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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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Katzenmenschen standen unter uns, und man sollte sie eigentlich meiden, aber Erdhafen war über uns und musste respektiert werden. Was war K’mell?
    Sie lächelte, und ihr Lächeln war mehr für meine als für Virginias Augen bestimmt. Es drückte eine ganze Welt lustvoller Erfahrung aus. Ich wusste, dass sie nicht versuchte, mich zu umgarnen; ihre ganze Haltung zeigte das deutlich. Vielleicht war es das einzige Lächeln, das sie beherrschte.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, erklärte sie, »wegen der Etikette. Sie sollten jetzt lieber diese Treppe hochgehen. Ich höre ihn zurückkommen.«
    Ich wirbelte herum und hielt nach dem betrunkenen Stiermann Ausschau. Er war noch nicht zu sehen.
    »Gehen Sie schon«, drängte K’mell. »Das ist eine Nottreppe, die bis ganz hoch führt. Ich kann ihn davon abhalten, Ihnen zu folgen. War das Französisch, was Sie gesprochen haben?«
    »Ja«, nickte ich. »Woher …«
    »Gehen Sie«, unterbrach sie mich. »Und entschuldigen Sie meine Frage. Beeilen Sie sich jetzt.«
    Ich trat durch die schmale Tür. Eine Wendeltreppe führte an die Erdoberfläche. Es war unter unserer Würde als Wahre Menschen, Treppen zu benutzen, aber da K’mell uns drängte, blieb uns nichts anderes übrig. Ich nickte K’mell Abschied nehmend zu und zog Virginia hinter mir die Treppe hinauf.
    Oben angelangt, verschnauften wir.
    »War das nicht schrecklich?«, keuchte Virginia.
    »Wir sind jetzt in Sicherheit«, beruhigte ich sie.
    »Mir geht es nicht um die Sicherheit«, sagte sie. »Es war so schmutzig. Stell dir vor, wir haben mit ihr gesprochen!« Virginia meinte, dass K’mell noch schlimmer als der betrunkene Stiermann sei. Sie spürte meine Zurückhaltung und fuhr fort: »Das Traurige ist, dass du sie wiedersehen wirst …«
    »Was? Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete Virginia. »Ich vermute es. Und meine Vermutungen treffen meist zu. Schließlich habe ich den Abba-Dingo besucht.«
    »Ich habe dich bereits gefragt, Liebling, was dort geschehen ist.«
    Sie schüttelte stumm den Kopf und begann die Straße hinunterzugehen. Mir blieb keine andere Wahl, als ihr zu folgen. Es ärgerte mich ein wenig, und so wiederholte ich meine Frage mit mehr Nachdruck: »Was ist dort geschehen? «
    Mit mädchenhaftem Stolz erwiderte sie: »Nichts, nichts. Es war eine anstrengende Kletterei. Die alte Frau wollte, dass ich sie begleitete. Es stellte sich heraus, dass die Maschine an diesem Tage nicht sprach, und wir erhielten die Erlaubnis, einen Fallschacht zu benutzen und auf die Rollstraße zurückzukehren. Es war nur ein verlorener Tag.«
    Sie hatte vor sich hin und nicht zu mir gesprochen, als ob ihr die Erinnerung ein klein wenig unangenehm wäre.
    Dann wandte sie mir ihr Gesicht zu. Ihre braunen Augen blickten in meine, als ob sie nach meiner Seele forschte. (Seele … Das ist ein Wort, das es im Französischen gibt, obwohl man etwas Vergleichbares in der Alten Sprache vergeblich sucht.) Sie lächelte und bat mich dann: »Lass uns den neuen Tag nicht mit trüben Gedanken beginnen. Lass uns unser neues Ich genießen, Paul. Wir unternehmen jetzt etwas richtig Französisches, da wir doch richtige Franzosen sind.«
    »Ein Café«, rief ich. »Wir brauchen ein Café. Und ich weiß, wo sich eines befindet.«
    »Wo?«
    »Zwei Untergrundetagen tiefer. Dort, wo die Maschinen herauskommen und man den Homunkuli gestattet, durch die Fenster zu schauen.« Der Gedanke, dass uns Homunkuli anstarren würden, amüsierte mein neues Ich, obwohl meinem alten Ich diese Wesen ebenso gleichgültig waren wie Fenster oder Tische. Meinem alten Ich waren nie welche begegnet, aber es wusste, dass sie keine richtigen Menschen, sondern Tierzüchtungen waren, auch wenn sie genau wie Menschen aussahen und sprechen konnten. Ein Franzose wie mein neues Ich war nötig, um zu erkennen, dass sie entweder hässlich oder schön oder auch pittoresk anzusehen waren, ja, mehr als pittoresk sogar: romantisch.
    Offenbar war Virginia jetzt der gleichen Meinung, denn sie sagte: »Aber sie sind noch nett, fast herzig. Wie heißt denn dieses Café?«
    » Zur Fettigen Katze «, antwortete ich.
    Zur Fettigen Katze. Woher sollte ich wissen, dass dies zu einem Alptraum zwischen hohen Wassern und heulenden Winden führen würde? Wie hätte ich ahnen können, dass dieses Café etwas mit dem Alpha Ralpha Boulevard zu tun hatte?
    Keine Macht der Welt hätte mich dorthin gebracht, wenn ich das alles gewusst hätte.
     
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