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Warme Welten und Andere

Warme Welten und Andere

Titel: Warme Welten und Andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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die Korrelation zwischen der sozialen Rigidität einer Kultur und ihrem Interesse an neuer Information, wie sie von ihm selbst und seinem Waldoboter repräsentiert wurde, zu ermitteln. Die Ergebnisse waren vielversprechend, aber es fehlten ihm die geeigneten Computerkategorien, mit denen er hätte programmieren können. Ein Kulturkundler hatte sechsundzwanzig Programmnomen zur Verfügung… Sunny Isham hatte für seine Molekularbiologie mehr als fünfhundert. Aber das war eben Harte Wissenschaft, mahnte sich Evan. Er fing an, die wertlosen Aufzeichnungen in seinen Abfallverwerter zu stopfen, während er müßig seine Tonbandaufzeichnungen vom Ort abhörte.
    »… anderen Berge heißen Oremal, Vosnuish und so weiter«, hörte er seine eigene Stimme. »Nur Der Clivorn hat das ehrende An oder Der. Sein einheimischer Name An’druinn oder ›Der-Berg-des-Weggehens‹ bezieht sich vielleicht auf die Rituale, in denen Sterbende oder Verbannte den Berg besteigen. Das scheint aber mit der übrigen Kultur nicht in Einklang zu stehen. Der Clivorn ist kein Tabu-Bereich. Hirtenpfade laufen unterhalb der Vergletscherungslinie kreuz und quer über alle Hänge. Der Stamm hat auf der Landzunge einen Tabu-Bereich, der ihre Sternguckersteine und den Fischanrufschrein umgibt. Außerdem läßt der für diese Sprache auffällige Umstand, daß das Wort Weggehen nicht durch unser oder ähnliches ergänzt wird, vermuten, daß es nicht die Einheimischen sind, die weggehen, sondern irgendwelche anderen, die gehen oder gegangen sind. Aber wer könnte das sein? Ein Stamm von Angreifern? Unwahrscheinlich; das bergige Binnenland ist unbewohnt, und aller Verkehr bewegt sich auf Booten an den Küsten entlang. Und die Gegend jenseits von An’druinn scheint ung…«
    Diese Aufzeichnungen hatte er gemacht, bevor er begonnen hatte, das Forschungsmaterial über den Clivorn, das die Sonden erbracht hatten, nach Einzelheiten zu untersuchen, die seinen Namen erklären konnten – Höhle oder steinernes Mal oder Kunstwerk oder auch nur Paß oder Pfad. Und immer wieder hatte er selbst mit seinen Augen die Hänge abgesucht. Aber die Wolken waren zu dicht gewesen, bis er eines Tages meinte, eine Linie gesehen zu haben. Gesehen! Er zuckte zusammen. Glaubte er denn, mit seinen schwachen menschlichen Sinnen Wissenschaft treiben zu können?
    »… transistorisierte Müllkippen der Milchstraße!« sagte eine heisere Stimme.
    Evan fuhr herum. Aber er war allein mit dem Tonband.
    »Computer der Menschheit!« höhnte die Stimme. Evan erkannte, daß es die Stimme seines Vorgängers, des Kulturkundlers Foster, war, die von seinen eigenen Aufnahmen nur unvollkommen gelöscht worden war. Als er aufsprang, um sie zu löschen, sagte Fosters Geisterstimme laut: »Ein planetarischer Scheißhaufen redundanter Daten über stellare Prozesse, auf die seit fünfhundert Jahren kein kompetenter Geist mehr sein Auge geworfen hat.«
    Evan schluckte. Seine Hand verfehlte die Löschtaste, drehte lediglich die Lautstärke niedriger.
    »Forschung!« gackerte Foster betrunken. »Sich die Hände schmutzig machen?« Ein Rauschen verzerrte die Stimme. Evan merkte, daß er gebannt über der Konsole kauerte. Gebannt und entsetzt hörte er die Worte. »Schamanen! Knopfdrückende Schwachsinnige!« Wieder eine Verzerrung, und Foster murmelte etwas über DNA. »Das nennt sich Leben!« krächzte er, »das Verhalten lebender Wesen?… Weit und breit in der ganzen Milchstraße das komplexeste, das schwierigste… unsere einzige Hoffnung…« Die Stimme versickerte wieder.
    Evan sah, daß das Band fast abgelaufen war.
    »Wissenschaftliche Utopie!« sagte Foster und lachte schallend. »Die perfekt konstruierte Gesellschaft. Kein Krieg. Wir brauchen uns nicht mehr selbst zu erforschen, denn wir sind ja vollkommen.« Ein gurgelndes Geräusch verwischte die Worte. Foster hatte in seinem Labor Alkohol getrunken, erkannte Evan. Von Sinnen, der Kerl.
    »Und ich bin ihr Hofnarr.« Ein langes Rülpsen folgte. »Lernt ein paar Brocken der einheimischen Sprache, bringt uns ein paar Kinkerlitzchen mit zurück… guter alter Foster. Bloß das Boot nicht schaukeln.« Die Stimme machte ein paar unverständliche, grunzende Laute und schrie dann klar unddeutlich: »Auf deinen Händen und Knien! Über Steine kriechend, allein. Simmelweiss. Galois. Schmutzarbeit. Die schwere, einsame Arbeit von…«
    Das Band war abgelaufen.
    Durch das Toben in seinem Kopf hindurch hörte Evan forsches Absatzklopfen. Er stand auf, und

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