Warum Machst Du Mich Nicht Gluecklich
Fehler nicht bei mir. Schlie ßlich verpflichtet meine Bedürf tigkeit den anderen automatisch, sie zu lindern. Wer, wenn nicht er, ist für mein Glück verantwortlich? Bei vielen Menschen funktioniert das wunderbar, denn sie können schwer ertragen, wenn es jemandem nicht gut geht. Sie sehen den Geliebten leiden und sie starten sofort einen Rettungseinsatz nur leider nicht immer das, was tatsächlich gebraucht wird ...
Wenn ich Oskar erzähle, dass mich eine Verkäuferin in der Damenmodenabteilung schnippisch behandelt hat, erklärt er mir sofort, was ich das nächste Mal anders machen muss, damit ich eine freundlichere Reaktion kriege. Doch sein R ettungs einsatz, mit dem er mich vor zu künftigem Verkäuferinnen-Ungemach bewahren will, geht leider völ lig an meinem Bedürfnis vorbei. Ich fühle mich von ihm kritisiert statt getröstet. Deshalb erntet der Arme von mir zum Dank für seine Problemlösungs-Bemühungen nun lauter Vorwürfe. Wieso kann er mir nicht einfach geben, was ich brauche, nämlich Verständnis? In anderen Momenten nehme ich seinen Einsatz und sein Bemühen, mir Ungemach zu ersparen, natürlich gern an. Zum Beispiel wenn ich einen Kasten Mineralwasser tragen muss. Wenn ich die Stromrechnung nicht verstehe. Oder krank im Bett liege wobei von Oskar dann leider nur eine schnelle Beileidskundgebung zu bekommen ist. Und auf hartnäckige s Bitten und demonstratives Lei den hin kocht er mir vielleicht noch einen Tee. Wenn ich in solchen Situationen mehr Mitleid brauche, rufe ich besser meine Freundin Sophie an. Wenn Sie beide der Meinung sind , dass es Ihre gegenseitige Auf gabe ist, einander glücklich zu machen, genießen Sie vermutlich am Anfang die wohltuende Bestätigung, die dadurch entsteht, dass Sie für den anderen wichtig sind. Dass er Sie braucht. Weil es für ihn wertvoll ist, was Sie ihm geben. Und Sie genießen sicher auch, dass Sie endlich die Zuwendung und Unterstützung bekommen, nach der Sie sich Ihr Leben lang gesehnt haben. Doch nach nicht allzu langer Zeit funktioniert das Modell nicht mehr, und Unzufriedenheit stellt sich ein.
Simone und Justin unvereinbare Wünsche:
Mein Problem ist dein Auftrag
Simone und Justin sind Anfang dreißig und haben zwei kleine Kinder, die in die Kita gehen. Simone arbeitet seit einem halben Jahr als Beamtin in einer anspruchsvollen Tätigkeit. Justin ist Künstler und hatte für die Zeit von Simones Studienabschluss den größten Teil von Haushalt und Kinderbetreuung abgedeckt. Doch jetzt möchte er in seine künstlerischen Projekte zurückkehren. Diese sind zwar finanziell lukrativ, aber vom Zeitrahm en her nicht besonders familien freundlich. Konkret bedeutet es, dass er mehrere Wochenenden in anderen Städten verbringen würde. Dadurch kommt es zwischen den beiden zu heftigen Auseinander setzungen. Simone fühlt sich überfordert. Wenn sie schon die ganze Woche so viel arbeitet, ist sie am Wochenende sehr erschöpft. Dann empfindet sie das Zusammensein mit den Kindern schnell als an strengend und reagiert bei Kleinigkeiten gereizt. Ihr wäre es lieber, wenn Justin nicht fährt und versucht, Projekte zu bekommen, die unter der Woche in ihrer Stadt sind. Justin gerät unter Druck. Einer seits weiß er, dass Simone wirk lich sehr belastet ist und die Wochenenden mit den Kindern ver mutlich eine Katastrophe werden. Und er weiß aus Erfahrung, dass es nach seiner Rückkehr auch sehr angespannt zwischen ihnen sein wird, weil Simone ihm übe l nimmt, wenn er nach einem sol chen Wochenende gut gelaunt und angeregt nach Hause kommt. Außerdem hängt sein Herz an diesen Projekten. Deshalb hat er sich überlegt, wer Simone bei der Ki nderbetreuung unterstützen könn te. Doch all seine Vorschläge lehnt sie ab. Sie hat schon jetzt ein schlechtes Gewissen ihren Kindern gegenüber, weil sie immer spät nach Hause kommt, häufig dann noch in Gedanken bei der Arbeit und nicht ansprechbar ist. Deshalb will sie, dass die Kinder in Justin wenigstens jemanden haben, der für sie da ist. Der sich kümmert und dem das Wohl der Kleinen am Herzen liegt. Sie ist rigoros dagegen, dass die Kinder zu Freunden, Großeltern und Babysittern »abgeschoben« werden. Es ist Justin anzumerken, wie schwer ihm die Situation fällt. Auf der einen Seite will er unbedingt sein Projekt verwirklichen. Auf der anderen Seite bringt ihn Simones Einschätzung, dass die Kinder darunter leiden, unter Druck. Das ist interessant und ich formuliere, was ich in diesem Moment wahrnehme:
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