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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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mitten auf der Platte lag. »Ich wollte mit Ihnen sprechen. Ich wollte mich entschuldigen wegen...« Sie hob den Arm, als wolle sie damit auf den Sessel weisen, in dem Maurice Brett gesessen hatte, ließ ihn aber wieder fallen, und die Bewegung blieb unvollendet.
    »Das müssen Sie nicht.« Er hatte schon hinzufügen wollen, »Es ist schließlich Ihr Leben«; doch das erschien ihm zu grob, wo sie doch jetzt so schmal und zerbrechlich wirkte. Und schon in seinen eigenen Ohren klang dieser Satz, als wäre es ihm scheißegal, wenn sie geradewegs in ihr Verderben liefe.
    Sie ging zurück zu dem Stuhl hinter dem Schreibtisch und setzte sich. Vielleicht diente ihr der Tisch als Barriere. Sie öffnete das Buch und klappte es wieder zu. Sie sah ihn an und zog das Schweigen in die Länge, bis es peinlich wurde und sie sagte: »Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, aber ich habe Angst, Sie fassen das vielleicht falsch auf. Aber erst einmal wollte ich Ihnen sagen, daß es mich beeindruckt hat, wie Sie Mr. Brett das Geld wieder vor die Nase geknallt haben.« Sie lächelte, während sie irgendeinen Ausschnitt des byzantinischen Teppichmusters unter dem Schreibtisch betrachtete. »Billy hätte das genauso gemacht.«
    Verblüfft starrte Chad sie an. Doch sie merkte es nicht und sah unverwandt auf den Boden. Ihren Vorschlag, den er »falsch auffassen« könnte, schien sie vergessen zu haben.
    »Ist er beliebt... mögen ihn die anderen? Am College, meine ich?«
    »Ist es bei soviel Geld nicht schwierig, die falschen von den echten Freunden zu unterscheiden?« Er lächelte. »Aber, doch, ja, soweit ich das mitkriege, schon.« Chad wurde ein wenig nervös. Es schien ihr in Wirklichkeit um etwas anderes zu gehen als das College oder die »Beliebtheit« ihres Sohnes.
    »Ich frag mich das manchmal. Er hat hier zwar Freunde, aber niemanden, der ihm genügt...« Sie runzelte die Stirn und suchte nach dem richtigen Wort, den richtigen Worten.
    »Was oder wer könnte denn genügen?« Chad versuchte ihr zu helfen.
    Sie hob die Hände auf der Armlehne und ließ sie wieder sinken. Alle ihre Gesten schienen vergeblich. Der Blick, den sie ihm zuwarf, wirkte zögernd, und rasch senkte sie ihn wieder.
    Nach einem kurzen Schweigen sagte sie: »Im letzten März - aber wahrscheinlich wissen Sie ja davon - konnte ich ihn zwei Wochen lang nicht finden. Ich rief in seiner Wohnung an, mein Mann ebenso. Ich kannte keinen seiner Freunde. Sie sind der einzige, den er je zu uns eingeladen hat, wissen Sie. Zuletzt hab ich dann den Dekan angerufen. Anscheinend ist Billy zwei Wochen lang nicht in seinen Kursen gewesen, hat sein Schulgeld nicht bezahlt, ist überhaupt nicht aufgetaucht. Der Dekan entschuldigte sich, aber sie mußten ihn aus der Klassenliste streichen - zumindest bis das Schulgeld bezahlt war. Es war zwei Monate überfällig. Sein Vater war sprachlos, wo er Billy doch so viel Geld geschickt hatte.« In beinahe rechtfertigendem Ton sagte sie: »Also hab ich die Polizei angerufen. Mein Mann war wütend; er sagte, es würde mehr schaden als nützen. Stellen Sie sich mal vor, wenn die Polizei an Ihre Tür käme...«
    Chad erinnerte sich nur allzu gut daran. Im März war Zero fast zwei Wochen lang einfach stehengeblieben wie eine Uhr. Nicht mehr zu den Seminaren gegangen (nicht einmal zu dem Shakespeare-Seminar), weder auf den großen Partys noch in Mooneys Bar oder im Quicklunch aufgetaucht - seinem Lieblingslokal, wo er zweimal einen Streit beendet hatte, indem er den Kopf des Gegners in den Kichererbsentopf stieß, und den Geschäftsführer nur dadurch abhalten konnte, die Campus-Bullen zu rufen, daß er ihm ein paar Hundertdollarscheine in die Tasche stopfte. Chad hatte Zeros Stammplätze abgeklappert, inklusive Bowlerama. Er selber kegelte nicht (er trieb überhaupt keinen Sport); er griff sich bloß ein Hot dog mit Senf und Zwiebeln und setzte sich hin und sah den Keglern zu.
    Vor allem überraschte es Chad, daß Zero schweigend im Dunkeln hockte, als er ihn nach einer Woche endlich fand, denn eigentlich schien er doch immer unerschöpfliche Energien zu besitzen. Bei jedem Wetter lief er mit offenem Mantel (Kaschmir oder Trench) herum und ließ den weißen Schal hinter sich herflattern. Wegen seines Aussehens und seiner Kleidung - er kaufte bei Bill Blass, Perry Ellis oder Armani ein - hechelten die glamourösesten Frauen des Campus ständig hinter ihm her.
    Dennoch hatte Zero seine längste Beziehung, die nur sechs Monate dauerte, mit einem

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