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Warte auf das letzte Jahr

Warte auf das letzte Jahr

Titel: Warte auf das letzte Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Streitkräfte im Krieg gegen die Riegs.
    Seine Hose stand offen.
     

 
3
     
    In der Frühstückspause verließ Bruce Himmel, verantwortlich für die Qualitätskontrolle in der Abteilung Endfertigung der Tijuana Fur & Dye Corporation, seinen Arbeitsplatz und schlenderte durch die Straßen von Tijuana zu dem Cafe, wo er gewöhnlich aß, da es dort am billigsten war. Das Xanthus, ein kleines gelbes Holzhaus, das zwischen zwei Gebäude aus Luftziegeln gequetscht war, in denen sich mehrere Textilgeschäfte einquartiert hatten, besaß große Anziehungskraft auf die in der Umgebung beschäftigten Angestellten und auf eine Anzahl sonderbarer Menschen von zumeist fünfundzwanzig, dreißig Jahren, bei denen es unerfindlich blieb, wie sie ihren Lebensunterhalt verdienten. Aber sie ließen Himmel in Ruhe, und das war alles, wonach er sich sehnte. Um es genau zu sagen, verlangte er vom Leben auch nicht mehr. Und merkwürdigerweise erfüllte ihm das Leben diesen Wunsch.
    Während er in einer Nische saß und seinen Teller mit den gepfefferten weißen Bohnen auslöffelte und hin und wieder in die klebrige, helle, dicke Brotscheibe biß, die er aus dem Korb genommen hatte, beugte sich plötzlich jemand zu ihm hinunter. Es war ein Angelsachse mit wirrem Haar, bekleidet mit einer Lederjacke, Jeans, Stiefeln und Handschuhen, alles in allem ein altmodisch herausgeputzter Mann, der an diesem Orte seltsam fehl am Platze wirkte. Es war Christian Plout, der in Tijuana ein altertümliches, turbinengetriebenes Taxi fuhr; seit ungefähr zehn Jahren versteckte er sich in Niederkalifornien vor den Behörden von Los Angeles, die wegen des Verkaufs von Capstene nach ihm fahndeten, einer Droge, die aus dem Fliegenpilz gewonnen wurde. Himmel kannte ihn flüchtig, da Plout wie er dem Taoismus zugeneigt war.
    »Salve, amicus«, intonierte Plout und ließ sich Himmel gegenüber auf einen Stuhl fallen.
    »Hallo«, murmelte Himmel und schob sich einen neuen Löffel heißer Bohnen in den Mund. »Was gibt’s Neues?« Plout war bekannt dafür, alles besorgen zu können. Tagsüber kutschierte er mit seinem Taxi durch Tijuana, und man konnte darauf wetten, daß er jeden in der Stadt kannte. Wenn es etwas Neues gab, dann hatte Plout bereits davon erfahren und vermutlich schon versucht, Gewinn daraus zu schlagen. Im Grunde war Plout ein einziges Bündel aus Nebengeschäften.
    »Hören Sie«, begann Plout und beugte sich nach vorn, während sich sein sandfarbenes, trockenes Gesicht in tausend Fältchen legte, »ich habe hier etwas für Sie. Schauen Sie sich das an!« Er öffnete seine Hand und ließ eine Kapsel über den Tisch rollen; mit einem Mal griff er wieder danach, und so schnell, wie sie aufgetaucht war, so schnell verschwand sie auch wieder.
    »Aha.« Himmel nickte und aß weiter.
    »He, he«, flüsterte Plout. »Mann, das ist JJ-180.«
    »Was ist das?« Mißtrauen keimte plötzlich in Himmel auf; er wünschte, Plout würde aus dem Xanthus verschwinden und nach anderen Kunden Ausschau halten.
    »JJ-180«, wiederholte Plout mit fast unhörbarer Stimme, und er beugte sich noch weiter nach vorn, so daß seine Nasenspitze fast Himmels Gesicht berührte. »JJ-180 ist die deutsche Bezeichnung für eine Droge, die in Südamerika unter dem Namen Frohedadrin verkauft wird. Ein deutsches Chemieunternehmen hat sie entwickelt; vertrieben wird sie von ihrem argentinischen Zweigwerk. In die USA darf sie nicht eingeführt werden. Um es genau zu sagen – selbst hier in Mexiko ist nur schwer ranzukommen. Glauben Sie’s mir.« Er lächelte, entblößte seine unregelmäßigen gelblichen Zähne. Selbst seine Zunge, erkannte Himmel mit plötzlichem Widerwillen, war sonderbar verfärbt, als sei sie von irgendeiner künstlichen Substanz angegriffen. Angeekelt rückte er ein wenig vom Tisch ab.
    »Ich dachte immer, daß hier in Tijuana alles erhältlich sei«, brummte Himmel.
    »Das dachte ich auch. Darum war ich auch so heiß auf JJ-180 und habe mir etwas von diesem Zeug besorgt.«
    »Haben Sie es schon probiert?«
    »Heute nacht werde ich die Droge testen«, erklärte Plout. »In meiner Wohnung. Ich habe fünf Kapseln besorgen können, und eine davon ist für Sie bestimmt. Falls Sie interessiert sind.«
    »Wie ist die Wirkung?« Irgendwie faszinierte ihn die Idee.
    Plout schaukelte leicht hin und her. »Man bekommt Halluzinationen. Aber das ist nicht alles. Es krempelt einen vollkommen um, bläst die Spinnweben aus dem Gehirn. Kosmisch, Mann.« Seine Augen glitten hin

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