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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Visionen, Dr. Whitpen und das blaue Notizbuch ließ sie aus.
    »Und, wie läuft es? Seid ihr glücklich miteinander?«
    »Meistens.« May spürte, wie der Druck in ihrem Innern wuchs. »Es gibt hin und wieder Meinungsverschiedenheiten.«
    »Das kommt doch überall vor, non? Der Trick ist, wie man damit umgeht. Vielleicht ist es deshalb so voll in diesem Raum. Hier gibt es viele, sehr viele Meinungsverschiedenheiten. Weiß Martin, dass du hier bist – ich darf doch du sagen?«
    »Ja natürlich. Genau das ist eine unserer Meinungsverschiedenheiten.«
    »Sag nicht, dass ich die Ursache für euren Streit bin.«
    May schluckte.
    »Das ist es nicht wert«, sagte Serge. »Martin hat mich lange vor eurer Heirat abgeschrieben. Er hat schon seine Gründe.«
    »Ich kenne sie. Er hat mir davon erzählt«, flüsterte May.
    Serge blickte zur Tür, seine Augen folgten einem kleinen Mädchen, das ständig im Kreis um seine Eltern herumlief. »Er gibt mir die Schuld an Natalies Tod.«
    »Ich weiß. Aber Sie hätten ihr nie absichtlich ein Leid zugefügt.«
    »Nie im Leben«, beteuerte Serge leidenschaftlich.
    May glaubte ihm. Sie wusste aus eigener Erfahrung, wie es war, wenn man ein Leben lang für einen Fehler büßte, den man begangen hatte.
    »Warum bist du gekommen?« Tränen schimmerten in seinen Augen.
    »Weil Sie Martins Vater sind. Weil Sie wichtig für ihn sind.« Das blaue Notizbuch deutete auf einen anderen, tieferen Grund hin, aber den konnte sie ihm nicht nennen.
    »Hat er das gesagt?«
    »Das muss er nicht.«
    »Er hasst mich.«
    May blickte seine Hand an. Wenn die Wärter nicht gewesen wären, hätte sie jetzt seine Hand gehalten. Sie räusperte sich. »Früher dachte ich auch, ich würde meinen Vater hassen. Ein paar Minuten lang war das vermutlich auch der Fall. Als ich merkte, dass ich einen Fehler begangen hatte, war es zu spät; ich hatte meine Chance verpasst. Aber das erkannte ich erst, als er nicht mehr da war. Ich möchte nicht, dass Martin das Gleiche passiert.«
    »Was verpasst er? Was sieht er nicht?«
    »Ich bin mir noch nicht sicher.« May war verblüfft über die Frage, die sie an etwas erinnerte, was Kylie zu Dr. Whitpen gesagt hatte. »Er spricht nicht darüber. Vielleicht im Sommer, wenn die Saison zu Ende ist.«
    »Martin ist verschlossen. So war er schon immer. Als er noch ein kleiner Junge war, traf ihn einmal ein Puck am Kopf. Er sagte kein Wort, weder zu mir noch zu seiner Mutter. Als wir ihn abends ins Bett brachten, sahen wir, dass er aus dem Ohr blutete. Später gestand er uns, dass er Angst gehabt hatte, wir könnten auf Ray Gardner, seinen besten Freund, wütend sein, weil er ihn mit dem Puck getroffen hatte, oder ihm verbieten, am nächsten Tag wieder Eishockey zu spielen.«
    »Und, waren Sie wütend auf Ray?«
    Serge schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Ray war wie ein Bruder für Martin. Ist er noch heute, soweit ich es beurteilen kann. Aber Martin hatte eine schwere Gehirnerschütterung.«
    »Eine Gehirnerschütterung?«
    Serge seufzte. »Die Erste von vielen. So ist das im Eishockey. Sie haben seine Narben gesehen, das Narbengewebe um seine Augen. Aus den Zeitungsberichten schließe ich, dass er bei jedem Spiel in der Schusslinie steht. Vor ein paar Jahren hätte er beinahe ein Auge verloren, bei einem Kampf mit Jorgensen. Hat er darüber gesprochen?«
    »Nils Jorgensen? Ja – sein Erzfeind.«
    »Sie hassen sich wie die Pest, die zwei. Ich weiß, wie das ist. Als sich Martins Mutter von mir scheiden ließ, habe ich meinen Frust an einem Kerl ausgelassen, der damals für Boston spielte. Ich konnte es kaum erwarten, gegen die Bruins anzutreten. Damit ich ihren rechten Flügelstürmer zu Brei schlagen konnte. Die Scheidung war meine Schuld, bien sûr, aber damals sah ich das anders.«
    »Ist es nicht bequem, anderen die Schuld zuzuschieben?«
    » Non! Damals war ich wirklich überzeugt, dass es Agnes’ Fehler war, dass ihr Vater, ja sogar Martin Schuld an der Misere hatten. Alle, nur ich nicht. Ich sah nur noch rot. Der Spieler der Boston Bruins kam mir als Zielscheibe für meine Wut gerade recht, und für den Rest der Zeit versuchte ich am Roulettetisch oder beim Würfeln zu beweisen, dass ich etwas taugte. Ich dachte, wenn ich dort Glück habe, kann Hopfen und Malz noch nicht verloren sein.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich glaube an le bon Dieu, May. Ich war überzeugt, wenn ich beim Glücksspiel gewinne, hat Gott die Hand im Spiel und wendet das Schicksal zu meinen

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