Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt
denke ich, dass wir gerade den Jackpot geknackt haben!« In Wirklichkeit aber bewirkte das Gesetz nur, dass die Hypothekengeber noch leichtsinniger wurden, als sie es ohnehin schon waren, denn es bot ihnen eine Versicherung für den Ernstfall. Und das führte zu Beginn der achtziger Jahre auf direktem Wege zu der Savingsand-Loan-Krise, die den amerikanischen Steuerzahler 124,6 Milliarden Dollar kostete. Mit diesem Gesetz begann eine zweieinhalb Jahrzehnte anhaltende Phase der konstanten Deregulierung und Lockerung der behördlichen Aufsicht – und jegliche Gesetzgebung, die darauf folgte, ging in dieselbe Richtung.
Diese allgemeine Flut der Deregulierung und Nicht-Regulierung hat Simon Johnson auf brillante Weise in dem schon erwähnten Artikel »The Quiet Coup« beschrieben. Johnson ist Professor am Massachusetts Institute of Technology und war früher Chefökonom des Weltwährungsfonds. In letzterer Funktion gehörte es zu seinen Aufgaben, in krisengeschüttelte Länder zu reisen und den dortigen Verantwortlichen den Kopf zu waschen. Als Preis für eine Unterstützung durch den Weltwährungsfonds mussten sie Reformprogramme einleiten. Aufdiesem Wege sammelte Johnson reichlich Erfahrung mit Ländern, die unter der Fuchtel einer herrschenden Elite standen, welche einzig und allein ihre eigenen Interessen verfolgte. Sein verblüffendes Fazit aus der heutigen Krise lautet, dass die USA sich nunmehr selbst in ein solches Land verwandelt haben. Während der Bankensektor immer reicher wurde, stiegen auch seine Macht und sein Einfluss auf die US-Regierung. Und die Banker scheuten sich keineswegs, beides geltend zu machen. Die gegenwärtige Krise wurde also von dem überzogenen Einfluss der Banker auf die politischen Entscheidungen der Vereinigten Staaten ausgelöst – was Johnson in der Überschrift seines Artikels »Quiet Coup«, stillen Staatsstreich nennt. Hier eine Zusammenfassung dessen, was die Banker damals verlangten und auch bekamen:
Diese Kombination aus Wahlkampffinanzierung, persönlichen Beziehungen und ideologischem Einfluss führte allein während der letzten zehn Jahre zu einer wahren Flut von politischen Deregulierungen, die uns rückblickend absolut erstaunlich vorkommen:
Man bestand auf einem freien Kapitalfluss über nationale Grenzen hinweg.
Die aus der Zeitder Weltwirtschaftskrise nach 1929 stammende Gesetzgebung zur Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken wurde aufgehoben.
Der Kongress sprach das Verbot aus, Credit Default Swaps ge Caul Aufgaben,setzlich zu regulieren.
Die den Investmentbanken erlaubte Leverage Ratio wurde signifikant angehoben.
Die Börsenaufsichtsbehörde wurde angehalten, bei der Durchsetzung der Vorschriften mit wesentlich leichterer (um nicht zu sagen unsichtbarer) Hand vorzugehen.
Man schloss ein internationales Abkommen, das es den Banken erlaubte, das eigene Risiko selbst zu bestimmen.
Man versäumte es weltweit, die Bankenregulierungen immer wieder auf den neuesten Stand zu bringen, und beraubte sich so der Möglichkeit, mit dem enormen Tempo der Finanzinnovationen Schritt zu halten. 42
Besonders schwer wog, dass man die Gesetzgebung aufhob, die aus der Zeit der Großen Depression, also der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre stammte. Infolge der Krise herrschte damals in der Bevölkerung eine große Wut auf die Banken und das Finanzsystem, und das führte wiederum zu mehreren Gesetzen, die verhindern sollten, dass es je wieder zu einem vergleichbaren Crash kam. Das ist ein immer wiederkehrendes historisches Muster: Eine Gesellschaft weist ihr Finanzsystem stets nur unter dem Eindruck einer besonders furchteinflößenden Krise in die Schranken. Und umgekehrt gilt das Gleiche: Wenn die Märkte florieren, dann führt das meistens zu einer Lockerung der Gesetzgebung und einer nachlässigeren Durchsetzung bestehender Regulierungen. Das Kernstück der aus der Weltwirtschaftskrise erwachsenen Gesetzgebung war das Glass-Steagall-Gesetz von 1933. Durch dieses Gesetz wurden das Investmentbanking (das Kasino, wo die Bank zu ihrem eigenen Vorteil Wetten abschließt) und das Privatkundengeschäft (das Sparschwein, wo ganz normale Bürger ihre Ersparnisse hinterlegen und andere normale Bürger Geld ausleihen, um sich ein Haus oder ein Auto zu kaufen oder in ihre Firma zu investieren) voneinander getrennt. Dahinter stand der Gedanke, dass die Investmentbanken nun ihre eigene Show abziehen und sich selbst in die Luft jagen konnten, ohne dass es irgendwelche schlimmen
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