Was auch geschehen mag: Schlossklinik Chefarzt Dr. Sturm (Heftromane für den Kindle) (German Edition)
ging sie zu ihm. »Ich glaube, das gehört Ihnen«, sagte sie.
»Ja, ich habe es verloren«, antwortete Karsten, ohne jedoch nach dem Buch zu greifen.
»Es ist schmutzig geworden.« Isabelle zog ein sauberes Papiertaschentuch aus der Kitteltasche und säuberte den Buchdeckel. »Lesen Sie gern?«
»Früher habe ich gern gelesen, jetzt ist es das einzige, was mir geblieben ist«, sagte Karsten. »Vermutlich werde ich mein Leben lang an diesen Stuhl gefesselt sein.« Erbittert schlug er mit beiden Händen auf die Seitenlehnen des Rollstuhls.
»Hatten Sie einen Unfall?« erkundigte sich Isabelle.
»Ja, vor über einem halben Jahr. Und mein Bein will und will nicht heilen. Meine letzte Chance ist Professor Sturm. Eine Cha nce, an die ich nicht so recht glauben kann.« Er berührte sein hochgestelltes Bein. »Es wird alles vergeblich sein. In einigen Wochen wird man mir auch hier sagen, daß mein Bein nicht zu retten ist und es doch amputiert werden muß.«
»Mit einer derart pessimistischen Haltung können Sie wohl auch kaum einen Erfolg der Behandlung erwarten«, sagte Isabelle hart. »Zur Gesundung eines Kranken trägt auch viel die innere Einstellung des Patienten bei. Sie müssen sich sagen, das hier alles getan wird, um Ihnen zu helfen, und daß…«
»Sie reden wie Doktor Sturm«, bemerkte Karsten.
»Und er hat völlig recht«, bekräftigte Isabelle. »Ich habe jetzt Dienstschluß. Wenn Sie wollen, fahre ich Sie etwas durch den Park.«
Karsten hob den Kopf und sah sie an. »Wissen Sie, wer ich bin?« erkundigte er sich mißtrauisch.
»Nein.« Isabelle lächelte. »Muß ich es unbedingt wissen, um Sie durch den Park zu fahren? Aber wenn es Ihnen lieber ist, ste llen wir uns einander vor. Ich bin Schwester Isabelle. Ich arbeite erst seit einiger Zeit in der Schloßklinik.«
»Mein Name ist Karsten Rotenberg.«
»Ach, Sie sind das«, entfuhr es der Schwester.
»Dann hat man wohl schon über mich gesprochen und sich e rzählt, was für ein ausgemachtes Ekel ich bin«, meinte Karsten sarkastisch. »Mit Vorliebe verärgere ich nämlich wohlmeinende Schwestern.«
»Weniger über Sie, als über die wohlmeinende Schwester«, erwiderte Isabelle aufrichtig. »Was ist nun, soll ich Sie spaziere nfahren, oder möchten Sie lieber hier bleiben?«
Karsten antwortete nicht. Plötzlich erhellte zum ersten Mal seit Monaten ein Lächeln sein eingefallenes Gesicht. »Ja, bitte fahren Sie mich, Schwester Isabelle«, sagte er. »Ich finde es ausgespr ochen nett, das Sie sich um mich kümmern.«
Von ihrem Zimmerfenster aus beobachtete Michaela Nolden, wie Schwester Isabelle den Griff des Rollstuhls umfaßte und Ka rsten Rotenberg in die Richtung des Kronsees schob. Da sie an allem interessiert war, hatte sie erfahren, daß sich der junge Fabrikant in der Klinik aufhielt. Sie hatte ihn vor knapp einem Jahr bei einem Wohltätigkeitsball in Frankfurt kennengelernt.
»So eine kleine Hexe«, murmelte sie vor sich hin und drehte sich um. »Ich dachte, du wärst längst gegangen, Ingmar«, sagte sie zu dem jungen, blonden Mann, der lässig in einem der beiden Sessel saß.
»Du weißt genau, daß das nicht so einfach ist, Michaela«, erwiderte Ingmar Hofer. »Nicht, das ich nur gekommen bin, weil ich einmal mehr in Schwierigkeiten stecke. Ich brauche das Geld wirklich sehr dringend.«
»Und ich habe dir schon das letzte Mal gesagt, daß ich nicht daran denke, bis an mein Lebensende dein Geldesel zu sein, In gmar«, erklärte Michaela Nolden und ließ sich stöhnend in den zweiten Sessel sinken. »Heute sind die Schmerzen besonders schlimm, es ist zum aus der Haut fahren.«
»Was meinen denn die Ärzte hier?«
»Daß es sich bei meinem Rückenleiden um einen besonders schweren Wirbelsäulenrheumatismus handelt«, erwiderte Michaela. »Ich werde mit Bädern, Wickeln, Schlammpackungen und Moorauflagen behandelt. Was ich daneben an Naturheilmedikamenten bekomme, habe ich mir noch gar nicht so genau angesehen, an Einzelheiten bin ich auch nicht interessiert. Ich will nur, daß ich endlich ohne Beschwerden mein Leben genießen kann.«
»Und spürst du schon einen Erfolg?« fragte ihr Stiefsohn aus zweiter Ehe.
»Ich will nicht ungerecht sein, die Zeit ist noch zu kurz, um einen Erfolg zu spüren. Zu klagen habe ich allerdings über das, was ich hier zu essen bekomme. Viel Rohkost und nie ein Stück Fleisch. Ich komme mir schon wie ein Kaninchen vor.«
»Und wie sind die Ärzte und das übrige Personal?«
Michaela Nolden schaute
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