Warm Bodies
das?«
»Bitte?«
»Gibt es einen Grund, warum wir das alles tun? Die Bergungen und … alles?«
»Ich verstehe deine Frage nicht, Perry. Die Vorräte, die wir bergen, halten uns am Leben.«
»Bleiben wir am Leben, weil wir glauben, dass es eines Tages besser wird? Ist es das, worauf wir hinarbeiten?«
Sein Gesichtsausdruck ist leer. »Vielleicht.«
Ein unwürdiges Zittern schleicht sich in meine Stimme, aber ich kann es nicht länger unterdrücken. »Und was ist mit jetzt? Gibt es jetzt etwas, das Sie so sehr lieben, dass es das Leben lohnt?«
»Perry …«
»Sagen Sie mir, was es ist, Sir? Bitte?«
Seine Augen sind Murmeln. Ein Geräusch wie der Anfang der Welt baut sich in seiner Kehle auf, erstickt dann. Sein Mund strafft sich. »Dieses Gespräch ist unpassend.« Er legt seine Hände flach auf den Tisch. »Du solltest jetzt gehen. Du hast zu tun.«
Ich hole tief Luft. »Ja, Sir. Tut mir leid, Sir.«
»Triff dich mit Colonel Rosso im Gemeinschaftszentrum und hol dir die Teamorder ab.«
»Ja, Sir.«
Ich trete über die Schwelle und schließe die Tür hinter mir. In Colonel Rossos Büro verhalte ich mich ganz professionell. Ich bitte um die Teamorder, und er händigt mir den braunen Briefumschlag aus mit einer Mischung aus Wärme und Stolz in den blinzelnden, getrübten Augen. Er wünscht mir Glück, und ich danke ihm; er lädt mich zum Abendessen ein, und ich lehne höflich ab. Meine Stimme überschlägt sich nicht. Ich verliere nicht die Haltung.
Auf dem Weg durch die Lobby werfe ich einen Blick in die Turnhalle und entdecke Nora, die mich durch die hohen Fenster anstarrt. Sie trägt bequeme schwarze Shorts und ein weißes Tank-Top, wie die Kinder auf dem Volleyballfeld hinter ihr. Noras »Team«, ihr trauriger Versuch, ein paarKinder für ein, zwei Stunden pro Woche von der Realität abzulenken. Ohne auch nur zu nicken, gehe ich an ihr vorbei, doch als ich die Tür nach draußen aufdrücke, höre ich ihre Turnschuhe auf den Fliesen.
»Perry!«
Ich bleibe stehen und lasse die Tür wieder zufallen. Ich drehe mich um und schaue sie an. »Hey.«
Sie steht mit verschränkten Armen vor mir, ihr Blick ist hart. »Heute ist also der große Tag, hm?«
»Ich nehme es an.«
»Wo schlägst du zu? Hast du alles vorbereitet?«
»Das alte Pfizer-Gebäude in der 8. Straße.«
Sie nickt heftig. »Gut, das klingt nach einem guten Plan, Perry. Um sechs Uhr bist du fertig und zu Hause, ja? Weil, du weißt ja, dass wir abends mit dir in den Obstgarten wollen. Heute lassen wir dich nicht alleine Trübsal blasen, so wie letztes Jahr.«
Ich sehe den Kindern in der Turnhalle zu, Baggern-Pritschen-Schmettern, Lachen und Fluchen. »Ich weiß nicht, ob ich es schaffe. Die Bergung könnte länger dauern als sonst.«
Sie hört nicht auf zu nicken. »Oh. Oh, okay. Du musst vorsichtig sein, weil das Gebäude schief und krumm und voller Risse und Sackgassen ist, ja?«
»Stimmt.«
»Ja.« Sie nickt dem Umschlag in meiner Hand zu. »Hast du schon reingeguckt?«
»Noch nicht.«
»Also, wahrscheinlich solltest du das, Perry.«
Ihr Fuß tappt auf den Boden; ihr Körper zittert vor unterdrückter Wut. »Du musst auf jeden Fall alle Profile kennen, Stärken und Schwächen und alles. Meine zum Beispiel, weil ich dabei bin.«
Ich werde kreidebleich. »Was?«
»Aber klar, ich gehe. Colonel Rosso hat mich gestern aufgestellt. Kennst du meine Stärken und Schwächen? Irgendwas in deinem Programm, das zu schwierig für mich sein könnte? Weil, ich möchte auf keinen Fall deine erste Bergung als Teamchef gefährden.«
Ich reiße den Umschlag auf und überfliege die Namen.
»Julie hat sich auch gemeldet, hat sie das erwähnt?«
Ich blitze sie an.
»Ganz recht, Arschloch. Ist das etwa ein Problem für dich?« Ihre Stimme ist zum Reißen gespannt. In ihren Augen schwimmen Tränen. »Macht das was aus?«
Ich drücke die Türen auf und platze in die kalte Morgenluft. Vögel am Himmel. Blankäugige, kreischende Möwen, all die Fliegen und Käfer, die ihre Scheiße fressen – das Geschenk des Fliegens, ausgekippt über den wertlosesten Kreaturen der Erde. Was, wenn statt ihrer ich es könnte? Vollkommene, schwerelose Freiheit. Keine Zäune, keine Mauern, keine Grenzen. Ich würde überall hinfliegen, über Ozeane und Kontinente, Berge und Dschungel und endlos weite Ebenen, und irgendwo auf der Welt, irgendwo in ferner, unberührter Schönheit würde ich Sinn finden.
Ich treibe in Perrys Finsternis. Ich bin tief in der Erde.
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