Warum Maenner mauern
überschritten ist, und hören Sie sich an, was er dazu sagt. (»Wie kannst du mir Vorwürfe machen, dass ich den Vertrag nicht rechtzeitig abgeschlossen habe? Ich habe die Unterlagen hier auf meinem Schreibtisch. So schwer wie ich muss sonst keiner arbeiten.«) Solche Kommentare sollen Ihre Aufmerksamkeit ablenken und möglicherweise Schuldgefühle erwecken. Oder sagen Sie ihm, dass er versprochen hatte, Ihnen beim Umräumen der Möbel zu helfen, weil am nächsten Tag die Anstreicher kommen sollten, und er hat sich nicht blicken lassen. Dann ruft er mitten in der Nacht an und sagt: »Beruhige dich! Ich rufe jetzt erst an, weil du gesagt hast, du brauchst mehr Zeit für dich… um die Wohnung aufzuräumen. Erinnerst du dich?«
Wenn ein Mensch streitet, dann will er wissen, dass der andere auch reagiert und sich hinsichtlich der anstehenden Fragen verteidigt, das heißt, dass er gewillt ist, den Konflikt zu einer Lösung zu führen. Der passiv-aggressive Mann nimmt Ihre Schläge entgegen und gönnt Ihnen nicht einmal die Freude, dass Sie ein paarmal getroffen haben. Wenn er überhaupt reagiert, dann am Thema vorbei, sarkastisch, sinnlos. Wenn er gewinnt, ist es zwar ein Pyrrhussieg, aber er ist das Mittel, mit dessen Hilfe er aus der Situation als Opfer hervorgeht – Sie haben als Erste geschlagen, nicht mit den Fäusten, sondern indem Sie ihn auf sein falsches Verhalten und auf die Schmerzen, die er Ihnen damit zugefügt hat, hingewiesen haben. Wenn er nicht reagiert, verstärkt sich Ihre Frustration, und Sie zeigen ihm Ihre Verwirrung, die sich sogar bis zu richtiger Wut steigern kann. Das ist das Spiel des passiv-aggressiven Mannes – er treibt Ihnen den Schweiß ins Gesicht, und das bestätigt dann sein Bild von der gefährlichen, arroganten Frau, der man nicht trauen kann. Er selbst wird auf diese Weise zum »unschuldig« Verletzten.
Norman, ein passiv-aggressiver Mann, den ich kenne, sagt mit großem Selbstmitleid: »Was habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht?« Er empfindet keine Reue wegen der Art, wie er andere behandelt – er sieht nur, dass die Leute sich über ihn ärgern. Aber warum, das erkennt er nicht! Es erscheint unbegreiflich: Jemand weiß nicht, dass andere, mit denen er schlecht umgeht, ihn nicht mögen werden. Aber Norman wird Ihnen sagen, Sie seien willkürlich oder fordernd gewesen (»Wenn du doch bloß verstehen könntest…«). Der passiv-aggressive Mann fühlt sich schnell angegriffen und wird wütend, wenn er sich einfach hinsetzt und damit rechnet, Ihre Attacke abzupuffern. Er ist ständig darauf eingestellt, angegriffen zu werden, und wenn Sie etwas Konstruktives tun und beispielsweise einem kleinen Ärger Luft machen, ist auch das für ihn eine Bedrohung. Sie können es ihm an der Nasenspitze ansehen – er traut Ihnen nicht. Und Sie fühlen sich schuldig, denn das haben Sie wirklich nicht gewollt. Cynthia, eine Patientin, berichtete mir:
Wenn ich an meinen Freund auch nur die kleinste Kritik richte, bekommt er diesen Blick, als hätte er etwas schrecklich Schlimmes getan. Er sieht mich an wie ein junger Hund, und dann habe ich das Gefühl, als hätte ich ihn verwundet oder so etwas. Daraufhin tue ich das Nächstliegende: Ich entschuldige mich, und er hat meine Kritik überhaupt nicht gehört, geschweige denn darauf reagiert.
Hier zeigt sich eine faszinierende Art von Selbstversunkenheit: Der passiv-aggressive Mann erlebt seine eigene Feindseligkeit nur durch die negativen Reaktionen anderer – und die empfindet er natürlich als unfaire Kritik. Warum sollte man ihn verantwortlich machen? Es ist erniedrigend. Da er seine eigenen Beweggründe nicht kennt, bleibt er in diesem kindischen Verhalten befangen.
Manchmal bricht aber sein Ärger aus, und da er ihn sich selbst nicht eingesteht, gibt es auch keine Grundlage, damit umzugehen. Man kann nur schwer sagen: »Okay, ich ärgere mich, weil du dieses oder jenes getan hast…«, wenn er nicht ehrlich antwortet »Ich habe es getan, und es geschieht zu oft«. Deshalb können beide Beteiligten auch nicht zu dem Ende gelangen, das lautet: »Es tut mir leid, dass ich dich geärgert habe, und so können wir es in Zukunft vermeiden.« Stattdessen entwickelt sich eine Kettenreaktion anderer Probleme: Ungreifbarkeit, Verwirrung, Nichtauflösung der unguten Gefühle, kontraproduktives Verhalten und gewaltige Unzufriedenheit mit der Beziehung.
Umgang mit Wut
Der Trick im Umgang mit verdeckter Feindseligkeit besteht darin, sie ans Licht
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