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Warme Welten und Andere

Warme Welten und Andere

Titel: Warme Welten und Andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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ihm öffnete sich. Er sah die Landzunge jenseits der Bucht. Auf ihr war ein blendender, rosengoldener Splitter. Das Schiff. Ein dünner Dunst trat unter ihm aus.
    Während er hinsah, begann es, sanft sich in die Höhe zu heben, schneller und schneller. Er machte einen Laut, als wolle er ihm nachrufen, aber es war sinnlos. Wolken schoben sich davor. Als sie sich wieder öffneten, war die Landzunge leer. Das Heulen erstarb, es heulten nur noch die Winde Des Clivorn.
    Sie hatten ihn verlassen.
    Kälte beschlich sein Herz. Jetzt war er ganz und gar verloren. Ein toter Mann. Totenfrei.
    Sein Kopf kam ihm jetzt leicht vor, und er spürte eine seltsame, zerbrechliche Energie. Drüben zu seiner Rechten schien ein Grat zu einer geneigten Felsplatte zu führen. Konnte er weitersteigen? Der Gedanke, er müsse etwas tun, um sich ein Schaf zu fangen, beunruhigte ihn kurz, verlor sich. Er merkte, daß er sich weiter aufwärts bewegte. Es war wie in den Träumen, in denen er hatte schweben, fliegen können. Hinauf – ganz leicht – solange er nicht gegen etwas schlug, solange er atmete.
    Er hatte die schräge Platte erreicht, und jetzt kletterte er regelrecht. Hand vor, festhalten, ziehen, Fuß vor, stoßen. Ein paar Schritte schlängelte er sich so an einer Spalte entlang. Des Clivorns graues, flechtenüberwuchertes Antlitz war dem seinen nahe. Er tätschelte es töricht, bewahrte sich gerade noch davor, den Fuß ins Leere zu setzen. Hand vor, festhalten. Ziehen. Fuß vor. Wie hatte er es geschafft, so hoch zu kommen? Hand vor. Die linke Hand wollte nicht fest greifen. Er zwang sie, spürte warme Feuchtigkeit an sich herunterlaufen. Ziehen.
    Die Felsen hatten sich verändert. Waren nicht mehr glatt, sondern wild kristalloid. Er hatte sich in die Wange geschnitten. Eruptivgestein verwitterte zu bizarren Riffen.
    »Ich bin über der Gletscherlinie«, murmelte er dem gewundenen Kamin zu, der sich neben ihm, im Winde sirrend, erhob. Alles schien in scharfe Klarheit getaucht. Seine Hand wurde über ihm festgehalten.
    Er blickte wütend nach ihr. Nichts war dort. Er zog an der Hand. Etwas. Er hockte, so sah er, auf einem kleinen, kompakten Buckel. Der Wind war ein gleichmäßiges Kreischen. Silbergoldene Flutlichter schwenkten über ihn; die Sonne stand jetzt hoch, irgendwo über der Wolke. Die eine Hand stak immer noch fest, stak in etwas über seinem Kopf. Seltsam.
    Sich aufrichtend, zerrte er an der Hand.
    Wie er sich aufrichtete, schüttelte und rüttelte es plötzlich klingend seinen Kopf und seine Schultern durch. Dann war es vorbei, und er lag flach auf dem Fels, hing am Clivorn, kämpfte mit Todesangst. Als sie abebbte, sah er, daß hier nichts war. Was war das gewesen? Was war geschehen?
    Er versuchte zu denken, kam zu dem Schluß, er müßte eine Halluzination gewesen sein. Dann sah er, daß der Fels vor seinem Gesicht steril war. Ohne Flechten. Und merkwürdig glatt, viel weniger erodiert.
    Irgend etwas mußte ihn seit sehr langer Zeit geschützt haben. Etwas, das sich gegen ihn, Evan, gestemmt hatte und dann weggeschnappt war.
    Eine Energie-Barriere.
    Verwirrt drehte er sein Gesicht in den heulenden Wind, spähte die Felsen entlang. Zu beiden Seiten zog sich ein etwa ein Meter breites Band unverwitterten, unzerfurchten Gesteins gleichmäßig horizontal um das Haupt Des Clivorn. An einigen Stellen war es von höheren Felsen überhangen, von Fliegern aus nicht zu sehen.
    Dies mußte die Linie sein, die er gesehen hatte, die Abplattung, die auch die Sensoren-Untersuchung angezeigt hatte. Das Ergebnis langer Beschütztheit durch eine Energie-Barriere. Aber warum hatten die Detektoren diese Energie nicht registriert? Er stand vor einem Rätsel, bis ihm aufging, daß die Barriere nicht konstant sein konnte. Sie wurde offenbar nur dann aufgebaut, wenn etwas sich dieser Stelle näherte, sie auslöste. Und unter seinem energischen Drängen hatte sie nachgegeben. War sie programmiert, größeren Tieren, die hier heraufklettern konnten, den Durchgang zu erlauben?
    Er musterte die Steinfläche. Wie lange schon? Wie lange war sie schon hier und beschützte dieses Felsband? Drüber und drunter: Jahrtausende der Verwitterung. Sie verlief oberhalb der Eislinie. Errichtet, als das Eis noch hier war? Von wem?
    Diese ursprungslose, passive Energie war jenseits aller menschlichen Technologie und auch jenseits derjenigen der wenigen weiter fortgeschrittenen Außerirdischen, denen der Mensch bis jetzt begegnet war.
    Grenzenlose Freude flutete

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