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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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nach den von Verrier übermittelten Koordinaten auszurichten. Innerhalb von nur einer halben Stunde wurde der Planet, der heute Neptun heißt, genau an der von Verrier berechneten Stelle in der Nähe des Sterns Deneb Algedi an der Grenze der Sternbilder Capricornus und Aquarius entdeckt.
Denkpartikel
First they ignore you, then they laugh at you, then they fight you, then you win.
Mahatma Gandhi
    Der Neptun wurde also nicht durch teleskopische Suche, sondern durch mathematische Analyse gefunden. Es ist ein sensationeller Beleg für die Kraft der Mathematik als Erkenntnisinstrument und ein großer Höhepunkt ihres erfolgreichen Einsatzes in der Himmelskunde und Kosmologie. Le Verriers Name ist einer von 72, die in den Eiffelturm eingraviert wurden.
Nenn mich nur Neptun
Wolf Schneider beschreibt 1978 Die Verwunderung des Bäuerleins im Planetarium: «Dass man die Bahnen der Sterne berechnen kann, begreife ich – aber wie in aller Welt hat man ihre Namen herausgebracht?»
    2. Akt: Philosophie der Himmelskunde. Ende des 18. Jahrhunderts waren nur 6 Planeten bekannt: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn. Es war die Zeit, als der Philosoph Georg Wilhelm Fiedrich Hegel an seiner Habilitationsschrift mit dem Titel De orbis planetarum (Von den Planetenbahnen) arbeitete. In ihr befasst er sich ausführlich mit den Proportionen der Planetenbahnen und gibt eine philosophische Erklärung für den großen Abstand zwischen Mars- und Jupiterbahn, der die Harmonie des Gefüges der Planetenbewegungen doch nicht unerheblich stört. Auch stellt er eine umständliche Theorie auf, wonach es aus philosophischen Gründen absolut zwingend nur 6 Planeten geben könne.
Lustigkeitsbetreuung
Der bisherige Höhepunkt der Quizshow «Wer wird Millionär?»!
Frage: Welcher der folgenden vier bekannten Schokoriegel ist auch der Name eines Planeten?
A: Ballisto B: Mars C: Bounty D: Snickers
Kandidat denkt. Quizmaster schmunzelt. Kandidat denkt immer noch. Quizmaster wird immer munterer. Kandidat antwortet: «Snickers!» Publikum röhrt. Quizmaster kippt vom Stuhl.
    Es ist eine Ironie des Schicksals und eine Pointe höherer Art, dass Hegel seine Thesen am 27.8.1801 verteidigte und dass, ihm unbekannt, bereits am 1.1.1801 der Astronom Giuseppe Piazzi den Kleinplaneten Ceres entdeckt hatte, noch dazu genau in der von Hegel als philosophisch nötig erklärten Leere zwischen Mars und Jupiter. Eine blitzsaubere vorauseilende Widerlegung seiner Philosophie, eine eklatante Falsifikation durch die Wirklichkeit. Hegel, später darauf hingewiesen, dass seine Theorie mit den Tatsachen im Widerspruch stehe, antwortete mit dem Aphorismus: «Umso schlimmer für die Tatsachen.»
    Ansprechende Aphoristik zwar, doch abschreckende Astronomie. Ein ausgereifter Fall von Philosophenpech und ein Beitrag zur Ideengeschichte des Scheiterns. Selbst Alexander von Humboldt kommentierte dieses kleine intellektuelle Inferno. In einem Brief an Christian Gottfried Ehrenberg schrieb er amüsiert: «Vielen Dank, mein Lieber, für den lustigen Hegel, der zu einer Zeit, da Ceres ihm unbewusst schon entdeckt war, beweist, dass es keine Ceres geben kann.»
    Ist nicht meine Schuld, dass Hegel hier nicht so gut wegkommt. Ich referiere das nur.
    Ein Postskriptum zu Hegels Naturkunde sei aber noch hinzugefügt, diesmal aus dem Köcher des Advocatus Diaboli in mir.
    Man kann es lesen als möglichen Beitrag für die Serie Höhepunkte der Definitionskunst: Hegel schreibt hier ungefähr so, wie Jackson Pollock gemalt hat:
    «Die Elektrizität ist der reine Zweck der Gestalt, die sich von ihr befreit; die ihre Gültigkeit aufzuheben anfängt, denn die Elektrizität ist das unmittelbare Hervortreten oder das nicht von der Gestalt herkommende, noch durch sie bedingte Dasein oder noch nicht die Auflösung der Gestalt selbst, sondern der oberflächliche Prozess, worin die Differenzen ihre Gestalt verlassen, aber sie zu ihrer Bedingung haben und noch nicht an ihr selbständig sind.»
    Diese bemerkenswerte Sentenz, die jedem Physiker und Mathematiker die Haare zu Berge stehen lässt, ist Hegels Definition der Elektrizität, entnommen seiner Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften. Aus dieser Definition kommt man definitiv mit ein paar Fragen mehr hinaus, als man hineingegangen ist.
    Hegel muss als König der Philosophie wohl abdanken. Wiederverkönigung unwahrscheinlich.[ 2 ]
    Etwas von Allen. Der Hegel’sche Satz muss auch Woody Allen inspiriert haben, der einst formulierte:[ 3

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