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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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die Wahrscheinlichkeit, dass die Urne kein Paar mit den C-Eigenschaften enthält und p(1 – p) n–1 die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig ausgewähltes Paar das einzige mit den C-Eigenschaften ist. Dann ist np(1 – p) n–1 die Wahrscheinlichkeit, dass die Urne nur genau ein Paar mit den C-Eigenschaften enthält. All dies in die Waagschale werfend, ist

    Das Oberste Gericht, dem der Fall zur Berufung vorgelegt wurde, führte diese Rechnung durch und nahm n = 12.000.000 an. Damit erhält man selbst mit dem höchstwahrscheinlich zu kleinen Wert des obigen p eine Wahrscheinlichkeit von 0,42. Es gibt also eine 42 %ige Wahrscheinlichkeit, dass noch mindestens ein weiteres Paar mit den Collins-Eigenschaften existiert, das dann ebenso gut die Tat hätte begehen können. Dabei ist das obige p, wie vermerkt, wohl zu klein gegriffen und das angenommene n = 12.000.000 wohl eher eine konservative Schätzung. Vermutlich ist die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres Paar mit den C-Eigenschaften deshalb sogar noch größer als 42 %. Bringt man diese Überlegung ein, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Ehepaar Collins unschuldig ist, nicht gleich 1 zu 12 Millionen, wie vom Staatsanwalt falsch errechnet, sondern etwa gleich 1 zu 2. Ein gravierender Unterschied.
    Das Gerichtsurteil der früheren Instanz wurde vom Obersten Kalifornischen Gericht wegen der aufgezeigten Überlegungsfehler harsch kritisiert und 1968 letzten Endes aufgehoben.
Auch ein Geschworenenurteil
Judith Richardson Haimes (42), die behauptete, eine in der Universitätsklinik der Temple-Universität an ihr durchgeführte Computertomographie des Kopfbereiches habe dazu geführt, dass sie ihre hellseherischen Fähigkeiten und andere übersinnliche Kräfte verloren habe, wurden von einem Geschworenengericht 988.000 Dollar an Schadensersatz zugesprochen.
Nach einem Artikel in der Chicago Sun Times vom 30.3.1986
    Besonders seit Mitte der 1980er Jahre der genetische Fingerabdruck als Beweismittel auftauchte, spielen Wahrscheinlichkeiten vor Gericht eine immer größere Rolle. Die Zuverlässigkeiten dieses und anderer Verfahren der modernen Forensik lassen sich mit Fehlerwahrscheinlichkeiten ausdrücken und Wahrscheinlichkeitsangaben in Gerichtsprotokollen sind für moderne Juristen eher die Regel als eine Ausnahme. Doch um mit diesen nützlichen Informationen richtig umzugehen, fehlt manchen Juristen das Rüstzeug, war doch die Statistik zumeist nicht Teil ihrer Ausbildung. Absolute und bedingte Wahrscheinlichkeiten, Irrtums- und Fehlerrisiken sind nicht leicht zu begreifen und noch weniger leicht korrekt zu interpretieren. Sie sind tricky, somit oft verwirrend und können deshalb leicht in der Absicht eingesetzt werden zu manipulieren. Der Traum vom tadellos taxierten, gerechten Urteil kann sich unter diesen Umständen als Illusion entpuppen.
    Im Nachgang kreuzt noch eine Nebenfrage mein Bewusstsein. Ist das eigentlich justiziabel? Mathematik-Missbrauch vor Gericht? Gar unter Eid?
64. Fehlerkosten
    Der kostspieligste Irrtum, der je einem Prüfer unterlief, passierte in den USA beim Preliminary Scholastic Aptitude Test, an dem jedes Jahr rund eine Million Schulabgänger teilnehmen und der mitentscheidend ist für ihre Zukunft, etwa auch dafür, ob sie eine der begehrten Universitäten besuchen können. Im Test des Jahres 1980 zeigte Frage 44 den 17-jährigen Schülern ein Diagramm zweier Pyramiden, eine bestand nur aus 4 Dreiecken, die andere aus 4 Dreiecken und einer quadratischen Grundfläche. Alle Dreiecke waren gleichseitig und gleich groß. Die Frage dazu lautete:
    Wenn die beiden Pyramiden entlang einer Dreiecksfläche exakt aneinandergelegt werden, wie viele Seiten hat dann der entstehende Körper?
    Die Prüfer erwarteten eine Lösung entlang folgender Gedankenführung: Zusammen haben die Pyramiden 9 Seiten; wenn also 2 Dreiecke aneinandergelegt werden, so bleiben 7 Seiten sichtbar. So sah es auch eine Kommission von Experten, die den Test überprüft hatte.
    Nein, meinte dagegen der Schüler Daniel Lowen, der intuitiv erkannte, dass beim Zusammenlegen zweier Pyramidenseiten noch etwas anderes passiert. Vier weitere Dreiecke – je zwei auf jeder Pyramide – bilden zwei Ebenen und so reduziert sich die Zahl der sichtbaren Seiten um zwei weitere. Der neu entstehende Körper hat also nur insgesamt 5 Seiten.
    Nachdem die Tester ihr eigenes Modell konstruiert hatten, kamen sie zu dem Schluss, dass Lowen recht hatte. Die Prüfer mussten sich korrigieren,

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