War ich gut Schatz
Horst! Oder sollte ich lieber H zu dir sagen?« Und dann setzt er noch einen drauf: »Anna, A-N-N-A, man kann dich auch von hinten lieben.«
Reflexartig will ich einwerfen: »Das heiÃt von hinten lesen«, aber dazu komme ich nicht mehr, denn in diesem Moment mischt Helmut sich in das Geschehen ein. Die ganze Zeit über lag er friedlich unter dem Tisch und hat geschlafen. Das Gezeter der beiden Männer hat ihn wahrscheinlich aus einem schönen Traum von einer groÃen Wiese mit wunderschönen Bäumen gerissen, auf der Horden von Betty-Lous schwanzwedelnd vor ihm herumtollen. Schlaftrunken läuft Helmut auf Herrn Friedemann zu, der wie erstarrt immer noch in der Balkonecke steht und Daniel fassungslos anstarrt. Einem Königspudel gleich hebt unser Gastpudel anmutig sein Bein und pinkelt in aller Ruhe gegen den Lorbeerbaum, für den er meinen Chef in diesem Moment zu halten scheint.
»Na, Prost Mahlzeit«, kommentiert Frieda diese Misere, die mittlerweile auch von diesem Dilemma Wind bekommen hat und fängt schallend an zu lachen. Aber danach ist mir ganz und gar nicht zumute. Am besten, ich falle einfach so in Ohnmacht. Und am allerbesten wache ich gar nicht mehr daraus auf. Aber das passiert leider nicht, und mir bleibt gar nichts anderes übrig, als tatenlos zuzusehen, wie erst Friedemann abrauscht und laut die Tür hinter sich zuknallt und kurz danach Daniel. Mein
Blick geht zu Frieda, die immer noch neben mir steht und grinst.
»Wie heiÃt der Pudel noch?«, fragt sie.
»Helmut«, antworte ich mechanisch.
»Helmut? Komm mal her«, lockt sie ihn mit freundlicher Stimme, »das hast du gut gemacht!«
25 So sind sie, die Kerle! Wenn es ernst wird, kann man sich nicht auf sie verlassen
Sagen wir es mal so: Ein Teil von mir ist wirklich froh, dass Frieda noch hiergeblieben ist und mich ein wenig aufzuheitern versucht. Der andere Teil verflucht sie gerade, weil mich ihre Theorien über untreue Ehemänner nicht nur nicht interessieren, sie machen alles nur noch schlimmer.
»Schätzchen, mittlerweile wird fast jede zweite Ehe geschieden. Und jeder zweite Mann betrügt irgendwann seine Frau. Und umgekehrt natürlich auch. Aber das verdrängen die meisten komischerweise.«
Frieda hat noch eine Flasche Wein aufgemacht und schüttet ordentlich nach, damit ich auch ja mit ihr trinke. Dabei bräuchte sie sich gar nicht so anstrengen, denn das würde ich bei meinem jetzigen Zustand sogar freiwillig tun. Notfalls auch gleich direkt aus der Flasche.
Sie scheint eine Menge Spaà an der Situation zu haben, und im Gegensatz zu mir stört es sie gar nicht, dass ihr Mann ohne sie abgedampft ist. »Der wird sich schon wieder beruhigen«, meint sie, »und dann wird er darüber lachen. Ich kenn doch meinen Mann!«
Aber mich stört es, dass Daniel einfach so gegangen ist.
Ich habe schon einige Male versucht, ihn auf dem Handy anzurufen, aber erst ging er nicht ran, dann hat er mich einfach weggedrückt und das Telefon ausgeschaltet. Er hat keine Mailbox an, hat er nie, also kann ich ihm noch nicht einmal eine Nachricht hinterlassen.
Frieda meint, er würde sich schon wieder melden und ich solle dem Hitzkopf einfach nur ein wenig Zeit lassen. AuÃerdem dürfe man sich als Frau nie die BlöÃe geben, einem Kerl hinterherzurennen, ganz egal, was passiert ist. Aber ich habe ein ganz mulmiges Gefühl im Bauch, das immer stärker wird. Dass ich mir selbst Nachrichten geschickt habe, Daniel sie tatsächlich doch gelesen hat, ohne dass ich es mitbekommen habe, und er sich dann auch noch »verlesen« hat, findet sie besonders lustig. Zwischen von hinten lesen und von hinten lieben besteht aber auch ein himmelweiter Unterschied. Das gibt der Sache eine mehr als unangenehme Note, eine, die ich niemals heraufbeschwören wollte.
Dass Daniel ihren Horst für meinen H hält, findet Frieda auch überhaupt nicht schlimm. Im Gegenteil, Horst habe eine kleine Abreibung schon lange mal wieder verdient. Er sei nun mal ein Schwerenöter. Und dass er diesmal seine Finger ausnahmsweise mal nicht in fremden Ausschnitten gehabt habe, spiele für sie überhaupt keine Rolle. Dass mein Chef so ein Frauenheld sein soll, kann ich mir eigentlich gar nicht vorstellen. Aber vielleicht waren seine netten Gespräche mit mir ja doch einfach nur eine geschickt eingefädelte Masche. Ist ja auch egal, denn so wie es aussieht, sehe ich
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