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Warte auf das letzte Jahr

Warte auf das letzte Jahr

Titel: Warte auf das letzte Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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noch immer seine Hand umklammerte.
    »Ja. « Eric nickte. »Meine Videobänder … über Jonathan Winters, den großen Komiker des zwanzigsten Jahrhu n derts. «
    Seine berühmte Sammlung hatte ihm einen Vorwand g e liefert, Kathy Lingrom einzuladen. Sie hatte den Wunsch geäußert, sie sich anzusehen, und ihn in sein Konap begle i tet.
    »Und «, stellte der Maulwurf fest, »sie hat den tieferen psychologischen Grund erkannt, der Sie dazu trieb, diese Bänder zu sammeln. Etwas ›Bedeutungsvolles‹ über Ihre Persönlichkeit. «
    »Ja. « Eric nickte bedrückt.
    Nachdem Kathy zusammengekauert die Nacht über in seinem Wohnzimmer dagehockt hatte, langbeinig und weich wie eine Katze, die bloßen Brüste nach der neuesten Mode schwach grün gefärbt, gebannt auf den Bildschirm starrend und lachend – wer würde dabei nicht lachen? –, hatte sie nachdenklich erklärt: »Weißt du, Winters ’ Talent, sich in eine Rolle hineinzuversetzen – das hat ihn berühmt gemacht. Und sobald er diese Rolle spielte, verschmolz er mit ihr; er schien wirklich eins mit ihr zu sein. «
    »Ist das schlecht? « hatte Eric gefragt.
    »Nein. Aber es verrät mir, warum Winters dir so sehr g e fällt. « Kathy berührte leicht ihr kaltes, beschlagenes Glas, senkte ihre langen Wimpern. »Aber da ist dieser Teil in ihm, der sich nicht durch die Rolle verdrängen läßt. Es bedeutet, daß du das Leben ablehnst, genau wie die Rolle, die du spielst – die Rolle des Transplantchirurgen . Irgendein kin d licher, unbewußter Teil deines Ichs lehnt die Gesellschaft anderer Menschen ab. «
    »Nun, ist das denn schlecht? « Er hatte versucht, seine Frage scherzhaft klingen zu lassen und diese pseudopsych o logische, langweilige Diskussion in unterhaltsamere Bahnen zu lenken … in Bahnen, um die seine Gedanken kreisten, sobald er ihre wohlgeformten blaßgrünen, bloßen Brüste ansah, die von innen heraus zu leuchten schienen.
    »Es ist unaufrichtig «, sagte Kathy.
    Als er das hörte, hatte er tief in seinem Innern Schmerz empfunden, und so auch jetzt. Der Maulwurf schien es zu bemerken.
    »Du betrügst deine Mitmenschen «, fuhr Kathy fort. »Zum Beispiel mich. « Mitleidig hatte sie dann das Thema gewec h selt. Er war erleichtert gewesen. Aber trotzdem – warum hatte es ihn so verletzt? Später, als sie geheiratet hatten, ve r langte Kathy von ihm, daß er seine Videosammlung in sein Arbeitszimmer schaffen sollte. Sie behauptete, es würde sie stören, wenn sich die Bänder in den von ihnen beiden b e wohnten Räumen ihres Konap befanden. Aber sie wußte nicht – oder sagte es zumindest nicht –, wieso sie davon so irritiert wurde. Und wenn er an den Abenden den alten Drang verspürte, seine Bänder abzuspielen, beschwerte sich Kathy.
    »Warum? « fragte der Maulwurf.
    Er wußte es nicht; er hatte es damals nicht verstanden und verstand es auch jetzt noch nicht. Aber es war ein unheilve r kündendes Zeichen gewesen; er bemerkte ihre Abneigung, doch die Bedeutung entging ihm, und sein Unvermögen, die Einflüsse zu durchschauen, die sein Eheleben bestimmten, machte ihn tief unglücklich.
    In der Zwischenzeit war er durch Kathys Vermittlung von Virgil Ackerman eingestellt worden. Seine Frau hatte es ihm ermöglicht, einen bemerkenswerten Schritt nach vorn in der ökonomischen und sozialen Hierarchie des Lebens zu m a chen. Und natürlich war er ihr dankbar dafür; wie hätte es auch anders sein können? Damit war sein Ehrgeiz befriedigt gewesen.
    Die Art, wie er das erreicht hatte, war ihm nicht übermäßig wichtig erschienen; viele Frauen halfen ihren Ehemännern dabei, Karriere zu machen. Und umgekehrt. Und dennoch …
    Es ärgerte Kathy. Obwohl es ihre Idee gewesen war.
    »Sie hat Ihnen Ihre Stellung besorgt? « fragte der Mau l wurf stirnrunzelnd. »Und danach hielt sie es Ihnen vor? Allmählich beginne ich zu verstehen. « Sein Gesicht hatte sich verfinstert.
    »Eines Nachts, als wir schon im Bett waren …« Er ve r stummte; es fiel ihm schwer weiterzusprechen. Es ging nur ihn etwas an. Und es war zu unangenehm.
    »Ich möchte, daß Sie mir davon erzählen «, verlangte der Maulwurf. »Alles. «
    Er zuckte die Achseln. »Nun – sie sagte, sie sei es müde, weiter mit einer Lüge zu leben. Natürlich meinte sie mit der ›Lüge‹ meine Stellung. «
    Nackt hatte sie im Bett gelegen, ihr weiches Haar kräuse l te sich über ihre Schultern – damals hatte sie es noch länger getragen –, da sagte sie plötzlich: »Du hat mich nur geheir

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