WARP 1 - Der Quantenzauberer (German Edition)
Ich hätte nichts dagegen, wenn er noch zwanzig Jahre länger leben würde, denn es ist ausgesprochen nützlich, wenn der reichste Mann Großbritanniens auf einen hört. Aber nein, vom ewigen Draußen-Herumrennen wird er Bronchitis kriegen, und das war’s dann.«
Charismo ging in die Hocke und strich Chevie durchs Haar. »Wissen Sie, ich hätte Sie gern am Leben gelassen. Wir hätten über die Zukunft sprechen können. Ich habe so viele Pläne. Einer davon ist zum Beispiel, dass ich den Verlauf der Kriege ändern könnte. Überlegen Sie doch mal, wie anders der Erste Weltkrieg verliefe, wenn jemand die Deutschen davon abhalten würde, die Lusitania zu versenken. Dann würde Amerika nie in den Krieg eintreten, und spätestens 1918 wäre England eine deutsche Kolonie, mit Tibor Charismo als kaiserlichem Berater. Das ist natürlich nur eine von vielen Ideen.«
»Sie sind ja verrückt«, sagte Chevie, um Charismos Aufmerksamkeit weiter auf sich zu bündeln. Sie vermutete, dass Riley trotz seiner Betäubung etwas plante. Und selbst wenn seine Bewegungen unkoordiniert waren, konnten sie ihr nützlich sein, solange Charismo sich nicht umdrehte.
Charismo drehte sich nicht um.
»Verrückt, wahnsinnig, komatös – wen kümmert’s? Ich bin glücklich, und das möchte ich so lange wie möglich bleiben.«
Er betätigte eine Klingel auf seinem Schreibtisch, und Barnum kam herein, immer noch ein wenig beleidigt, dass er vor die Tür geschickt worden war.
»Ach, jetzt soll ich also wieder reinkommen, Herr?«
»Hören Sie auf zu schmollen, Barnum. Der Gesichtsausdruck passt nicht zu Ihren Muskelpaketen.«
»Sehr wohl, Herr. Was soll ich mit den beiden machen? Wie wär’s mit einem kleinen Messerstich über der Spüle, damit es keine Sauerei gibt, dann in einen Sack und ab zu den Fischen?«
Nachdenklich spielte Charismo mit seinem Brieföffner. »Nein, Barnum. Ich will, dass die beiden restlos verschwinden. Nicht mal ein Haar darf übrig bleiben.«
»Dann gibt’s zwei Möglichkeiten. Erstens: mein alter Armeekumpel mit seiner Schweinefarm in Newport. Schweine fressen alles, von den Augen bis zu den Knochen – die sind da nicht wählerisch, wie wir von den beiden Zigeunern letztes Jahr wissen, Herr.«
»Nein, lieber nicht«, sagte Charismo. »Beim letzten Mal hast du mir die ganzen Teppiche mit Schweinemist ruiniert. Was ist die zweite Möglichkeit?«
»Verbrennen«, erwiderte Barnum knapp. »Ich hacke sie in Stücke und werfe sie in den Ofen. Dauert ein paar Tage und ist ziemlich unappetitlich, aber wenn das erledigt ist, kriegt selbst der Teufel die beiden faulen Eier nicht wieder zusammengesetzt.«
Charismo kicherte. »Hübsch gesagt, Mister Barnum. Sie heitern mich wirklich auf. Dann also in den Ofen mit ihnen, aber machen Sie das mit dem Zerstückeln bitte in der Küche.«
»Sehr wohl, Herr«, sagte Barnum und warf sich Chevie über die Schulter. »Kommen Sie eine Stunde allein klar, während ich mich um die beiden kümmere?«
»Nur zu«, erwiderte Charismo. »Ich komme schon zurecht … Ach, vielleicht bringen Sie mir noch etwas Kuchen, wenn Sie mit dem Hacken fertig sind. Tibor ist hungrig.«
»Kuchen. Selbstverständlich, Herr.«
Charismo zwinkerte Chevie zu. » Herr . Ich kriege jedes Mal eine Gänsehaut.«
Zu seiner Überraschung hatte Chevie noch genug Kampfgeist für eine letzte Bemerkung. Sie sah dem einstigen WARP-Zeugen direkt in die Augen und sagte: »Sie reden zu viel.«
Was nicht nur eine Meinungsäußerung war, sondern, wie sich bald zeigen würde, den Tatsachen entsprach.
Barnum packte Riley am Gürtel und warf ihn sich über die andere Schulter. Doch sobald der Diener losließ, schaffte es der Junge trotz des Gifts, sich hinunterzurollen und auf Charismos Brust zu landen.
»Mörder!«, lallte er mit schwerer Zunge. »Sie ham meine Familie umgebracht.«
»Iiii!«, rief Charismo. »Nehmen Sie ihn da weg, Barnum! Womöglich hat er Läuse.«
Wäre Riley wacher gewesen, hätte er vielleicht einen schmerzhaften oder sogar tödlichen Schlag ausführen können, aber in seinem betäubten Zustand konnte er nur wie ein Kleinkind auf Charismos Brust patschen.
»Komm her, Kleiner«, sagte Barnum, pflückte den Jungen von der Brust seines Herrn und warf ihn sich erneut über die freie Schulter.
»Seien Sie vorsichtig, Barnum.« Sichtlich angeschlagen tastete Charismo nach seiner Maske. »Auch ein sterbender Hund kann gefährlich sein.«
»Tut mir leid, Herr«, erwiderte Barnum und schob die
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