Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Warte auf das letzte Jahr

Warte auf das letzte Jahr

Titel: Warte auf das letzte Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
existieren nicht mehr. Aber die Bücher und die Stühle … alles andere ist noch vorhanden. Also, mit wem rede ich e i gentlich? Sagte da jemand etwas? « Er blickte sich um, aber es war deutlich, daß er keinen von ihnen sehen konnte.
    »Meine Brustwarzen beobachten weder Sie noch irgend jemand anders «, wurde Hastings von Kathy Sweetscent ve r sichert.
    »Ich kann Sie nicht mehr hören «, stieß Chris panikerfüllt hervor. »Antworten Sie! «
    »Wir sind hier «, erklärte Simon Ild und kicherte.
    »Bitte «, sagte Chris, und seine Stimme klang flehentlich.
    »Sagen Sie etwas; ich sehe nur Schatten. Alles … alles ist leblos. Nur die toten Gegenstände sind geblieben. Und es fängt erst an – ich fürchte mich vor dem, was noch kommen wird, aber ich kann nichts dagegen unternehmen. «
    Marm Hastings legte Chris Plout seine Hand auf die Schulter.
    Und die Hand glitt durch ihn hindurch.
    »Nun «, bemerkte Kathy Sweetscent mit leiser, humorl o ser Stimme, »das Zeug scheint doch seine fünfzig Dollar wert zu sein. « Sie stand auf und näherte sich Chris.
    »Versuchen Sie es nicht «, bat Hastings sanft.
    »Doch «, erklärte sie. Und ging durch Chris Plout hi n durch. Aber sie erschien nicht auf der anderen Seite. Sie war verschwunden; nur Plout war noch da, und er flehte noch immer um Antwort, tastete mit den Händen nach seinen G ä sten, die er nicht mehr sehen konnte.
    Isolation, dachte Bruce Himmel. Wir sind voneinander abgeschnitten. Schrecklich. Aber – es geht vorbei. Oder nicht?
    Er wußte es nicht. Und bei ihm hatte die Wirkung noch nicht einmal eingesetzt.
     
    »Diese Schmerzen «, krächzte UNO-Generalsekretär Gino Molinari , »peinigen mich meistens in der Nacht. « Er lag auf der großen, roten, handgearbeiteten Couch im Wohnzimmer von Virgil Ackermans 35er Wash-Apartment. Seine Augen hatte er geschlossen; das breite, fleischige Gesicht wirkte eingefallen, und die stoppeligen Wangen zitterten, während er sprach. »Ich bin schon untersucht worden; Dr. Teagarden ist mein Leibarzt. Er hat unzählige Tests vorgenommen, vor allem im Hinblick auf bösartige Geschwülste. «
    Es klingt, als hätte er das auswendig gelernt, dachte Eric. Seine Wortwahl wirkt fremd. Diese Sätze hat er schon ta u sendmal zu tausend verschiedenen Ärzten gesagt. Und – er leidet trotzdem.
    »Es gibt keine Geschwülste «, fuhr Molinari fort. »Rein medizinisch gesehen bestehen da keine Zweifel, wie mir von kompetenter ärztlicher Seite versichert wurde. « Mit seinen Worten, erkannte Eric plötzlich, verspottete er die übliche pompöse Ausdrucksweise der Mediziner. Der Maulwurf schien allen Ärzten feindselig gegenüberzustehen, da es i h nen nicht gelungen war, ihm zu helfen. »Gewöhnlich lautet die Diagnose auf akute Gastritis. Oder man stellt eine krampfartige Verengung des Magenausgangs fest. Oder gar eine hysterische Spätreaktion auf die Geburtswehen, die meine Frau vor drei Jahren ertragen mußte. « Halb zu sich selbst fügte er hinzu: »Kurz vor ihrem Tod. «
    »Was essen Sie für gewöhnlich? « wollte Eric wissen.
    Mühsam öffnete der Maulwurf die Augen. »Was ich e s se? Ich esse nicht, Doktor. Absolut nichts. Die Luft ernährt mich; haben Sie das nicht gewußt? Ich brauche keine Spe i sen zu mir zu nehmen wie die gewöhnlichen Sterblichen. Ich bin anders. « Seine Stimme klang eindringlich und sogar leicht verbittert.
    »Belastet Sie das? « fragte Eric.
    Der Maulwurf starrte ihn an. »Sie glauben, daß mein Le i den psychosomatischer Natur ist – nach dieser altmodischen Pseudowissenschaft , die es darauf anlegt, die Menschen m o ralisch verantwortlich für ihre Krankheiten zu machen? « Er spuckte wütend aus; sein Gesicht verzerrte sich, und unve r mittelt war seine Haut nicht mehr schlaff und wabbelig, sondern straff gespannt, als ob sie von innen heraus aufg e blasen würde. »Ich rede mir das alles nur ein, um mich der Verantwortung meines Amtes zu entziehen, eh? Hören Sie, Doktor, ich trage noch immer die Verantwortung – daran ändern auch die Schmerzen nichts. Halten Sie mich deshalb für neurotisch? «
    »Nein «, erklärte Eric. »Aber wie dem auch sei, ich bin nicht qualifiziert, psychosomatische Leiden zu kurieren; Sie müßten sich an …«
    »Da war ich schon «, unterbracht ihn der Maulwurf. Mit einem Satz war er auf den Beinen, stand schwankend da und blickte Eric ins Gesicht. »Holen Sie Virgil zurück; es ist sinnlos, daß Sie weitere Zeit damit verschwenden, mich zu untersuchen.

Weitere Kostenlose Bücher