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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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sehr vielen Einzelfällen das gemorphte Aussehen des Durchschnittsgesichts. Dieses wurde von allen befragten Versuchspersonen als deutlich attraktiver eingestuft als jedes der Einzelbilder, das zu seiner Entstehung beigetragen hatte. Um auch noch zu prüfen, ob eine derartige Präferenz anerzogen oder angeboren ist, legten die Forscher die Bilder drei bis sechs Monate alten Kleinkindern vor. Diese schenkten den erzeugten Kunstgesichtern statistisch signifikant mehr Aufmerksamkeit als den Individualgesichtern.
    Die Gültigkeit der Durchschnittlichkeitshypothese überrascht viele Menschen, weil man dazu neigt, große Attraktivität als etwas in einer gewissen Weise Extravagantes bzw. Extremes anzusehen. Zwar gibt es auch Extreme, die zu großer Attraktivität beitragen, wie große Augen beispielsweise, aber die meisten Extreme sind nach Ergebnissen der Forscher der Attraktivität eher abträglich.
    Es mag sein, dass diese Vorliebe für das Gemäßigte biologisch verankert ist, dass auf diesem Gebiet nicht ohne Grund eine evolutionäre Selektion gegen das Extreme stattgefunden hat. Hatten unsere Vorfahren einen Vorteil davon, dass sie Präferenzen für Durchschnittlichkeit hegten? Einige Biologen haben die Vermutung herausgestellt, dass diese Vorliebe dabei geholfen haben könnte, genetisch hochwertige Partner zu finden, zum Beispiel solche, die sich durch optimale Gesundheit auszeichneten. Die Wissenschaftler untersuchen deshalb systematisch, ob Menschen, deren Gesichter nach mathematisch entwickelten Grundsätzen näher am Durchschnittsgesicht liegen, während ihrer Entwicklung gesünder waren. Und tatsächlich stellten sie genau dies fest: Personen, die im Alter von 17 Jahren «durchschnittlich» ausgesehen hatten, waren über ihre Lebenszeit hinweg im Mittel überzufällig gesünder gewesen als die eher «undurchschnittlich» aussehenden 17-Jährigen.
    Diese Ergebnisse sind teilweise verallgemeinerungsfähig. Menschen scheinen über eine angeborene kognitive Heuristik zu verfügen, die sie in die Lage versetzt, mit Rücksicht auf die Detailmerkmale der Einzelfälle den Prototyp oder den Durchschnitt einer Menge von Dingen intuitiv erfassen zu können. Und das nicht etwa nur bei menschlichen Gesichtern – Menschen scheinen bei sehr vielen unterschiedlichen Kategorien von Objekten in ihrer Mehrzahl Durchschnittlichkeit zu favorisieren.
    Das Durchschnittsgesicht zeichnet sich durch besondere Symmetrie-Eigenschaften aus. Mit zunehmender Anzahl darin eingearbeiteter Gesichter heben sich die leichten Asymmetrien der Individualgesichter auf, da die Asymmetrien über die Population nicht systematisch verteilt sind. Auf vielen Gebieten besteht ein empirisch belegter Zusammenhang zwischen Grad der Symmetrie und empfundener Attraktivität. Nicht nur bei uns Menschen, sondern auch im Tierreich ist Symmetrie, wie Studien belegen, ein wichtiges Kriterium bei der Partnerwahl. Die Symmetrie gilt als äußerer Anzeiger genetischer Fitness. Asymmetrische Proportionen entstehen vor allem durch Krankheiten, Mutationen oder andere Störungen während der Embryonalentwicklung. Hirschböcke mit dem größten Harem besitzen nicht nur das mächtigste, sondern auch das symmetrischste Geweih. Bei den Skorpionsfliegen bevorzugen die Weibchen Männchen mit symmetrischen Flügeln. Diese sind nachweisbar als Jäger am erfolgreichsten.
    Nun ist es möglich, dass die durch Mittelung erhaltenen Gesichter allein schon deshalb attraktiver erscheinen, weil sie symmetrischer sind. Doch so monokausal einfach ist der Zusammenhang nicht. Mit Methoden der statistischen Datenanalyse gelang es, die Faktoren Durchschnittlichkeit und Symmetrie voneinander zu trennen. Auf diese Weise ließ sich feststellen, dass Attraktivitätsratings von Individualgesichtern mit beiden Faktoren positiv korreliert waren – sowohl mit Durchschnittlichkeits-Ratings als auch mit gemessener Symmetrie. Rhodes et al. (2001) fanden auch, dass eine Erhöhung des Durchschnittlichkeits-Ratings eines Gesichtes bei Konstanthaltung seines Symmetriewertes den Attraktivitätsskalenwert des Gesichts erhöhte. Gemeinsam zeigen alle diese Studien, dass Durchschnittlichkeit und Symmetrie beide sowohl getrennt voneinander als auch in der Interaktion miteinander zu Attraktivität beitragen.
    Des Schönen zu viel. Überall im Alltag, im Fernsehen, auf Werbeplakaten und in Zeitschriften begegnen uns gefallsüchtige Standardschönheiten, und zwar in einem so erheblichen Maße, dass sie bereits nicht

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