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Warum Maenner mauern

Warum Maenner mauern

Titel: Warum Maenner mauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Wetzler
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tausend Geschichten von Verrat unter Brüdern, Freunden oder Eltern und Kindern. Der passiv-aggressive Mann ist ein eifriger Historiker, wenn es um die Geschichte von Betrügereien in seiner eigenen Vergangenheit geht – er kennt Namen und Adressen aller seiner Verräter. Er ist geschädigt durch alle nur denkbaren Vertrauensbrüche, wirkliche wie auch übertriebene oder eingebildete, die sich früher ereignet haben. Oder, genauer ausgedrückt: Er glaubt nie ganz, dass andere zu ihm halten. Die verzerrte Wahrnehmung des passiv-aggressiven Mannes sagt ihm, dass seine und Ihre Bedürfnisse in einem Konflikt stehen, und deshalb hat er Angst, in seiner Wachsamkeit nachzulassen – er »weiß«, dass Sie ihn übervorteilen werden. Er kann sich nicht verletzlich machen, weil er tief in seinem Inneren immer noch glaubt, dass Sie ihn angreifen werden.
    Vor einiger Zeit erzählte mir ein Patient einen faszinierenden Traum, in dem es um eine Vertrauenskrise ging. Nach meiner Überzeugung war er aber auch ein Zeichen der Hoffnung. Don träumte, er sei in einem teuren Hotel abgestiegen, und in der ersten Nacht habe man ihn gebeten, der Direktion einen unterschriebenen Blankoscheck zu geben. Als er abreisen wollte, erhielt er eine Rechnung, die nach seiner Ansicht nicht korrekt war, denn man hatte darin seine anfängliche Zahlung nicht berücksichtigt – eben jenen Blankoscheck.
    Wie deutete Don den Traum? Er hatte das Gefühl, er sei »durch diese Behandlung« in dem Hotel betrogen worden. Wir gingen der Sache nach und entdeckten, dass Don mich mit diesem Erlebnis in Verbindung brachte – die »Behandlung«, von der er sprach, war die Psychotherapie, und der Traum offenbarte seine Angst davor, von mir abhängig zu werden. Er dachte, wenn er sich mir gegenüber verletzlich machte – das heißt, wenn er mir einen Blankoscheck gab –, dann würde ich ihn übervorteilen. Aber Don, der nach der Beschreibung seiner Freundin misstrauisch war und sich dagegen wehrte, sich ihr gegenüber angreifbar zu machen, unterzeichnete in dem Traum dennoch den Scheck. Er wollte die Beziehung.
    Wie der Traum deutlich macht, wird Dons Misstrauen von dem Gegenteil genährt, von einem starken Bedürfnis nach Abhängigkeit, das ihn ängstigt und dem ins Gesicht zu sehen er sich fürchtet. Wenn er sich zu stark von anderen abhängig macht, dann hat er das Gefühl, dass sie dieses Privileg missbrauchen, und das bestätigt seinen Verdacht. Für ihn haben seine widersprüchlichen Äußerungen durchaus einen Sinn, jenes Rätsel von »Ich will dich, aber ich traue dir nicht« oder »Kann ich… aber warum soll ich… ?«. Dieser Traum ist für einen Mann wie Don bedeutsam und aufschlussreich, und, was noch wichtiger ist, er zeigt Ansätze zu einer möglichen Veränderung. Sie spielen sich zwar noch auf einer unbewussten Ebene ab, aber er ist dabei, seinen Abhängigkeitskonflikt zu bearbeiten.
    Geben und Nehmen
    Nach allgemeiner Erfahrung ist ein zufriedener Mensch willens und auch leicht in der Lage, andere ebenfalls zufrieden zu stellen. Für ein Kind, das mit einem Überfluss an Zuwendung und Fürsorge aufwächst, ist Liebe kein knappes Gut, das zu Ende geht, wenn man es anderen gibt. Sie ist vielmehr eine Quelle, die nie versiegt. Der passiv-aggressive Mann dagegen hatte wahrscheinlich früher immer das Gefühl, dass es nicht genug von dem gab, was er brauchte – und auch heute noch bekommt er nie genug von dem, was er will.
    Infolgedessen ist er auch mit seiner eigenen Zuwendung alles andere als großzügig. Er verfügt über eine besondere Art von Egoismus, bei dem er sich im Recht fühlt – es ist für ihn durchaus sinnvoll, anderen das Glück vorzuenthalten, das ihm selbst fehlt. Er denkt: »Wenn ich von anderen nicht bekomme, was ich will, warum soll ich ihnen das geben, was sie verlangen?«
    Andererseits hat er aber einen seltsamen Sinn für Rechtfertigungen, wenn andere etwas für ihn tun, und er erwidert ihre Freundlichkeit sogar dann nicht, wenn sie einfach nur Dank erwarten.
    »Er sagt nie danke«, erzählen mir Frauen. Sie können dem Mann etwas schenken, etwas für ihn erledigen, ein besonderes Essen für ihn kochen – als Erwiderung kommen Erklärungen oder Anekdoten, aber keine Dankbarkeit. (Um sich zu verschanzen, sagt er zum Beispiel: »Lasagne? Selbst gemacht? Die beste Lasagne meines Lebens habe ich in einem winzigen Restaurant in Florenz gegessen!«) Oder Sie sind losgegangen, um nach einer Schachtel Minikassetten für sein neues

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