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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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da im Zahlentripel (231) die Zahlen 2 und 3 aufsteigend angeordnet sind, ist das nicht der Fall. Der Zauberer hat auf diese Weise ergrübelt, dass das Kartentripel die Zahl 3 chiffriert. Er muss also von der ersten offen ausliegenden Karte Kreuz-Fünf im Uhrzeigersinn 3 Karten weiterzählen, um zum Wert der verdeckten Karte zu kommen: Kreuz-Sechs, Kreuz-Sieben, Kreuz-Acht. Bei der verdeckten Karte handelt es sich um die Kreuz-Acht. Dies teilt er dem Zuschauer wohl zu dessen nicht geringem Erstaunen mit.
    Der Trick ist hundertprozentig mathematisch und von ausgeprägter Individualität. Er lässt sich noch zusätzlich mystifizieren, indem man ihn als ein Experiment des Gedankenlesens aufbereitet. Nur die allergewieftesten Zuschauer werden überhaupt den Anflug einer Ahnung haben, wie er funktionieren könnte.
Mein Vorsatz für 2010
Dieses Jahr werde ich 50. Zeit, endlich jemanden zu finden, der mir den Trick erklärt, wie man eine Jungfrau zersägt.

    1 Nach Hesse (2003).
    2 Unter Verwendung von Informationen aus Watzlawick (2003).
    3 Unter Verwendung von Informationen aus Skoruppa (2000).

3. Sprache und Literatur
44. Von der Negation des Negativen oder Nicht nur nichts für ungut, alles für gut
    In der Mathematik gilt die Regel «Minus Minus ist Plus». In Zeichen: –(–x) = x. Im Hochdeutschen ist es ebenso. Eine doppelte Verneinung ist eine Bejahung: nicht unintelligent = intelligent. In der mittelhochdeutschen Sprache sowie in manchen Dialekten ist die doppelte Verneinung dagegen eine Verstärkung der Verneinung, etwa im Plattdeutschen: Ick krieg gaar keen Ruh nich.
    Eine Kuriosität, die in diesen thematischen Zusammenhang fällt, kann bei der Beschilderung im Straßenverkehr vorkommen: Hier kann der Zustand eintreten, dass ein zeitweiliger Baustellenbereich über das beschilderte Ende eines Abschnitts mit begrenzter Geschwindigkeit hinausreicht. In diesem Fall wird das Schild «Ende der Geschwindigkeitsbegrenzung» mit drei breiten roten Streifen überklebt. Dann ist auf dem Schild die Höchstgeschwindigkeitsangabe zunächst einmal fünffach durchgestrichen, und zwar in blassem Grau. Außerdem sind Zahl und graue Striche noch dreimal rot durchgestrichen.

    Abbildung 40: Straßenschild mit Anti-Aussage
    Wat säht uns dat?, wie man in Köln sagt. Es sagt uns zunächst einmal nicht, dass die ursprüngliche Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 Stundenkilometern wieder gilt, also durch zweimaliges Durchstreichen doppelt verneint wurde. Das Schild sagt uns vielmehr, ex negatione, dass es als Ganzes zurzeit nicht gilt. Es ist vorübergehend außer Kraft gesetzt. Aus einem Schild wird keines. Es ist ein Schild, das dazu aufruft, es zu ignorieren. Ignoriert man es aber, wenn man es ignoriert? Kann man es überhaupt ignorieren? Ein Schild mit tief ins Logische hineinreichenden Implikationen ist es, das meinen Ansprüchen an unverklärten Tiefsinn heute (Heiligabend), da ich dies schreibe, ganz gut genügt. Ein Stück Philosophie der Logik im Straßenverkehr.
Fast wie ein Satz vom Ringelnatz
Vielfache Verneinungen:
3-fach: «Koa Kartoffeln hamma heuer koa nimmermehr.»
4-fach: «Nanednana!» Österreichisch in der Bedeutung von Ja, sicher!
5-fach: «Bei uns hod no nia koana koa Gäid net kabd.» Bairisch für Bei uns hat noch nie einer Geld gehabt.
    Dass mehrfache Verneinungen hermeneutisch nicht ohne sind, zeigt auch die Tatsache, dass selbst Sprachgewaltige wie Gotthold Ephraim Lessing sich in ihrem Dickicht bisweilen verfangen haben. «Wie wild er schon war, als er nur hörte, dass der Prinz dich jüngst nicht ohne Missfallen gesehen!», ruft die Mutter von Emilia Galotti im gleichnamigen Drama (II, 6) aus. Der Kontext zeigt dagegen klar, dass nur «nicht ohne Wohlgefallen» an dieser Stelle gemeint sein kann, also «wohlgefällig». Die dreifache Verneinung aber ist logisch gesehen ein Nein, wenn auch eine recht vertrackte Art des Neinsagens. Nicht ohne Missfallen ist ein Formulierungsbaustein für sprachlich sensible Synapsen.
    Beschließen wollen wir diesen Beitrag mit einem von Regisseur Werner Herzogs expressiven Textteilen, gesprochen und der Welt übergeben bei der Premiere seines Films Fitzcarraldo: «Ein Film, wie ihn noch nie niemals niemand keiner je gesehen hat.»
Die Dialektik der doppelten Bejahung
Der renommierte Sprachforscher John Langshaw Austin hielt einst einen Vortrag an der New Yorker Columbia-Universität über den Akt des Sprechens und führte darin aus, dass zwar eine doppelte Verneinung in

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