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Warum tötest du, Zaid?

Warum tötest du, Zaid?

Titel: Warum tötest du, Zaid? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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die seit einiger Zeit in immer größerer Zahl im innerirakischen Sicherheitsgeschäft tätig sind, kann ich nicht beurteilen.
    Aber das ist auch gleichgültig. Ihre Finger am Abzug der entsicherten Maschinenpistolen lassen jeden wissen, dass Diskussionen über Sinn und Zweck irgendwelcher Anordnungen unerwünscht sind. Wir sind im befreiten Irak angekommen.
    Die Atmosphäre ist gespenstisch. Über dem Kontrollposten mit seinen schießbereiten amerikanischen Sicherheitskräften thront ein mit Panzerglas geschützter fünf bis sechs Meter hoher Wachturm. Aus einer Nische ragt abweisend und bedrohlich der Lauf eines schweren Maschinengewehrs.
    Immer wieder muss ich aussteigen und den staunenden irakischen Grenzbeamten mit Abu Saeeds Hilfe erklären, was ich im Irak will. Nur sehr langsam kommen wir weiter. Bakschisch müssen wir allerdings keines mehr geben.
    Als wir nach zwei weiteren Stunden den letzten amerikanisch-irakischen Kontrollposten überredet haben, uns durchzulassen, ruft mir ein irakischer Polizist, der mich wie alle anderen Kontrolleure wohl für verrückt hält,
fröhlich nach: »Itwanso zean fil Iraq – Viel Vergnügen im Irak!« Es ist 12.30 Uhr syrischer und 13.30 Uhr irakischer Zeit.
    Fahrt nach Ramadi
    Wir haben insgesamt viereinhalb Stunden gebraucht, um über die Grenze zu kommen. Ein großes Schild in arabischer Schrift begrüßt uns: »Aliraq Yohibbokom – der Irak liebt euch.« Das wird sich zeigen, denke ich und beginne die dritte Flasche Wasser an diesem Tag zu leeren. Vor uns liegt nun die fast völlig autofreie Wüsten-Autobahn nach Ramadi. Wie schön eine leere Autobahn nach vier Stunden »Stop-and-go« sein kann! Nur noch 490 Kilometer bis Ramadi!
    Die Klimaanlage unseres Fahrzeugs kämpft unermüdlich, aber mit abnehmendem Erfolg gegen die brütende Hitze an. Musa schiebt eine neue Korankassette, die Sure Abraham, ins Kassettengerät und braust mit 160 Stundenkilometern über die Autobahn quer durch die endlose Wüste des Irak. Die schnurgerade Straße durchschneidet eine unwirtliche, sandig-steinige Landschaft. Den Straßenrand säumen tausende Fetzen von Autoreifen, die in der oft 50 Grad übersteigenden Hitze abgeplatzt sind.
    Alle paar Kilometer liegen ausgebrannte Fahrzeuge links und rechts der Fahrbahn. Wracks von Autobussen, Lastwagen, Pkws und Militärfahrzeugen – bis zur Unkenntlichkeit zerstört, von Splittern durchsiebt, vom sandigen Wüstenwind bis auf das rohe Eisen abgeschmirgelt. Lange Bremsspuren und riesige Öl- und Brandflecken auf der Straße und am Straßenrand sind Hinweise darauf, dass es hier noch vor kurzer Zeit Angriffe, Hinterhalte und Kämpfe zwischen amerikanischen Truppen und irakischen
Untergrundkämpfern gegeben hat, dass hier Tragödien mit zahllosen Toten stattgefunden haben.
    Räumkommandos der Besatzungstruppen, die meist sehr schnell nach den Kämpfen auftauchen, um die Zeichen amerikanischer Verwundbarkeit zu beseitigen, haben versucht, die Wracks möglichst weit in die felsige Wüste zu schieben. Aber alle Spuren konnten sie nicht verwischen. Der Asphalt und die Wüste haben ihr eigenes Gedächtnis.
    Die Straße von Al-Tanf nach Ramadi ist eine Autobombenstraße, eine Todesstraße. Jeden Augenblick kann hier ein Sprengsatz detonieren, kann es zu Schießereien zwischen Aufständischen und den Besatzungskräften kommen. Die ausgebrannten Wracks rufen das dem Reisenden ständig in Erinnerung.
    Die Fahrt wird immer monotoner, und die Bilder wiederholen sich: zerfetzte Reifenteile, ausgebrannte Autowracks, Öl- und Bremsspuren, Wüste, Wüste, Wüste – und aus dem Lautsprecher endlose Koranverse und leidenschaftliche Predigten. Gelegentlich wird die Monotonie der Wüste von wie aus dem Nichts auftauchenden Schafherden durchbrochen. Sie fressen das letzte spärliche Grün der Wüste weg, das ohnehin nur sie erspähen.
    Außer dem Fahrer und mir schlafen alle. Musa fährt seelenruhig Vollgas, lauscht dem Koran und schreibt mit der rechten Hand SMS-Nachrichten auf seinem Handy. Telefonieren kann er hier nicht. Das Mobilfunknetz ist viel zu dünn und überlastet für dieses riesige Land.
    Doch dann gibt es Abwechslung. Über uns dröhnen plötzlich zwei tief fliegende Hubschrauber. Schnell fange ich an zu fotografieren. Abu Saeed, der inzwischen aufgewacht ist, fleht mich an, die Kamera wegzulegen.
    Unvermittelt taucht zusätzlich auf unserer Straßenseite eine Kolonne schwer bewaffneter, sandfarbener amerikanischer
Humvees und Schützenpanzer auf. Die

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