Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?
Papa das niemals machen würde?
Weil – der Todesstern wäre zu teuer.
Teuer schon, aber vielleicht nicht zu teuer. Ich habe noch einen wichtigeren Grund dabei. Du würdest doch zum Beispiel gerne ein toller Fußballer werden. Warum eigentlich? Wegen mir, um mich zu beeindrucken?
Nein, nicht.
Sondern?
Sondern, weil ich es selber will.
Weil du dir vorstellst, dass es toll für dich sein würde, ein super Fußballer zu sein?
Ja, genau. Das wäre toll.
Es gibt also noch einen zweiten Grund, warum man sich anstrengt: weil man es selber will.
Wir haben also eine neue philosophische Einsicht:
Es gibt zwei verschiedene Gründe, warum man motiviert ist, etwas zu tun. Einmal, weil man es selbst will. Und ein anderes Mal, weil man dafür belohnt wird. Wird man aber immer belohnt, so kann es sein, dass man irgendwann gar nicht mehr weiß, was man selbst will.
Manchmal geht es bei dem, was wir tun, auch gar nicht um Belohnungen. Sondern es geht darum, dass andere uns bestrafen, wenn wir etwas nicht tun. Zum Beispiel, wenn wir uns an wichtige Regeln des Zusammenlebens nicht halten. Etwa, weil wir gegenüber anderen unfair sind. Aber was ist das eigentlich – » fair« sein? Um über diese Frage nachzudenken, gehen wir morgen zu einem anderen Ort, an dem man sich als Kind so richtig austoben kann …
= Was ist fair?
Auf dem »Kolle 37«
Was ist fair?
Unter allen Spielplätzen, die Oskar in Berlin kennt, gibt es einen absoluten Lieblingsort: Es ist der » Kolle 37 «. Sein Name kommt daher, weil er sich auf dem Gelände der Kollwitzstr. 37 befindet, am Prenzlauer Berg. Es ist kein Spielplatz wie jeder andere, sondern ein perfekter Abenteuerspielplatz. Schon in der Zeit der DDR standen hier Spielwagen, in denen die Kinder herumtoben konnten. Ein Jahr nach dem Fall der Mauer gründete sich ein Verein und sorgte dafür, dass ein Spielplatz für Kinder geschaffen wurde, an dem sie sich frei ausleben, basteln und bauen können. Es sollte kein fertiger Spielplatz sein, sondern die Kinder sollten sich den Ort selbst gestalten. Auf dem Baugelände haben Erwachsene keinen Zutritt. Nur ein oder zwei Betreuer kümmern sich ein wenig um sie, geben ihnen Baumaterial und Ratschläge. Mit Brettern und Hammer, Nägeln und Sägen ausgerüstet, gehen die Kinder hier selbst zu Werke. Das bisherige Ergebnis sind tolle Hütten, die meisten sogar mehrstöckig. Wer nicht bauen will, kann hier prima das Pippi-Langstrumpf-Spiel spielen: » Keiner darf den Boden betreten«. Von einer Hütte zur anderen zu klettern, ohne auf den Boden zu kommen, ist Oskars Lieblingsspiel. Dazu gibt es noch viele weitere Angebote: Es gibt eine Feuerstelle, man kann kochen und backen, töpfern, schmieden, tischlern, filzen und weben. Auch Tiere gibt es, die man als » Pate« betreuen kann: Meerschweinchen, Hasen und Kaninchen. Der Verein, der sich um den Kolle 37 kümmert, möchte den Kindern damit helfen, dass sie Verantwortung lernen. Denn verantwortlich ist man hier als Kind für vieles. Nicht nur dafür, dass die Tiere gefüttert sind und die Ställe gereinigt – man muss auch sehen, dass man mit den anderen Kindern klarkommt und sich nicht um das Baumaterial streitet oder sich an den Hütten vergreift, an denen die anderen Kinder arbeiten. Kurz gesagt: Die Mütter und Väter, die sich um den Bauspielplatz kümmern, möchten, dass es hier fair zugeht. Aber was heißt das eigentlich – » fair«?
Weißt du, was das Wort » fair« bedeutet?
Also, unfair ist zum Beispiel, wenn es zwanzig Fußballspieler gibt, bei denen zehn gut sind und zehn schlecht. Und die guten spielen dann zusammen gegen die schlechten.
Du meinst, FC Barcelona gegen 1 . FC Köln – das ist unfair?
Ja, wenn nur gute gegen nur schlechte spielen. Das wäre zum Beispiel ganz, ganz unfair.
Ja, das wäre unfair. Aber woher wissen Menschen eigentlich, was fair ist und was nicht? Goldfische wissen das doch bestimmt nicht. Menschen dagegen schon.
Na ja, aber nicht alle Menschen sind ja fair …
Könnten denn alle Menschen fair sein? Ist da etwas im Menschen drin, das einen fair macht?
Glaub ich nicht, Papa.
Nun, dann erzähle ich dir eine Geschichte …
Sind Menschen von Natur aus » fair«? Ein Mann, der sich mit dieser Frage ganz lange beschäftigt hat, ist der Niederländer Frans de Waal. Er ist ein Verhaltensforscher und beobachtet Affen. Denn wenn unsere nächsten Verwandten im Tierreich etwas können, vielleicht können wir das dann auch. Seine berühmtesten Experimente machte er vor zehn
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