÃ.
Ich überlege einen kurzen Moment, ob ich garstig antworte: »Gewöhn dich schon mal ans Alleineschlafen«, da fällt mir ein, dass Daniel vielleicht gar nicht alleine schläft. Meine Laune verschlechtert sich schlagartig.
»Und«, blaffe ich die ahnungslose Sam an, »war es etwa dein blöder Ex? Hat Toby dich besucht?«
Bisher hat Sam noch kein Sterbenswörtchen über den Kerl gesagt, der ihr die nächtliche Pillenaktion aufs Auge gedrückt hat und mir damit sozusagen auch.
»Nein, schlimmer!«, sagt sie kleinlaut.
»Schlimmer?«
»Chris!«
»
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