Warnschuss: Thriller (German Edition)
hatte. Er befahl mir, den Schlüssel in der Zündung zu lassen, auszusteigen und an die Brüstung zu treten. Ich versuchte Zeit zu gewinnen, fragte ihn, was er wollte, bot ihm Geld an. Er sagte, er hätte schon einen Deal abgeschlossen, der ihm mehr einbringen würde, als ich je bezahlen könnte.«
»Mit wem?«
»Was glaubst du denn?«
»Sag bloß nicht mit deinem Mann. Dein Mann ist nach alldem am Ende.«
»Du täuschst dich.«
»Und du lügst«, schoss er zurück. »Seit zehn Tagen beobachte ich ihn. Ich habe gesehen, wie er sich Stück um Stück auflöst. Er ist am Ende seiner Kräfte.«
»Das will er euch weismachen.«
»Er spielt uns das nur vor?«
»Genau.«
»Du bleibst also bei dieser Geschichte?«
»Ja.«
Er begann die Tasten auf seinem Telefon zu drücken.
»Warte! Duncan, ich flehe dich an. Hör mich an.«
Er hielt im Wählen inne, ließ aber den Daumen über den Tasten schweben.
Sie knetete flehend die erhobenen Hände. »Nachdem Gary Ray versagt hatte, musste Napoli den Job persönlich erledigen. Er stellte mich vor die Wahl, von der Brücke zu springen oder mich zu erschießen. Ihm sei beides recht, sagte er. Den fünfzig Meter tiefen Sturz in den Fluss würde ich nicht überleben. Die Menschen würden annehmen, ich hätte mich umgebracht. Falls er mich erschoss, würde das nach einem gewaltsamen Autodiebstahl aussehen. So oder so wäre ich tot und er reich, Cato sei Dank.«
»Warum sollte dein Mann einen Ganoven wie Napoli bezahlen, um dich loszuwerden?«
Sie zögerte. Duncan lachte freudlos. »Damit endet es jedes Mal, oder?« Er drückte die nächste Taste auf dem Telefon. »Bei den Motiven setzt es immer wieder aus. Andererseits hattest du ein sehr gutes Motiv, Napoli zu erschießen, nicht wahr?«
»Ja. Nein.«
»Also, wie jetzt?«, schnauzte er sie an.
Sie ließ die Hände auf die gestutzten Haare sinken. »Du bringst mich ganz durcheinander.«
»Willkommen im Club, Lady. Ich war in letzter Zeit auch ein bisschen durcheinander.«
»Ich hätte ein Motiv gehabt, ihn zu erschießen, aber ich habe es nicht getan. Ich konnte mich losreißen und rannte los. Er jagte mir nach. Schließlich trat er auf den Absatz meiner Sandale und riss ihn ab. Ich stolperte, stürzte. Napoli zerrte mich am Arm wieder hoch. Er verdrehte ihn so rücksichtslos, dass ich aufschrie. Das brachte ihn aus dem Konzept. Ich nutzte das Überraschungsmoment und griff nach seiner Waffe. Es gelang mir, sie ihm aus der Hand zu reißen und in den Fluss zu werfen. Er schlug mich ins Gesicht.« Sie deutete auf ihr Auge. »Ich schlug nach seinem Kopf, bekam seine Haare zu fassen und zog mit aller Kraft. Er fiel nach hinten, und ich rannte wieder los.«
»Dann hast du ihn mit der alten Zweiundzwanziger deines Ehemanns in den Bauch geschossen.«
»Ich weiß nichts von einer Zweiundzwanziger«, schluchzte sie. »Und Napoli habe ich ganz bestimmt nicht erschossen.«
»Also, irgendwer hat ihm eine Kugel in den Bauch gesetzt.«
»Savich.«
Er schnaufte ungläubig, fast amüsiert aus. »Savich?«
»Genau.«
Er lachte auf. »Was für ein praktischer Sündenbock. Erst hast du seinen Namen benutzt, um mich zu diesem kleinen Geheimtreffen in das alte Haus zu locken. Und jetzt versuchst du …«
»Das ist die Wahrheit!«
»Du hast gesehen, wie Savich Napoli erschoss?«
»Genau.«
»Und er hat dich davonkommen lassen?«
»Er hat mich nicht gesehen.«
Seine Heiterkeit und seine Geduld waren erschöpft. Er sah sie düster an und sagte: »Denk dir was anderes aus.«
Sie holte tief Luft, als wollte sie zu einer langen, komplizierten Geschichte ansetzen. »Ich lief vor Napoli davon …«
»Weißt du was, du kannst dir das sparen. Ich will diesen Mist nicht mehr hören. Du hast Napoli erschossen. Sonst hättest du doch die Polizei gerufen.«
»Das konnte ich nicht.«
»Das konntest du nicht?«
»Ich wusste, dass jeder glauben würde, ich hätte ihn umgebracht. Genau wie Gary Ray Trotter. Niemand hätte mir geglaubt.«
Er tat es jedenfalls nicht. Ganz bestimmt nicht diesen Mist über Savich, vor allem, da er inzwischen wusste, wie eng die beiden befreundet waren. Aber vorerst würde er mitspielen. »Okay, du bist also geflohen und Savich auf wundersame Weise entkommen. Wo hast du die vergangenen zehn Tage gesteckt? Wovon hast du gelebt? Wie bist du an Geld gekommen? Wir haben die gesamte Ostküste von Miami bis Myrtle Beach von Polizisten absuchen lassen, die in jedem Hotel und Motel, vom schicksten Palast bis zur
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