Warnschuss: Thriller (German Edition)
Antwort. Ich wiederhole nur, was der Richter mir gesagt hat, als ich hier ankam.«
Duncan und DeeDee wechselten einen vielsagenden Blick, dann durchsuchte er die Taschen des Toten in der Hoffnung, etwas zu finden, das Baker übersehen hatte. Alle Taschen waren leer.
»Keine Autoschlüssel. Kein Geld. Kein Ausweis.« Wieder studierte er das Gesicht des Toten, durchforstete seine Erinnerung und versuchte ihn unter die Kriminellen einzuordnen, die ihm im Zusammenhang mit anderen Mordfällen über den Weg gelaufen waren. »Ich kenne ihn nicht.«
»Ich auch nicht«, sagte DeeDee.
Duncan stand auf und sagte: »Dothan, ich möchte wissen, aus welcher Entfernung der tödliche Schuss abgegeben wurde. Wie nahe stand Mrs Laird, als sie ihn erschoss?«
»Ich muss eine Schätzung abgeben.«
»Die meistens verdammt akkurat ist.«
»Baker ist zuverlässig, trotzdem werde ich selbst nachmessen, wie groß der Abstand zwischen Tür und Schreibtisch ist.« DeeDee zog ein Maßband aus ihrer Tasche.
»Also, wenn mich hier keiner mehr braucht, bin ich weg«, sagte der Pathologe und stopfte das feuchte Taschentuch in die Hosentasche. »Kann er hier raus?«
»DeeDee?«, fragte Duncan.
»Vier Meter neunzig.« Sie notierte das Ergebnis in ihrem Buch und schaute sich dann im Raum um. »Ich glaube, ich werde ebenfalls eine Skizze vom Raum anfertigen, aber dazu brauche ich Sie nicht mehr«, sagte sie zu dem Pathologen.
»Dann schicke ich die Sanitäter rein.« Er sah sich kurz um und wurde zusehends mürrischer. »Geld regiert wirklich die Welt, wie?«
»Vor allem altes Geld. Laird Shipping wurde vom Großvater
des Richters gegründet, und er ist der Letzte der Familie«, klärte DeeDee sie auf. »Keine anderen Erben.« Sie zog die Brauen hoch.
»Wahrscheinlich hat er nicht einmal eine Hypothek auf dem Haus«, grummelte Dothan und wandte sich zur Tür. »Ob ich wohl zu dieser Stunde noch ein offenes Taco Bell finde?« Schwer keuchend watschelte er davon.
Während DeeDee in ihr Notizbuch skizzierte, sagte sie: »Eines Tages wird er noch umkippen.«
»Wenigstens stirbt er glücklich.«
Duncan war in Gedanken nicht bei der Gesundheit des Pathologen. Er hatte bemerkt, dass Kleidung und Schuhe des Opfers neu, aber billig aussahen. Sachen, die ein verurteilter Straftäter tragen mochte, der eben aus dem Gefängnis gekommen war. »Gleich morgen früh müssen wir alle überprüfen, die in letzter Zeit aus dem Gefängnis entlassen wurden, vor allem die, die wegen Einbruchs verurteilt waren. Ich wette, wir brauchen nicht allzu tief zu bohren, um unseren Mann zu finden.«
Die Sanitäter rollten eine Bahre herein. Duncan stand auf und beobachtete, wie der Leichnam in den schwarzen Plastiksack mit Reißverschluss gelegt, dann auf die Bahre gehoben und aus dem Zimmer gerollt wurde. Er begleitete ihn bis zur Haustür. Von dort aus konnte er erkennen, dass sich hinter dem Mittelstreifen noch mehr Gaffer versammelt hatten. Zahlreiche Übertragungswagen parkten an der Straße.
Die Blumen in der Vase auf dem Tisch in der Eingangshalle zeigten mit einem leichten Beben an, dass Sally Beale im Anmarsch war. »Ich bin noch mal alles mit ihr durchgegangen«, sagte sie halblaut zu Duncan. »Sie hat nicht mal gezögert. Kein Wort verändert. Sie würde jetzt die Aussage unterschreiben.«
Er ließ den Blick über die durch einen Mittelstreifen geteilte
Straße wandern und versuchte sich auszumalen, wie sie ausgesehen hatte, bevor sie zum Tatort geworden war. Ohne die blinkenden Blaulichter und die Zuschauer würde sie still und heiter wirken.
»Sally, du warst als Erste am Tatort, richtig?«
»Ich und Crofton waren nur ein paar Blocks entfernt, als uns die Zentrale anforderte.«
»Sind euch in der Nähe irgendwelche Autos aufgefallen?«
»Kaum eins.«
»Vielleicht ein geparkter Wagen?«
»Nicht mal ein Moped, und andere Streifenwagen sind inzwischen die ganze Gegend abgefahren, um nach dem Transportmittel des Einbrechers zu suchen. Sie haben nichts gefunden.«
Verblüffend. Etwas, das ganz und gar nicht ins Bild passte und nach einer Erklärung verlangte. »Die Nachbarn werden bereits befragt?«
»Zwei Teams gehen von Tür zu Tür. Bis jetzt haben alle geschlafen, keiner hat was gesehen oder gehört.«
»Nicht mal die Schüsse?« Er sah die Polizistin fragend an, doch die zuckte mit den Achseln.
»Große Häuser, große Gärten.«
»Mrs Laird hat geduscht?«
»Sie meinte, sie hätte das Gefühl, vergewaltigt worden zu sein«, sagte Beale.
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