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Warm Bodies

Warm Bodies

Titel: Warm Bodies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Marion
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im Schutz des Dachvorsprungs. Der Regen schlägt das Dach wie ein Soldat seine Trommel. »Kann ich deine … Mütze haben?«, frage ich, ohne sie anzusehen.
    Einen Moment lang bewegt sie sich nicht, dann nimmt sie die Mütze ab und gibt sie mir. Übergroß und schlabberig, dunkelblaue Wolle mit einem roten Streifen …
    Mrs. Rosso hat sie zu Julies siebzehntem Geburtstag gestrickt. Perry fand, dass sie wie eine Elbin darin aussieht und hat, wann immer sie sie getragen hat, in Tolkienscher Sprache mit ihr gesprochen.Sie hat ihn den größten Nerd genannt, den sie kenne, und er hat ihr recht gegeben und dabei an ihrem Hals geknabbert und –
    Ich ziehe mir die Mütze tief ins Gesicht, klopfe einen langsamen Walzer an die Tür und sehe zu Boden wie ein schüchternes Kind. Die Tür öffnet sich einen Spalt breit. Eine Frau mittleren Alters in Jogginghose schaut hindurch. Ihr Gesicht ist verquollen und faltig, unter den blutunterlaufenen Augen hat sie dunkle Ränder. »Miss Grigio?«, sagt sie.
    Julie wirft mir einen Blick zu. »Hallo, Mrs. Grau. Ähm …«
    »Was machst du hier draußen? Ist Nora bei dir? Es ist schon Sperrstunde.«
    »Ich weiß, wir … haben uns auf dem Rückweg vom Obstgarten ein bisschen verlaufen. Nora bleibt heute Nacht bei mir, aber, ähm … können wir kurz reinkommen? Ich muss mit den Jungs reden.«
    Ich halte den Kopf gesenkt, als Mrs. Grau mich oberflächlich mustert. Sie öffnet uns mit einem verärgerten Seufzen die Tür. »Ihr wisst, dass ihr nicht hier bleiben könnt. Das ist ein Waisenhaus, kein Bordell, und dein Freund hier ist zu alt, um hier unterzukommen.«
    »Ich weiß, tut mir leid, wir …« Wieder wirft sie mir einen Blick zu. »Nur eine Minute.«
    Im Moment kann ich keine Formalitäten ertragen. Ich haste an der Frau vorbei ins Haus. Ein kleiner Junge späht aus einer Schlafzimmertür, und Mrs. Grau starrt ihn an. »Was habe ich dir gesagt?«, herrscht sie den Kleinen an und ist dabei laut genug, die anderen Kinder zu wecken. »Sofort wieder ins Bett.« Der Junge verschwindet im Dunkeln. Ich führe Julie die Treppe hoch.
    Der erste Stock sieht aus wie das Erdgeschoss, außer dass dort die größeren Kinder auf schmalen Matten schlafen. Es sind so viele mittlerweile. Neue Waisenhäuser schießen wieAufbereitungsanlagen aus dem Boden, während Väter und Mütter verschwinden, von der Seuche zerkaut und verschluckt werden. Auf dem Weg zur Treppe treten wir über ein paar winzige Körper, und ein kleines Mädchen greift kraftlos nach Julies Knöchel.
    »Ich hatte einen schlimmen Traum«, flüstert es.
    »Das tut mir leid, Süße«, flüstert Julie zurück. »Jetzt ist alles gut, okay?«
    Das Mädchen schließt wieder die Augen. Wir erklimmen die nächste Treppe. Im dritten Stock sind ein paar Kinder noch wach. Teenager und halb erwachsene Männer mit flaumigen Bärten auf Klappstühlen beugen sich über die Tische, schreiben in Hefte und blättern Gebrauchsanleitungen durch. Ein paar Kinder schnarchen in einem schmalen Schlafzimmer in ihren übereinanderliegenden Schlafkojen. Bis auf eine stehen alle Türen auf.
    Eine Gruppe älterer Jungs schaut überrascht von der Arbeit auf.
    »Wow, hallo Julie. Wie geht’s? Alles ok?«
    »Hallo Jungs. Ich bin…« Sie bricht ab, aus der Ellipse wird ein Punkt. Sie schaut auf die geschlossene Tür. Sie schaut auf mich. Ich nehme sie an der Hand, öffne die Tür und schließe sie hinter uns.
    Abgesehen vom schwachgelben Schein der Straßenlaternen ist es dunkel in dem Raum. Außer einer Sperrholzkommode und einem abgezogenen Bett gibt es hier nichts. An der Decke über dem Bett kleben ein paar Bilder von Julie. Die Luft ist abgestanden, es ist hier viel kälter als sonst im Haus.
    »R …«, sagt Julie mit zitternder, alarmierter Stimme. »Warum zur Hölle sind wir hier?«
    Ich drehe mich zu ihr um. Im gelben Schein sehen wir aus wie die Darsteller eines sepiafarbenen Stummfilms. »Julie«, sagte ich. »Diese Theorie … dass wir … Hirn essen … weil …«
    Sie fängt an, den Kopf zu schütteln.
    »Das stimmt.«
    Ich schaue noch einen Moment in ihre sich rötenden Augen, dann knie ich mich hin und öffne die unterste Schublade der Kommode. Darin findet sich unter einem Haufen alter Briefmarken, einem Mikroskop und einer Zinnsoldatentruppe auch ein Stapel Papier, mit rotem Zwirn zusammengebunden. Ich hole ihn hervor und reiche ihn Julie. Auf eine komische, verdrehte Art halte ich es für mein Manuskript. Als würde ich ihr gerade mein blutendes

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