War ich gut Schatz
nicht ganz unschuldig an der Misere.
Immerhin war er nachts drauÃen irgendwo unterwegs und hat mich angelogen. Hätte er das nicht getan, hätte ich niemals an seiner Treue gezweifelt. Aber dann wäre ich mir vielleicht immer noch nicht sicher und würde mich nach wie vor mit Trennungsgedanken plagen. Die habe ich jetzt nicht mehr. Im Gegenteil, jetzt bin ich diejenige, die Angst hat, verlassen zu werden. Und das Gefühl ist alles andere, nur nicht schön.
Wenn Daniel wieder hier ist, werde ich ihm alles erzählen. Alles, ohne Ausnahme. Vielleicht gibt das unserer Ehe sogar eine viel bessere Qualität? Es gibt ja einige Leute, die behaupten, ein Seitensprung könne ganz erfrischend für eine Beziehung sein. Vielleicht verhält es sich da mit quasi vorgespielten Seitensprüngen genauso?
Mich jetzt hängenzulassen, und die ganze Zeit nur zu leiden, bringt nichts. Alles wird gut, ganz sicher! Ich räume jetzt auf und dann springe ich unter die Dusche. Das wird mir helfen, einen klaren Kopf zu bewahren, und es geht mir dann auch bestimmt gleich viel besser.
In der Küche gieÃe ich zuerst das mittlerweile aufgetaute Sorbet in die Spüle. Zitronen oder Limetten mag ich total gerne, besonders wenn sie süà zubereitet werden. Als Marmelade sind diese Früchte ein Gedicht. Mit solchen Kreationen beschenke ich immer Familie und Freunde zu Weihnachten. Als Aufstrich über Quark auf einer Scheibe Sonntagsstuten genieÃe ich sie das ganze Jahr über. Für Friedemanns hatte ich auch schon ein Glas rausgestellt.
Die Marmelade wollte ich ihnen zum Abschied mit auf den Weg geben. Nun werde ich sie wohl selbst auffuttern müssen ⦠Nur schade um das wirklich leckere Sorbet, das gerade blubbernd im Abfluss verschwindet, bestimmt hätte es allen geschmeckt.
Danach räume ich die Spülmaschine ein, ohne die ich genauso wenig leben möchte wie ohne Daniel. Als ich sie anschmeiÃe, sieht alles schon nicht mehr so schlimm aus. Das gilt für das Chaos in der Wohnung und für das Chaos in mir drin. Ich liebe Daniel. Ich möchte mit ihm alt werden. Wie heiÃt es doch so schön? In guten wie in schlechten Zeiten â¦
Als ich vom Balkon die Weingläser und die leeren Weinflaschen von unserem gestrigen Gelage einsammle, stolpere ich beinahe über Helmut. Er hat es sich in der Sonne bequem gemacht und lässt sich genüsslich den Pelz bescheinen. Zum ersten Mal seit dem gestrigen Fiasko muss ich ein wenig grinsen. Mein haariger Freund hat doch tatsächlich meinen Chef angepinkelt. Eigentlich schade, dass wir keine Aufnahme davon haben. Ich würde zu gerne nochmal Friedemanns entsetztes Gesicht sehen, das er machte, als er die warme Flüssigkeit bemerkte, die da sein Bein runterlief. Dass Frieda sich darüber so gefreut hat, ist schon ein bisschen krass. Aber wer weiÃ, was zwischen den beiden schon alles vorgefallen ist.
Unser Staubsauger ist alt und laut, aber er tut noch hervorragende Dienste. Nur, wie erklärt man einem Pudel, dass das ein sehr guter Freund ist, der einem da gerade hilft? Und nicht etwa ein böses Monster, das kurz davorsteht,
die ganze Bude aufzufressen? Helmut befindet sich in einer Haltung, die ich vorher noch nie an ihm gesehen habe, im direkten Blickkontakt zum Monstersauger. Seine beiden vorderen Beine hat er abgewinkelt, so dass er damit fast auf dem Boden liegt. Die Hinterbeine allerdings hält er gestreckt, so dass sein Pudelpo samt Schwanz spitz in die Höhe steht. Seinen Kopf hat er mutig in die Luft geworfen, damit er es dem bösen Teil ordentlich zeigen kann. Und das tut er auch. Helmut kann bellen! Tief und grollend scheinen die Geräusche aus dem Inneren seiner Kehle zu kommen. Vorsichtshalber mache ich den Staubsauger aus.
»Der ist lieb«, erkläre ich Helmut mit meiner piepsigsten Stimme, die ich hinbekomme. Hunde mögen hohe Stimmen, hat Katharina mir mal erklärt. Das signalisiere ihnen, alles sei in Ordnung.
Tatsächlich! Es funktioniert. Schwanzwedelnd kommt Helmut näher und freut sich über seinen neuen Spielgefährten. Bis ich den Sauger wieder anschalte und er eine wahre Belltirade gegen ihn vom Stapel lässt. Na warte, dich kriege ich! Irgendwie muss man dir doch begreiflich machen können, dass dieses Haushaltsgerät eines von den guten ist! Schnell laufe ich in die Küche und schmiere ein paar Häppchen mit Leberwurst. Davon bekommt Helmut das Erste
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