Warnschuss: Thriller (German Edition)
bitte?«
»Heute Vormittag hat Napolis Sekretärin angerufen und erzählt, dass Napoli nicht in seinem Büro aufgekreuzt sei, obwohl er einen Termin mit einem Klienten hatte. Sie hat immer wieder bei ihm zu Hause und auf seinem Handy angerufen, konnte ihn aber nirgendwo auftreiben. Das ist noch nie passiert. Er ist immer erreichbar, sagte sie. Jederzeit.
Also ist sie zu ihm nach Hause gefahren, um nachzuschauen, ob er tot ist oder so. Keine Spur von ihm. Dann hat sie uns angerufen. Seither ruft sie jede Stunde an und beschwört uns, dass ihm was zugestoßen sein muss. Sie meint, was auch passiert, er würde niemals einen Kliententermin versäumen. Sie versichert, er feiert nie krank, nimmt sich nie frei, und selbst wenn, würde er es bestimmt nicht tun, ohne ihr Bescheid zu sagen.
Sie hat uns so genervt, dass ich schließlich nachgegeben habe. Ich bin zu seinem Büro gefahren und habe ihr erklärt, dass wir einen Erwachsenen erst als vermisst erklären können, wenn er vierundzwanzig Stunden lang nicht mehr gesehen wurde, es sei denn, es liegt ein Hinweis auf ein Verbrechen vor. Sie sagte, auf ein Verbrechen hätte nichts in seinem Haus hingedeutet, aber ihm müsse trotzdem was zugestoßen sein, denn sonst wäre er im Büro.«
Duncan nahm an, dass Kong einen guten Grund hatte, ihm all das zu erzählen, er wünschte, sein Kollege würde endlich zum Kern der Sache vordringen. Sein Magen hatte ihn schon vorhin daran erinnert, dass es längst Zeit zum Abendessen war. Es war ein verdammt langer Tag nach einer verdammt kurzen Nacht gewesen. Eigentlich sehnte er sich danach, ein gebratenes Hähnchen mit nach Hause zu nehmen, ein Bier zu knacken und vielleicht etwas Klavier zu spielen, um besser über Trotter sinnieren zu können, vor allem darüber, was der Einbrecher im Haus der Lairds gewollt hatte und warum er nicht abgehauen war, als er erwischt wurde.
Außerdem musste er über Elise Lairds Nachricht nachdenken: Warum Elise sie ihm in die Hand gedrückt hatte und warum er seiner Partnerin nichts davon erzählt hatte.
Kong redete immer noch. »Ich hätte gedacht, Napolis Privatbüro sei sakrosankt. Abgeschlossen, du verstehst? Aber seine Sekretärin war so durch den Wind, dass ihr gar nicht aufgefallen ist, wie ich die Papiere auf seinem Schreibtisch überflogen habe, während sie sich händeringend darüber ausließ, wohin ihr Boss wohl verschwunden sein könnte.«
Jetzt zeigte Kong das Blatt Papier vor, das er mitgebracht hatte. Duncan blickte auf eine getippte Namensliste. »Ich habe mir ein paar der Namen eingeprägt, die mir auf Napolis Schreibtisch ins Auge gefallen sind«, erläuterte Kong. »Dann habe ich die Liste abgetippt, sobald ich wieder im Büro war, damit ich sie nicht vergesse.
Wenn du mich fragst, ist Napoli abgetaucht, um jemandem aus dem Weg zu gehen, der sauer auf ihn ist, entweder einem wütenden Exklienten oder einer Braut, die er gerade bumst. Aber wenn der Drecksack tatsächlich einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist – wovon die Sekretärin überzeugt ist –, dachte ich, diese Namen könnten ganz hilfreich
sein. Damit hätten wir was, wo wir anfangen können zu suchen.«
Duncan nickte und zeigte damit an, dass er Kongs Gedankengang folgte.
»Also, weshalb ich zu dir komme…« Kong deutete auf einen Namen in der Mitte der Liste. »Ist das nicht dein Mann?«
Duncan las den Namen. Ganz langsam hob er die Füße von der Schreibtischplatte, nahm Kong das Blatt aus der Hand und studierte es erneut. Dann sagte er trocken und kratzig: »Ja, das ist mein Mann.«
»Es war ein Skandal. Keine drei Monate nach ihrer ersten Begegnung standen sie vor dem Altar.«
Es war eine kurze Fahrt von den Barracks zu Meyer Napolis Büro in der Innenstadt. DeeDee nutzte die Zeit, um ihm alles mitzuteilen, was sie über Elise Lairds Vergangenheit in Erfahrung gebracht hatte.
»Eine kurze Verlobungszeit ist nicht so ungewöhnlich oder skandalös«, wandte Duncan ein.
»O doch, wenn ein ehrwürdiger Richter am Kammergericht eine Barkellnerin heiratet. Genauuuu«, kommentierte sie langgezogen Duncans scharfen Blick. »Elise arbeitete in der Bar in Richter Lairds Country Club.«
»Und das wäre welcher?«
»Silver Tide natürlich. Jedenfalls begann der Richter, kaum dass er sie kennen gelernt hatte, täglich Golf zu spielen, manchmal sogar zwei Runden, aber noch mehr Zeit verbrachte er am neunzehnten Loch.«
Duncan stellte den Wagen vor dem flachen, gedrungenen Gewerbebau ab und legte, um keinen
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