Warum hab ich ihn gekuesst
gewandt. „Ihr könnt ihn nicht zufällig eine Nacht bei euch aufnehmen, oder?"
„Natürlich können wir das", versicherte Helen, bevor Kirsty protestieren konnte.
„Schließlich hattet ihr bisher kaum Gelegenheit, eure Verlobung zu feiern", fügte sie mit einem neckenden Lächeln hinzu.
„Wir sind nicht..." Wir sind nicht verlobt, hatte Kirsty sagen wollen, doch wieder einmal kam Drew ihr zuvor.
„Wir sind euch sehr dankbar", meinte er. „Hör mal, Schatz, mein Wagen steht am Ende der Auffahrt, weil ich so spät gekommen bin. Also, warum wartest du hier nicht mit Helen und Simon, während ich ihn hole? Es dauert nicht lange."
Sehr clever, dachte sie außer sich vor Wut, als er davonging. Jetzt würde sie ihm nicht sagen können, dass sie nicht bei ihm einsteigen würde - selbst wenn es bedeutete, dass sie zu Fuß nach Hause gehen müsste.
„Drew hat einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, stimmt's?" fragte Helen versonnen, sobald er außer Hörweite war. „Ich nehme an, das rührt aus seiner Kindheit her. Er hat mir mal erzählt, dass er niemals heiraten würde, weil er selbst erlebt hat, wie traumatisch es für ein Kind ist, wenn seine Eltern es verlassen. Natürlich spricht er nicht viel darüber, aber Sie wissen ja selbst, wie schnell solche Dinge in der Theaterwelt bekannt werden, und ein Mann in seiner Position ist Klatsch so stark ausgesetzt. Man kann ihn sich schwer als verletzliches, einsames Kind vorstellen, stimmt's?"
Verletzlich? Einsam? Drew Chalmers? Und ob, dachte Kirsty. Und sie hätte gern gewusst, was Helen genau meinte, konnte sie allerdings schlecht fragen. Offenbar nahm Helen an, als seine Verlobte wüsste sie, Kirsty, alles über Drew.
Nur war sie nicht seine Verlobte, und abgesehen von ihren bisherigen Befürchtungen, hatte sie auch keine Ahnung, warum er sie als solche ausgab.
„Da ist er ja", bemerkte Helen, so dass Kirsty widerwillig dem sich nähernden Sportwagen entgegenblickte.
„Irgendwie beneide ich Sie beide", waren ihre letzten Worte, als Helen sich bei ihrem Mann unterhakte und Drew die Beifahrertür öffnete. „Sie haben alles noch vor sich. Verlobungen sind etwas ganz Besonderes, obwohl einige Leute sie heutzutage für altmodisch halten. Schade, finde ich."
Kirsty bedankte sich bei Simon und ihr und rang sich dabei ein Lächeln ab, bevor sie einstieg und Drew Gas gab.
„Wohin fahren wir?" erkundigte sie sich wütend, als er am Ende der Auffahrt rechts statt links abbog. „Ich muss in die entgegengesetzte Richtung."
„Ich weiß", erwiderte er ruhig, „aber ich wohne in der Richtung, und wir müssen einiges besprechen, meinst du nicht?"
„Wenn ja, wessen Schuld ist das dann?" beschwerte sie sich. „Ich habe unsere Verlobung nicht bekannt gegeben."
„Beruhige dich. Ich sagte, wir werden darüber reden, und das werden wir auch. Jetzt muss ich mich aufs Fahren konzentrieren. Du brauchst keine Angst zu haben, Kirsty", fügte er leise hinzu. „Ich vergewaltige keine Frauen, falls du daran denkst. Es sei denn, du hast keine Angst vor mir, sondern vor dir selbst."
Was bildet dieser Kerl sich ein? überlegte Kirsty wutentbrannt. Was glaubte er denn, was sie tun würde? Dass sie sich ihm in die Arme werfen und ihn anflehen würde, er solle sie küssen? Niemals!
Unbewusst fasste sie sich an die Lippen und stellte dabei entsetzt fest, dass sie immer noch seine darauf zu spüren glaubte. Sie war schon vorher geküsst worden, verdammt!
Aber noch nie hatten die Küsse eines Mannes eine so verheerende Wirkung auf sie ausgeübt, wie sie sich eingestehen musste.
Schweigend fuhr Drew die Hauptstraße entlang, und unwillkürlich betrachtete sie seine schmalen und dennoch kräftigen Hände. Dann riskierte sie einen Blick auf sein Profil, das sie im Halbdunkel nur undeutlich sah. Er hatte den Mund zusammengepresst - ob aus Trotz oder aus Entschlossenheit, vermochte sie nicht zu sagen.
Wieder ging ihr durch den Kopf, dass er ein Mann war, dem man mit Vorsicht begegnen musste. Der Ausdruck in seinen Augen, die Art, wie er sich bewegte und sprach, signalisierten Gefahr. Da sie ihren Gedanken nachhing, merkte Kirsty zu spät, dass Drew die Stadt verlassen hatte, und drehte sich zu ihm um.
„Keine Sorge", erklärte er spöttisch, „ich entführe dich nicht." Er nahm eine scharfe Kurve und bog in eine schmale Straße ein, die von hohen, grasbewachsenen Böschungen mit Steinmauern darauf gesäumt war und sich als sehr kurvenreich erwies.
Schließlich
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