Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Warme Welten und Andere

Warme Welten und Andere

Titel: Warme Welten und Andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
Vom Netzwerk:
er war sich dessen jetzt sicher – der Kontakt mit dem dumpfen Leben der Kuh. Der schwache Funke bebte und wand sich, als sei er hin-und hergerissen zwischen seinem Vorwärtsdrang und dem Zurückweichen vor dem Feuer.
    Das war es, was das noion tun konnte, was es schon früher getan hatte, um sich selbst zu retten!
    Während sein äußeres Auge an der Kuh hing und er gleichzeitig… sie innerlich berührte, kam über ihm der blasse Streifen des Lasers heran und bohrte sich in ihren Panzer: sie reckte sich noch höher auf, den Kopf zurückgeworfen. Die innere Verbindung brach ab – und seine Augen sahen den greulichen Leib der Kuh nach vorne fallen und in das Feuer stürzen, Wasser und Rauch aufpeitschend. Das Feuer ging aus. Neben ihr erstieg eine andere Kuh die Mauer. Der Laser setzte auf sie an, schnitt, schnitt, schwenkte auf eine weitere, die herankam. Und nun erhob sich auf dem rauchenden Kadaver an der Mauerspitze ein Monster der Monster. Der Laser faßte sie. Sein Licht verblaßte, zertröpfelte und ging aus.
    Der Laser war am Ende.
    »Noion, noion!« Verzweiflung schrie aus ihm heraus. »Mach, daß sie abbiegt! Mach, mach, mach…!«
    Und die Verbindung, der Kanal war da – und sein Wollen floß hinaus, traf auf das andere Leben, vervollständigte sich selbst in Kraft und Fähigkeit. Bieg ab. Seine äußeren Augen sahen nur Chaos, das Auge seines Geistes war es, das den Sprung der Impulse durch Ganglien wahrnahm, das wahrnahm, wie Energie asymmetrisch wurde, und die blinden Motoren den mächtigen Leib aus dem Rhythmus brachten – ihn drehten – ihn längs der Mauer weiterschickten!
    Doch wie die Spannung sich löste, gewahrte er die anderen, die hinter ihr herkamen; ihre stumpfen Energiezentren glommen genau vor seinem hinausreichenden Geist. »Jetzt, noion!« betete er, versuchte, sich hinauszuschleudern, flehte: »Biegt ab! Biegt ab! Oh, noion, hilf mir – MACH DASS SIE ABBIEGEN!«
    Leere.
    Dann sahen seine Augen wieder.
    Neben ihm, von der Mauer abgewandt, stampften die Scheusale aufs Land zu. Sie hatten ihre Richtung geändert. Er hatte sie dazu gezwungen!
    Benommen sah er, wie andere längs der fernen Mauer dahinzogen. Die Herde hatte sich geteilt. Ein letztes Männchen stolperte an den Pfahlzaun, richtete sich auf und torkelte hinter den Kühen her.
    Und die Sandbänke vor ihm waren frei, so weit, wie er durch den ätzenden Rauch hindurch sehen konnte. Er fühlte sich wie vom Körper befreit, schwerelos vor Jubel und Erleichterung. Schmerz biß und riß an ihm von unten, aber er war sehr weit weg von all dem Krachen, Bellen und Stampfen um ihn herum. Es kam ihm, daß er sehr wahrscheinlich am Sterben war.
    Während er diesen Gedanken aufnahm, spürte er auch eine Welle von Schwäche durch das Wesen in seinen Armen gehen. Das hier brachte sie beide um.
    So sei es.
    Ein weitere Herde der Schrecken tauchte nun im Rauch vor ihm auf. So weit sie noch waren, er griff doch hinaus nach ihnen, fand ihre Zentren, kämpfte, spürte, wie sie schwankten und dann abbogen. Wind drückte den Rauch flach.
    Er erkannte, daß das, was er da sah, der wirkliche Horizont war, fast leer jetzt. Die Hauptherde war vorüber.
    Vor ihm schafften Männer Fackeln zum schlüpfrigen Mauerrücken hinauf. Niemand war in seiner Nähe. Er merkte, daß er schluchzte oder schrie, aber er konnte sich selbst nicht hören. Eine Erinnerung streifte ihn: ein Junge – war es einer seiner Söhne gewesen? – hatte ihn angefaßt, war davongegangen.
    Unter Qualen brachte er es fertig, sich auf seinen Ellbogen herumzudrehen, so daß er auf die Kolonie zurückblicken konnte. Ja, mehr Schaden war angerichtet worden. Die gräßlichen Massen einer Kuh wüteten zwischen den Schlafbaracken, Balken krachten. Aber die Siedlung war immer noch ungefährdet. Immer noch ungefährdet! Sein letztes Geschenk hatte sie gerettet, sein Sterben hatte allen, die er liebte, Leben geschenkt. In Taubheit eingesponnen, ließ er seine Blicke hinauswandern zu dem geliebten Bild. Immer noch so schön, trotz des Rauchs! Goldene Gestalten rannten herum, als spielten sie. Sein Nest, sein Leben…
    Sein Leben. Nicht die Sterne; dies…
    Warum hatte sich das Bild aber jetzt unauffällig geändert, so, als sei Transparenz um es herum geronnen und habe etwas Seltsames und Winziges daraus gemacht, einem Spielzeug in einem Plastiksack gleich? Das Werk seines Lebens. Die Gattung lebt, ich sterbe. Die entscheidenden Worte, Ich sterbe. Sterbe, so dachte er, wie eine treue Ameise,

Weitere Kostenlose Bücher