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Warum aendert sich alles

Titel: Warum aendert sich alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Brandt
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er den Kampf gegen die Freier im eigenen Haus vor. Er wird nicht von dem einen Ägisth brutal mit der Axt erschlagen, sondern er besiegt mit Telemach die vielen Ägisthe, die 108 Freier, mit Lanzen und Pfeilen. Man sieht den allmählichen Aufstieg der Wiedererkennung vom Hund über die Magd und die Narbe am Bein, das Niederboxen des Bettlers bis zum offenen Kampf mit den Fernwaffen der Adligen. Hätte Agamemnon doch die Odyssee lesen können!
    Kompositorisch gelingt es Homer auf diese Weise, am Anfang des Epos auf das Ende hinzuweisen, so daß die unendlich vielen Erzählungen zu einer Einheit zusammengefaßt werden. Dies ist möglich, weil der allwissende Zeus nicht nur um die Heimkehr des Odysseus nach Ithaka weiß, sondern am Anfang der Odyssee auch schon deren Ende kennt, und von Zeus weiß es die Muse, die es Homer sagt, in dessen Dichtung dies steht.«
Vom Wandel der Träume
    In den guten alten Traumzeiten träumten die Menschen von dem, was ihnen bevorstand; die persönliche Zukunft sandte ihre Glücks- und Katastrophenboten in der Nacht, wenn die Seele nicht mit den Quisquilien des jeweiligen Alltags von gestern und vorgestern beschäftigt war. Der Traum warnte und verhieß das Kommende, weil er die Seele aus dem dunklen Land des Noch-nicht besuchte. Jeder Traum hatte Teil an den großen Träumen der Seher und Propheten, die die Botschaften des entrückten, aber zukunftsmächtigen Gottes enthielten. Die modernen Träume haben dagegen diese Weisungskraft verloren und sind zu Schatten und Reflexen und Dienern der Vergangenheit geworden, ihnen wird die Mühe aufgebürdet, die seelischen Verletzungen des Träumers in seiner nächtlichen Seelenhydraulik hoch- und hinunter zu pressen und mühevolle Traumarbeit zu leisten. Aus den Orakelnund Prophezeiungen ist ein profaner Seelenservice geworden, eine Buchhaltung für den Analytiker, der mich zurückrechnet in die Vergangenheit, die meine Seele gerne vergessen hätte.
Achill
    Die Menschen haben heute aus guten und schlechten Gründen das Interesse an den Toten verloren und verweigern ihnen, den Toten, selbst das Nicht-Dasein als bloßer Schatten. Als die Toten trotz ihrer Armut und Ohnmacht noch die Unterwelt bewohnen durften, wagten sich kühne Männer hinab zu ihnen: Herakles, Orpheus, Odysseus, und, ihnen nacheifernd, Christus aus dem Vorderen Orient und Dante, der Florentiner. Der tote Achill teilte Odysseus bei dessen Besuch in der Unterwelt etwas Erstaunliches mit: »Preise mir jetzt nicht tröstend den Tod, ruhmvoller Odysseus. / Lieber möcht ich fürwahr dem unbegüterten Landmann, / Der nur kümmerlich lebt, als Tagelöhner das Feld baun, / Als die ganze Schar vermoderter Toter beherrschen.« (XI, 488–491) Es muß nach Achill etwas am menschlichen Leben sein, das ihm einen Wert und einen Sinn gibt, einfach so, wie immer die äußeren Umstände uns mißhandeln. Die Frage, die den bei all seinen Fahrten und Höllenfahrten am Ende doch oberflächlichen Odysseus nicht interessierte, war: »Worin, Achill, besteht deiner Meinung nach das Lebenswerte des Lebens als solchen?« Hätte Odysseus nur Geduld gehabt, hätte er Achill nur gefragt! Würde Achill dem verzweifelten Selbstmörder raten, auf jeden Fall am Leben zu bleiben? Hatte Achill eine Antwort auf die Frage, warum niemand das eigene Leben als Kopie noch einmal leben möchte? Einige Kommentare nehmen an, Achill beziehe sich darauf, daß in der Unterwelt alles gleichgültig werde; selbst der unendliche irdische Schmerz an Körper und Seele sei eine sublime Freude gegenüber der alles erfassenden Gleichgültigkeit in Ewigkeit.
Gemischte Gefühle
    Die Attraktion des Brutal-Schrecklichen beim Besuch der Gladiatorenkämpfe schildert auch der heilige Augustin in seinen Konfessionen . Hier findet man die Vorformen des Unfall-Tourismus – jeder möchte das Schreckliche mit eigenen Augen sehen, aber selbst ungefährdet sein.
    Diese anthropologische Beobachtung läßt sich auf Tiere ausdehnen: Spielende Hunde wollen ebenso wie kleine Kinder erschreckt werden, immer noch einmal, aber nur zum Schein. Delightful horror.
Über den Erfolg der Schwäche
    Â»Nothing succeeds like success«; aber das Gegenteil steht dem Erfolg hierin nicht nach, der Mißerfolg produziert einen Mißerfolg nach dem anderen, dem Straucheln folgt das neue Straucheln auf den Fuß, die

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