Warum manche Menschen nie krank werden
LaLanne, Mitbegründer der US-amerikanischen Fitnessbewegung, warb dafür, sich sportlich zu betätigen, indem er durch die Bucht von San Francisco schwamm. LaLanne war einer der ersten Fitnessgurus, die sich das damals neue Medium Fernsehen zunutze machten, um die breite Masse der Bevölkerung für ein regelmäßiges Fitnesstraining zu begeistern. Der Nutzen von Sport und Fitness waren im öffentlichen Bewusstsein angekommen.
Seitdem werden die gesundheitlichen Vorteile der sportlichen Betätigung kontinuierlich untersucht und gepriesen. In einer 2002 von dem US-amerikanischen Gesundheitsministerium unter dem Titel »Physical Activity Fundamental to Preventing Disease« veröffentlichten Metastudie wurde aufgeführt, wie wichtig eine moderate, dafür aber regelmäßige sportliche Betätigung ( für 30 Minuten an fünf Tagen die Woche) ist, um chronischen und lebensbedrohlichen Herzkrankheiten, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Darm- und Brustkrebs, Depressionen, Angstgefühlen und Nervosität vorzubeugen und das allgemeine Wohlbefinden zu stärken.
Zahlreiche weitere Studien bekräftigen diese Aussagen. Betrachten wir nur einmal Diabetes mellitus. 2002 veröffentlichte das New England Journal of Medicine die Ergebnisse der viel beachteten amerikanischen Studie »Diabetes Prevention Program«, in der nachgewiesen wurde, dass sich das Erkrankungsrisiko durch gesunde Ernährung und regelmäßigen Sport um 58 Prozent, durch die Einnahme von Antidiabetika jedoch nur um 31 Prozent senken ließ.
Sport wirkt Diabetes mellitus nicht nur entgegen, sondern eignet sich auch zur Therapie der Krankheit und lindert die mit ihr einhergehenden Beschwerden. Einer 2009 in dem Fachblatt Diabetic Care veröffentlichten Studie zufolge unterstützte ein Trainingsprogramm mit anaeroben und aeroben Elementen (Krafttraining) bei Patienten mit Diabetes mellitus des Typs 2 nachweislich deren körpereigene Regulierung des Blutzuckerspiegels (Glukosewert).
Es mehren sich auch die Nachweise dafür, dass Sport sich positiv auf das Immunsystem auswirkt, wodurch allmählich mit Fakten untermauert wird, woran begeisterte Sportler wie Helen Klein schon lange glauben: dass ihre sportlichen Aktivitäten sie vor Infektionskrankheiten schützen. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet ist dieses Forschungsfeld jedoch noch relativ jung. Von den insgesamt 629 Studien, die im 20. Jahrhundert den Zusammenhang zwischen körperlicher Betätigung und dem Immunsystem untersuchten, stammen 378 aus den letzten zehn Jahren, hieß es im International Journal of Sports Medicine . (Aus ethischen Gründen erfolgten die experimentellen Eingriffe in das Immunsystem bei den meisten früheren Studien nicht an Menschen, sondern an Labormäusen.)
JEREMY MORRIS NIMMT DEN BUS
Seit Jahrtausenden gilt Sport als gesund, auch wenn man sich die genauen Zusammenhänge nicht erklären konnte. Den ersten wissenschaftlichen Nachweis einer gesundheitsfördernden Wirkung lieferte eine körperliche Betätigung, die nichts mit Jogging, Aerobic oder wenigstens mit Spazierengehen zu tun hatte, sondern mit dem Hinauf- und Hinabsteigen der Treppen in einem Doppeldeckerbus.
Ende der 1940er-Jahre untersuchte der britische Epidemologe Jeremy Morris die Herzinfarktrate von Angestellten im öffentlichen Nahverkehr. Er interessierte sich insbesondere dafür, ob die Herzinfarktrate der Busfahrer, die sich während der Arbeit kaum bewegten, höher war als die der Schaffner, die zur Fahrscheinkontrolle ständig treppauf und treppab stiegen. Wie sich herausstellte, war die Herzinfarktrate unter den Schaffnern um über 50 Prozent niedriger als unter den Busfahrern.
Morris dehnte seine Vergleichsstudien auf andere Berufsgruppen aus, und wieder zeigte sich, dass Bewegung der Gesundheit zugutekommt. So war das Herzinfarktrisiko bei Postboten, die ständig unterwegs waren, um Sendungen auszutragen, wesentlich geringer als bei den Postbeamten, die den ganzen Tag hinter dem Schalter saßen.
Der heutige Wissensstand über den Zusammenhang zwischen kardiovaskulären Erkrankungen und Bewegungsmangel beruht auf den von Morris durchgeführten Studien. Für seine Leistungen wurde er mit vielen Preisen und Auszeichnungen überhäuft, darunter die 1972 erstmals vom Internationalen Olympischen Komitee verliehene Medaille für
Sportwissenschaften. Morris selbst trieb natürlich ebenfalls viel Sport. Er schwamm, strampelte auf seinem Heimtrainer oder ging spazieren und absolvierte noch mit über 90
Weitere Kostenlose Bücher