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Waren Sie auch bei der Krönung?

Waren Sie auch bei der Krönung?

Titel: Waren Sie auch bei der Krönung? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Denn in diesem Augenblick reichten ihre Gedanken nicht weiter, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Erschrocken fing auch Gwenny an zu weinen, ohne zu wissen warum.
    Johnny fragte: «Vater, was ist geschehen? Was ist los, Vati?»
    Will Clagg erwiderte bitter: «Wir sind beschwindelt worden!»
    Der Wind fuhr seufzend um die Krümmung des Crescent und blies scharf aus dem klaffenden Häuserloch. In seinem Gefolge verwandelte sich das leichte Nieseln in einen heftigen Regen. Die Großmutter nahm sich der Kinder an, zerrte ihre Regenmäntel enger zusammen und knöpfte ihre Kragen zu. Ihre Bewegungen waren heftig und eckig, wie Erwachsene sie immer gegenüber Kindern anwenden, wenn sie gereizt sind. «Wenn ich Bert erwische...» grollte sie und zog so kräftig an dem Knopfloch von Johnnys Kragen, daß der Bub sagte: «Au, Großmutter!» und sich zu wehren begann.
    Der erste Detektiv stürzte sich auf den Namen. «Also Bert heißt er? Und weiter?»
    Will fuhr die Großmutter wütend an: «Verdammt noch mal, ich hab dir doch gesagt, du sollst den Mund halten!» Dann wandte er sich an den Detektiv: «Es gibt keinen Bert! Ich habe die Karten von einem Kerl auf der Straße gekauft. Vor dem St. Pancras-Bahnhof.»
    So war eine unsichtbare Mauer zwischen den beiden Gruppen errichtet: auf der einen Seite der Polizist und die beiden mißtrauischen Detektive, auf der andern Seite die unschuldige Familie Clagg, die allerdings durch die Macht der Umstände jetzt nicht mehr ganz so unschuldig war. Sie mußten etwas verbergen. Clagg hatte nichts gegen die Polizei und vertrug sich immer gut mit den Männern, die daheim ihren Dienst taten. Aber für einen Mann seines Milieus blieb ein Polizist eben ein Polzist, und man konnte ihm nicht hundertprozentig trauen.
    Violet Clagg sagte zaghaft: «Lies doch mal den Namen der Firma auf den Karten. Die Adresse war Victoria Road 18. Wir könnten hingehen und unser Geld zurückverlangen.»
    Der zweite Detektiv sagte verdrießlich: «Liebe Frau, wir sind schon dort gewesen. Dort ist auch eine Häuserlücke. Bisher waren es meistens Amerikaner und Australier, denen man diese Karten aufgehängt hat.» Er knurrte: «Personenbeschreibung des Kartenverkäufers: zwei Augen, Ohren, eine Nase und ein Mund. Aber wenn Sie uns über diesen Bert Auskunft geben könnten, dann hätten wir vielleicht eine Chance, den einen oder den andern von diesen Gaunern hoppzunehmen.»
    Clagg nahm dem Detektiv die Karten schnell aus der Hand und fragte ärgerlich: «Und würden wir dann bekommen, worum es uns eigentlich geht: einen Platz, wo wir die Prozession sehen können, Frühstück und das Mittagessen mit Champagner?»
    «Nein», sagte der Detektiv, «aber...»
    «Dann gibt es keinen Bert», sagte Clagg kurz. «Wenn ich mich recht erinnere, war der Name eher Joe oder Sam.»
    Die beiden Detektive und der Polizist betrachteten ihn angesichts dieser offensichtlich unwahren Äußerung mit ernsten Mienen. Sie bildeten eine Art Insel in dem unaufhörlich vorbeifließenden Menschenstrom. Londoner, die von allen Teilen der riesigen Stadt gekommen waren, Besucher vom Lande, Programm-, Luftballon- und Andenkenverkäufer — sie alle bewegten sich in einer Richtung. Der Regen strömte auf sie nieder, und sie ignorierten ihn einfach. Für sie existierte er nicht. Nichts konnte ihre Begeisterung dämpfen oder ihre fröhliche Laune beeinträchtigen, ihren Stolz darauf, zu England zu gehören, und ihre Freude, diesen Tag zu erleben. Der Platz war voll von dem unaufhörlichen Geräusch von Schritten, von Gelächter und Geschwätz, von Rufen und Schreien, und immer wieder fiel das Wort Mount Everest. Häufig lösten sich Gruppen, die im Besitz gültiger und echter Billetts waren, aus dem Menschenstrom und betraten die wirklich und tatsächlich existierenden Häuser, wo echte Sitzplätze hinter einwandfreien, durchsichtigen Fenstern errichtet waren und wo zweifellos Frühstück, Mittagessen und Champagner serviert werden würden.
    Clagg war es vollkommen klar, daß es nichts nutzen konnte, länger zu warten. Er sammelte seine Familie mit einer weit ausholenden Ge- , bärde um sich. «Kommt, wir haben hier nichts mehr zu suchen.»
    Ein Windstoß schleuderte Regentropfen gegen den Helm des Polizisten und blähte die beigefarbenen Regenmäntel der zwei Detektive. Einer von ihnen sagte: «Einen Augenblick, Sir. Würden Sie uns bitte diese Karten geben» und streckte die Hand danach aus. Irgendwo aus ’ seinem Innern zog der Polizist ein

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