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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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Musterbildungsprozess in der embryonalen Phase vergleichsweise früh initiiert. Da aber die Giraffe von diesem Stadium bis zur letztendlichen Größe noch erheblich wächst, wachsen die Flecken entsprechend mit, werden stark verzerrt und sind am Ende recht groß. Bei Dalmatinern ist das anders. Die Ausbildung ihrer Muster findet erst relativ spät in der embryonalen Phase statt und danach wachsen die Tiere weit weniger ausgeprägt, als es Giraffen tun. Dalmatinerflecken bleiben deshalb klein.
    Tiere mit einer sehr großen Fellfläche wie etwa Elefanten haben wiederum eine einfarbige Fellfärbung. Bei dieser Fellfläche liefern die Reaktions-Diffusions-Gleichungen ein so feines Muster, dass es selbst aus geringer Entfernung nur als einfarbig grau erkennbar ist.
    Zwei grundsätzliche Ergebnisse wollen wir abschließend noch als handliche Merksätze festhalten: 1. Schlangen haben, wenn überhaupt eine Zeichnung, dann Streifen, aber keine Punkte. 2. Tiere mit gestreiftem Körper und gepunktetem Schwanz gibt es nicht.
129. Die Wissenschaft der Kissenschlacht: Mathematik des Paarungsverhaltens[ 2 ]
    Selbst wenn Sie bis hierher nur jedes zehnte Stück gelesen hätten, so kämen Sie doch auf eine Leselänge, die Ihnen in jedem postmodernen Roman, der was auf sich hält, eine gepflegte Portion Erotik bescheren würde. Also dann:
    Während des Zweiten Weltkrieges und danach waren einige Hunderttausend amerikanische Soldaten in Großbritannien stationiert. Es war ein einzigartiges Bio- und Soziotop der Durchdringung einer Kultur mit einer anderen Kultur, auch eine Art von kleinem Clash of Civilizations. Dies zeigte sich in vielen Bereichen interkultureller Kommunikation. Ein besonders lehrreicher Fall war das nationalitätenübergreifende Paarungsverhalten. Ein Aspekt war besonders paradox: So sagten sowohl die amerikanischen Soldaten wie auch die englischen Mädchen überraschenderweise vom jeweiligen Partner, er sei übertrieben stürmisch.
    Eine Gruppe von Wissenschaftlern, unter anderem auch die bekannte Völkerkundlerin Margaret Mead in Zusammenarbeit mit Psychologen, Soziologen und Mathematiker, konnte den darin impliziten Widerspruch schließlich durch ein Stufenmodell des Paarungsverhaltens aufklären: Die Crew der Wissenschaftler modellierte das Paarungsverhalten in beiden Kulturen, vom ersten Blickkontakt bis zum Geschlechtsverkehr, durch eine Folge von 30 für sich bestehenden Stufen. Das Paarungsverhalten weist in beiden Kulturen dieselben Verhaltensweisen auf, die aber – so fanden die Forscher – in den Kulturkreisen eine unterschiedliche Abfolge haben. So steht das Küssen im amerikanischen Paarungsverhalten relativ weit vorn, etwa auf Stufe 5, gilt also als recht harmlos. Im englischen Paarungsverhalten stellt es aber schon etwas relativ Intimes dar und nimmt ungefähr den Rangplatz 25 ein.

    Abbildung 83: Cartoon von Sidney Harris: Erstes Date mit einem Logiker. «Diese Venn-Diagramme werden uns viel Zeit sparen. Schauen wir mal, wo Sie liegen, wo ich liege und ob es Überlappungen gibt.»
    Zuspätromantik. Irritationen des Timings ergeben sich daraus zwar nicht zwingend, aber zwanglos. Wenn nämlich der amerikanische Soldat glaubte, der Augenblick für einen Kuss sei bereits gekommen und entsprechend agierte, fand sich das englische Mädchen nach diesem schnellen Gambit mit einer Verhaltensweise konfrontiert, die für sie keineswegs in dieses frühe Beziehungsstadium passte. Es war natürlich, dass sie es als überbeschleunigt und stürmisch deuten würde.
    Einerseits fühlte sie sich um all die anregenden Zwischenstufen des Kennenlernens (Stufe 6 bis 24) gebracht, andererseits musste sie sich nun, ihrer unbewussten kulturellen Regel folgend, bereits fragen, ob sie die Beziehung an dieser Stelle abbrechen oder sich ihrem Partner bald sexuell hingeben sollte. Im letzteren Fall sah sich dann der Soldat mit einer Situation konfrontiert, die nach seinen kulturinternen Verhaltensformen nicht in das Frühstadium einer Beziehung passte und als ausgesprochen freizügig interpretiert werden konnte. Auch er würde das Verhalten gleichermaßen als stürmisch interpretieren. Die kulturbedingte Reihenfolge der Abläufe bei der Paarung ist natürlich bei den meisten Menschen eher unbewusst, das entstehende Gefühl in der beschriebenen Situation erzeugt aber bei beiden Partnern den Eindruck, dass der andere sich irgendwie unpassend verhält.
Markenflops
Interkulturelle Kommunikation hat generell ihre Tücken, nicht nur bei

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