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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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Gedanken«, verlangte Sto Odin.
    »Ich werde zuerst tanzen und meine Kräfte sammeln.«
    Für einige wenige Sekunden schien es, als ob der Tänzer mit dem Congohelium einen Felssturz auslösen würde.
    Der sterbende Sto Odin schloss die Augen und stellte fest, dass es erholsam war, zu sterben. Das Gleißen und Lärmen der Welt blieben interessant, waren aber unwichtig geworden.
    Das Congohelium mit seinen sich tausendfach verändernden Regenbogen und der Tänzer waren nahezu durchsichtig geworden, als der Sohn der Sonne zurückkehrte, um Sto Odins Gedanken zu lesen.
    »Ich sehe nichts«, erklärte der Sonnensohn besorgt. »Ihr Vitalitätsknopf ist zu hoch eingestellt, und Sie werden bald sterben. Woher kommt diese ganze Luft? Mir scheint, ich höre ein fernes Grollen. Aber Sie haben nichts damit zu tun. Ihr Roboter hat durchgedreht. Und Sie schauen mich nur zufrieden an und sterben. Das ist sehr seltsam. Sie wollen auf Ihre Art sterben, obwohl Sie hier mit uns viele unglaubliche Leben leben können!«
    »Das ist richtig«, sagte Sto Odin. »Ich sterbe auf meine Art. Aber tanzen Sie für mich, tanzen Sie für mich mit dem Congohelium, während ich Ihnen Ihre eigene Geschichte erzähle, so wie Sie sie mir erzählt haben. Ich wäre dankbar, wenn ich vor meinem Tod die Geschichte loswürde.«
    Der Tänzer blickte zweifelnd drein, begann zu tanzen und wandte sich dann wieder an Sto Odin. »Sind Sie sicher, dass Sie jetzt sterben möchten? Mit der Kraft der von Ihnen als Douglas-Ouyang-Planeten bezeichneten Macht, die ich hier durch das Congohelium empfange, würde es Ihnen an nichts fehlen, während ich tanze, und Sie können immer noch sterben, wann es Ihnen gefällt. Vitalitätsknöpfe sind viel schwächer als die Kräfte, die ich beherrsche. Ich könnte sogar helfen, Sie über die Schwelle meiner Tür zu tragen …«
    »Nein«, wehrte Lord Sto Odin ab. »Tanzen Sie lieber für mich, während ich sterbe. Auf meine Art.«

IX
    Und so änderte sich der Lauf der Welt.
    Millionen Tonnen Wasser stürzten auf sie zu.
    Binnen Minuten würden das Gebiet und der Bezirk überflutet sein, während die Luft pfeifend nach oben entwich.
    Befriedigt stellte Sto Odin fest, dass sich an der Decke des Tanzsaales ein Luftschacht befand. Er kontrollierte sein Dreifachdenken, um sich nicht vorzustellen, was geschehen würde, wenn Materie und Antimaterie des Congoheliums von strömendem Salzwasser überspült wurden. Es würde sich in einer Größenordnung von vierzig Megatonnen abspielen, schätzte er, mit dem müden Gefühl eines Mannes, der ein Problem schon vor langer, langer Zeit durchdacht hatte und sich kurz daran erinnerte, wenn die Situation schon lange vorbei war.
    Der Sonnensohn zelebrierte eine Religion, die aus den Epochen vor dem Zeitalter des Weltraums stammte. Er intonierte Hymnen, hob seine Augen und Hände und das Stück Congohelium der Sonne entgegen; er drehte die Rassel der wirbelnden Derwische, läutete die Tempelglocken des Mannes an den zwei Hölzern und die Tempelglocken des Heiligen, der der Zeit entflohen war, einfach indem er sie erkannt und sich ihr entzogen hatte – Buddha, war dies sein Name? Und er ging über zu den finsteren Ruchlosigkeiten, denen die Menschheit nach dem Zusammenbruch der Alten Welt gefolgt war.
    Die Musik blieb gleichförmig.
    Und auch die Lichter.
    Ganze Prozessionen geisterhafter Schatten folgten dem Sonnensohn, während er zeigte, wie die alte Menschheit die Götter, die Sonne und dann die anderen Götter gefunden hatte. Er stellte das größte Geheimnis der Menschheit in einer Pantomime dar – dass der Mensch vorgab, sich vor dem Tod zu fürchten, wo es doch das Leben war, das er niemals verstanden hatte.
    Und während er tanzte, erzählte Lord Sto Odin dem Tänzer dessen eigene Geschichte.
    »Sie sind von der Erdoberfläche geflohen, Sonnensohn, weil die Menschen stumpfsinnige Klötze waren, glücklich und blöde in ihrem elenden Geist. Sie sind geflohen, weil Sie es nicht ertragen konnten, ein Huhn in einer Hühnerfarm zu sein, antiseptisch ausgebrütet, sicher untergebracht, eingefroren nach dem Tod. Sie haben sich mit den anderen elenden, klugen, ruhelosen Menschen zusammengeschlossen, die ihre Freiheit in dem Gebiet zu erlangen hofften. Sie lernten ihre Drogen, ihre Liköre und ihren Rausch kennen, ebenso wie ihre Frauen, ihre Feste und ihre Spiele. Doch das reichte Ihnen nicht. Sie wurden ein Gentleman-Selbstmörder, ein Held auf der Suche nach einem Freudentod, der Ihnen Ihre

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