Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)
steht im 7. Kapitel des Propheten Jesaia . Dort wird in den Versen 1–9 berichtet: Gott schickt den Propheten Jesaia zum König Ahas (auch Achaz). Dieser ist erschrocken, weil er gehört hat, zwei feindliche Könige hätten sich gegen ihn verbündet und seien im Anmarsch. Der Prophet trifft den König bei Arbeiten, die der Wassersicherung im Fall der Belagerung dienen. Der Prophet beruhigt den König: Gott wird den Sieg der beiden Könige verhindern.
Die Verse 10 bis 17 desselben Kapitels erzählen weiter, Gott habe dem König Ahas ein Zeichen angeboten, damit der König dem beruhigenden Prophetenwort glauben kann. Ahas lehnt es ab, um ein Zeichen zu bitten. Er wolle Gott nicht ‹in Versuchung führen›. Darauf bietet Gott ihm von sich aus ein Zeichen an. Er verspricht ihm – ab Vers 14, jetzt in der Übersetzung der bischöflichen Einheitsübersetzung:
Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären, und sie wird ihm den Namen Immanuel geben.
Bevor das Kind Gut und Böse unterscheiden kann, wird das Land verödet sein, vor dessen Königen dir jetzt graut.
In Vers 14 gibt es ein Problem der Übersetzung: Wo von der zukünftigen Mutter die Rede ist, steht ‹alma› was nicht ‹Jungfrau› bedeutet, sondern: die unverheiratete Tochter, das Mädchen, aber auch: die junge verheiratete Frau. [13] Joseph Ratzinger fand sich zu dem Zugeständnis bereit, aus dem Wortlaut gehe «nicht ohne weiteres hervor», daß «dabei an eine Jungfrau im strengen Sinne gedacht sei» ( Einführung in das Christentum, S. 224). Mit vielem «Weiteren» machten Theologen aus der nicht-strengen Jungfrau dann doch eine «Jungfrau im strengen Sinne». Die alte griechische Übersetzung, die Septuaginta , war dazu behilflich, denn sie schrieb für das hebräische Wort parthenos , ‹Jungfrau›. Die lateinische Übersetzung, die Vulgata, lieferte: Ecce virgo concipiet , und die westlichen christlichen Ausleger folgten ihr: So kam die Weissagung der Jungfrauengeburt zustande. Aber nur, wenn man diesen Satz aus dem Zusammenhang riß. Dieser war: Ahas sollte Hoffnung schöpfen, weil er erfährt, die Koalition der Feinde werde zerbrechen, ehe das Kind groß ist, das die junge Frau jetzt erwartet. Gott spendet Trost in drohender Kriegsgefahr. Da hätte es keinen Sinn, daß der Prophet ein Hoffnungszeichen verspräche, das in vielen hundert Jahren als wunderbare Jungfrauengeburt eintreten wird. Der Prophet will den König jetzt beruhigen; die Geburt Jesu wird er nicht erleben. Ein Ausblick auf Christi Geburt nutzt ihm nichts in seiner Situation des drohenden Kriegsausbruchs mit zwei übermächtigen Gegnern.
Der Übersetzungsfehler mit der ‹Jungfrau› und die Interpretationsrohheit, den Zusammenhang auf sich beruhen zu lassen, sind seit dem 18. Jahrhundert aufgedeckt. Die historisch-kritische Analyse stieß auf erheblichen Widerstand. Dabei bestand sie nur darin, den Übersetzungsweg zu kontrollieren und den Zusammenhang von Jesaia 7,10–17 zu beachten. Nicht als verdanke das Motiv der Jungfrauengeburt sich allein einem Übersetzungsfehler. Diese mythische Vorstellung war in Ägypten und Griechenland verbreitet. Es gab psychologische Hemmungen, sich Maria beim Geschlechtsverkehr vorzustellen; die entgegengesetzte Legende wurde gern geglaubt, zumal in Mönchskreisen mit dem Ideal lebenslanger Jungfräulichkeit.
Schon im 2. Jahrhundert kämpften Christen gegen den Einwand, sie hätten die Idee der Jungfrauengeburt aus der paganen Dichtung übernommen. Zeus hatte mehrere Söhne aus einer Jungfrau erzeugt. Juden kritisierten die Christen, sie sollten sich schämen, solchen heidnischen Klatsch von Gott zu behaupten. Justin der Märtyrer überliefert solche Einwände in seinem Dialog mit dem Juden Tryphon (67, 2). Justin antwortete ihnen nicht so schlicht wie heute der Glaubenshüter Erzbischof Müller, der einfach dekretiert, das umgedeutete Jesaiazitat habe keine Bedeutung für die christliche Überzeugung von der Jungfrauengeburt gehabt. Justin sagte auch nicht, der Unterschied zwischen der christlichen Idee und den heidnischen Erzählungen sei dafür zu groß. Antike Christen wußten noch, daß Einzelheiten hier nicht zählten, denn Zeus kam einmal als Schwan zu Leda, ein andermal regnete er als goldener Regen auf die in einem unterirdischen Gewölbe eingesperrte Jungfrau Danae herab. Justin erwiderte daher eingehender und weniger schnippisch auf den jüdischen Einwand: Der Teufel kannte die Vorhersage
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