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Warten auf den Monsun

Warten auf den Monsun

Titel: Warten auf den Monsun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Threes Anna
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Arbeit.
    Und die Frauen und das Fest …
    Es gibt sicher einen anderen Schneider.
    Den gibt es nicht.
    Es gibt immer einen anderen.
    Nicht hier.
    Auch hier.
    Du kannst nicht einfach fortgehen.
    Warum nicht?
    Sie würden es mir übelnehmen.
    Wer?
    Die Frauen.
    Das werden sie nicht.
    Du kennst sie nicht.
    Ich kenne Frauen. Ich arbeite immer für Frauen. Sie werden dich verstehen.
    Verstehst du mich auch?
    Ja.
    Warum reden wir eigentlich? Was tun wir hier?
    Du wolltest mir den Stoff zeigen. Er hielt die glänzende rote Seide in der Hand.
    »Steht mir Rot wirklich?« fragte sie leise.
    Er nickte. Weißt du, was dir nicht steht?
    Charlotte kam langsam wieder näher.
    Er zog ein Stück beigefarbener Baumwolle hervor. Das hier. Wieder fuhr seine Hand in den Haufen, um einen khakifarbenen Stoff hervorzuholen. Und so was hier.
    Sie riß ihm die beiden Tücher aus der Hand, warf sie sich mit Schwung über die Schultern und zog sie straff um sich, so daß sie wie eine Uniformjacke aussahen. Plötzlich durchbrach grauenhaftes Geschrei die nächtliche Stille. Vater! Sie nahm den Schlüssel vom Haken, schloß die Tür auf und rannte hinein.
    Der alte Mann brüllte so markerschütternd, daß Madan sich am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Noch mit dem khakifarbenen Stoff um den Oberkörper bückte sich Charlotte schnell unter das Moskitonetz, das wie ein schlaffes Zelt um das eiserne Bett hing.
    »Ganz ruhig, ich bin ja da«, sagte sie zu ihrem Vater.
    Er sah sie angstvoll an und versuchte sich aus den Gurten zu winden, mit denen er ans Bett geschnallt war. »Geh weg!« flehte er. Seine gelähmten Beine lagen still, aber sein ganzer Oberkörper kämpfte mit einer Kraft, die man bei einem Mann von vierundneunzig nicht erwartet hätte. Er schluchzte, röchelte und stöhnte laut, während er seine Tochter mit bangem Blick ansah.
    »Ganz ruhig«, sagte sie noch einmal beschwörend.
    »Nicht ich. Ich nicht.« In seiner Stimme lag panische Angst.
    »Ganz ruhig, Vater.«
    »Vater?! Ich habe kein Kind. Geh weg!« schrie er gellend.
    Madan bückte sich auf der anderen Seite des Bettes unter das Moskitonetz. Als Victor ihn sah, hörte er auf zu kreischen. Er keuchte erschöpft, während sein Körper noch zuckte und bebte. Allmählich atmete er wieder normal – aber sein Blick war weit weg.
    »Erschieß sie«, flüsterte er.
    Charlotte erschrak.
    Madan rührte sich nicht.
    »Schieß«, schnaubte ihr Vater. »Sie sind überall. Wir müssen sie erledigen.«
    Charlotte wollte sich über ihn beugen, um ihn zu beruhigen, aber er brüllte gleich wieder los. »Schieß! Jetzt schieß doch endlich!«
    Madan ging ums Bett herum zu Charlotte und stellte sich neben sie.
    »Sie hat sich getarnt, das siehst du doch!« rief er. »Sie ist eine Spionin.«
    Madan zog ihr in aller Ruhe den Khakistoff herunter und reichte ihn dem alten Mann.
    Der rief: »Siehst du? Hab ich’s nicht gesagt?« Er zog den Stoff über sich und begann zu lachen.
    Charlotte, an die unvorhersehbaren Anfälle ihres Vaters gewöhnt, beugte sich zu ihm herab. »Hattest du einen schlimmen Traum?«
    »Traum? Ich habe mein Lebtag nicht geträumt, noch nie.«
    »Möchtest du Wasser trinken?«
    »Ja. Ich komme um vor Durst. Warum kriege ich immer diese Armeedecken?« Er schob den khakifarbenen Stoff weg. »Viel zu warm!«
    Charlotte gab ihm die Flasche mit dem Sauger.
    Er begann völlig gelöst zu nuckeln.
    Charlotte und Madan blickten auf seine eingefallenen Wangen, den gierigen Blick in den Augen, die grauen Haare, den drahtigen Leib und die zerbrechlichen, dünnen Beine, die schon seit dreißig Jahren nutzlos an seinem Körper hingen.
    Er schob mit der Zunge den Sauger aus dem Mund. »Ist sie deine Geliebte?« fragte er Madan.
    Charlotte errötete.
    Madan schüttelte den Kopf.
    »Nein?« fragte er erstaunt.
    »Vater, das ist Madan, er ist der Schneider.«
    »Halt den Mund. Lüg mich nicht an.«
    »Ich lüge nicht.«
    »Dieser Mann ist kein Schneider.«
    »Vater, trink noch was.«
    Victor drehte sich zu Madan und sah ihn lange an. »Woher kommst du?«
    Charlotte wollte etwas sagen, aber Madan zuckte mit den Schultern.
    »Aus welcher Familie stammst du?«
    Wieder zuckte Madan mit den Schultern.
    »Sagst du das jetzt, weil ich ein Habenichts bin und keine müde Rupie mehr besitze?«
    Die beiden Männer sahen einander an, lange und ohne sich zu bewegen. Sie blinzelten nicht mal mit den Augen.
    Charlotte fühlte sich immer unbehaglicher. Sie faltete den Khakistoff umständlich

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