Warte auf das letzte Jahr
in Wirklichkeit ist es eine Chance.
»Laß das Radio eingeschaltet«, wies sie das Taxi an. »Und fliege weiter.« Aufmerksam lauschte sie dem Rührstück, während das Taxi sanft durch die Luft glitt.
8
Es schien unmöglich, doch plötzlich war es Tag geworden. Und auch das Automatentaxi begriff das Unglaubliche dieses Vorgangs: etwas wie Schmerz schwang in seiner Stimme mit, als es Kathy zurief: »Dort unten auf der Straße, Miss! Ein altertümliches Fahrzeug, das es eigentlich gar nicht geben dürfte!« Das Taxi verlor an Höhe. »Sehen Sie selbst! Schauen Sie sich das an!«
Kathy blickte nach unten. »Ja«, nickte sie. »Ein Ford Modell A aus dem Jahre 1932. Du hast recht; seit Generationen wird dieses Modell nicht mehr gebaut.« Sie dachte angestrengt nach. »Lande«, befahl sie dann.
»Wo?« Zweifellos gefiel dem Automatentaxi dieser Vorschlag nicht.
»Dort vorn in der Stadt. Auf diesem Dach da.« Ruhe hatte sie überkommen. Und sie wußte: Es lag an der Droge. Und nur an der Droge. Alles würde nur so lange dauern, wie die Droge den Stoffwechsel ihres Gehirns steuerte; JJ-180 hatte sie ohne Vorankündigung hierher versetzt, und vermutlich würde JJ-180 sie ebenso abrupt in ihre eigene Zeit zurückbringen.
»Ich werde mich nach einer Bank umsehen«, sagte Kathy laut. »Und Geld von meinem Konto abheben. Und danach …« Und dann begriff sie, daß sie in dieser Zeit kein Konto besaß; es gab für sie keine Möglichkeit, zu Geld zu kommen. Was konnte sie also tun? Nichts? Vielleicht Präsident Roosevelt anrufen und ihn vor Pearl Harbor warnen, dachte sie sarkastisch. Den Lauf der Geschichte ändern. Dafür sorgen, daß man in einigen Jahren die Atombombe nicht entwickelt.
Sie war hilflos – und dennoch von ihrer potentiellen Macht wie gelähmt; und dies war kein angenehmes Gefühl. Sollte sie irgendwelche antiken Gegenstände mit zurück in die Gegenwart für das 35er Wash nehmen? Oder eigene Nachforschungen anstellen und gewisse historische Kontroversen beilegen? Greta Garbo entführen und sie den Rest ihres Lebens in dem marsianischen Babyland verbringen lassen? Das würde Virgils Kindheitswelt mit Sicherheit noch glaubwürdiger erscheinen lassen.
»Virgil Ackerman«, sagte sie langsam, »ist zu dieser Zeit noch ein kleiner Junge. Sagt dir das irgend etwas?«
»Nein«, gestand das Taxi.
»Es verleiht mir ungeheure Macht über ihn.« Sie öffnete ihre Geldbörse. »Ich werde ihm etwas schenken. Meine Münzen, meine Geldscheine.« Und ihm zuflüstern, wann die Vereinigten Staaten in den Krieg eintreten, dachte sie. Er wird dieses Wissen später irgendwie verwenden können … ja, er wird eine Möglichkeit finden; er war schon immer gerissen, viel gerissener als ich. Gott, dachte sie, wenn ich doch nur wüßte, wie ich ihm helfen kann! Soll ich ihm raten, Aktien von irgendeiner Firma zu kaufen? Von General Dynamics? In jedem Boxkampf auf Joe Louis zu setzen? Grundstücke in Los Angeles zu erwerben? Was kann man einem acht- oder neunjährigen Jungen raten, wenn man genau über den exakten Verlauf der nächsten einhundertzwanzig Jahre informiert ist?
»Miss«, meldete sich das Taxi kläglich zu Wort, »ich muß Ihnen leider mitteilen, daß meine Energievorräte allmählich zur Neige gehen; wir befinden uns schon zu lange in der Luft.«
Erschrocken fuhr sie auf. »Aber du müßtest doch noch Reserven für fünfzehn Stunden haben.«
»Die sind fast aufgebraucht«, gab es widerstrebend zu. »Es ist meine Schuld; tut mir leid. Als Sie mich bestellt haben, befand ich mich gerade auf dem Weg zur Wartungsstation.«
»Du verdammter Schrotthaufen«, stieß sie wütend hervor.
Also gab es keine Möglichkeit, Washington D.C. zu erreichen; sie befanden sich mindestens tausend Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Und in dieser Zeit war das hochwertige, superraffinerierte Protonex noch nicht entwickelt worden, von dem das Taxi angetrieben wurde. Doch plötzlich wußte sie, was sie tun mußte. Unbeabsichtigt hatte das Taxi sie auf diese Idee gebracht. Protonex war der ergiebigste Kraftstoff, den es jemals gegeben hatte – und man gewann ihn aus Meerwasser. Sie brauchte nur eine Probe Protonex an Virgil Ackermans Vater schicken, ihm auftragen, es zu analysieren und ein Patent darauf anzumelden.
Aber sie hatte keine Möglichkeit, irgend etwas zu verschicken, fehlte ihr doch das Geld, um Briefmarken zu kaufen. In ihrem Portemonnaie befanden sich zwar einige zerknitterte Briefmarken, doch natürlich
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