Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
war groß, schlank, sonnenverbrannt. (Wie hatte er so schnell braun werden können?) Er hatte rötliches Haar und einen Schnurrbart, der fast so aussah wie der des Roboterkellners.
»Sie fragten nach Gott, Mamselle«, sagte der Fremde. »Gott ist dort, wo er immer gewesen ist – um uns, bei uns, in uns.«
Dies waren seltsame Worte für einen Mann, der sehr weltgewandt wirkte. Ich stand auf, um ihn zu verabschieden.
Virginia ahnte, was ich vorhatte, und sagte: »Das ist nett von dir, Paul, dass du ihm einen Stuhl anbietest.« Wärme lag in ihrer Stimme.
Der automatische Kellner kehrte mit zwei konischen Trinkgefäßen aus Glas zurück. In ihnen befand sich eine goldene Flüssigkeit, die von weißem Schaum gekrönt wurde. Ich hatte noch nie zuvor etwas von Bier gehört oder gesehen, aber ich wusste ganz genau, wie es schmecken würde. Ich legte imaginäres Geld auf das Tablett, erhielt imaginäres Wechselgeld und gab dem Kellner imaginäres Trinkgeld. Die Instrumentalität hatte sich noch nicht zu einer Entscheidung durchgerungen, ob jede neue Kultur auch eine eigene Währung bekommen sollte, und natürlich konnte man kein echtes Geld benutzen, um Nahrung und Getränke zu bezahlen. Nahrung und Getränke sind kostenlos.
Der Roboter fuhr sich über den Schnurrbart, benutzte seine Serviette (die rot und weiß kariert war), um sich den Schweiß von den Brauen zu tupfen, und blickte dann Monsieur Macht fragend an.
»M’sieu, möchten Sie hier sitzen?«
»In der Tat«, nickte Macht.
»Soll ich Ihnen hier etwas servieren?«
»Warum nicht?«, gab Macht zurück. »Wenn diese netten Menschen erlauben.«
»Ausgezeichnet«, sagte der Roboter und strich sich erneut über den Schnurrbart. Dann zog er sich zurück.
Die ganze Zeit hatte Virginia Macht unverwandt angesehen.
»Sie sind ein Glaubender?«, fragte sie. »Sie sind noch immer ein Glaubender, auch wenn Sie wie wir in einen Franzosen verwandelt wurden? Woher wissen Sie, dass Sie wirklich Sie selbst sind? Warum liebe ich Paul? Kontrollieren die Lords und ihre Computer alles, was in uns ist? Ich möchte endlich Ich sein. Wissen Sie, wie man Ich werden kann?«
»Nicht Sie, Mamselle«, erklärte Macht, »das wäre eine zu große Ehre. Aber ich lerne allmählich, ich selbst zu sein. Sehen Sie …« Er wandte sich an mich. »Ich bin nun seit zwei Wochen Franzose und weiß, wie viel von mir ich selbst bin und wie viel durch dieses neue Verfahren zugefügt wurde, das uns wieder Sprache und Gefahr schenkte.«
Der Kellner erschien und brachte einen kleinen Becher. Der Becher besaß einen Stiel, so dass er wie eine böse kleine Miniatur von Erdhafen wirkte. Die Flüssigkeit in ihm war milchigweiß.
Macht prostete uns mit seinem Glas zu. »Auf Ihre Gesundheit !«
Virginia sah ihn an, als ob sie gleich wieder weinen würde. Als er und ich tranken, putzte sie sich die Nase und steckte dann das Taschentuch wieder weg. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich jemanden die Nase putzen sah, aber es schien gut zu unserer neuen Kultur zu passen.
Macht lächelte uns beide an, als wollte er eine Rede halten. Die Sonne kam hervor, auf die Minute genau. Sie verlieh ihm einen Lichtkranz um den Kopf und ließ ihn wie einen Teufel oder einen Heiligen aussehen.
Aber es war Virginia, die zuerst etwas sagte: »Sie sind dort gewesen?«
Macht zog ein wenig die Augenbrauen hoch, runzelte die Stirn und antwortete sehr leise mit: »Ja.«
»Haben Sie eine Weissagung erhalten?«
»Ja.« Er sah mürrisch und ein wenig bekümmert drein.
»Was hat er zu Ihnen gesagt?«
Statt eine Antwort zu geben, schüttelte Macht den Kopf, als würde es sich um etwas handeln, über das man in der Öffentlichkeit nicht sprach.
Virginia fuhr fort, ohne mich zu Wort kommen zu lassen: »Aber hat er etwas gesagt?«
»Ja«, sagte Macht.
»War es wichtig?«
»Mamselle, ich möchte nicht darüber sprechen.«
»Aber wir müssen«, rief sie. »Es geht um Leben oder Tod.« Sie ballte so sehr die Fäuste, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Ihr Bier stand immer noch unberührt vor ihr und wurde warm im Sonnenlicht.
»Nun gut«, sagte Macht. »Sie können fragen … Aber ich kann Ihnen nicht versprechen, dass ich auch antworte.«
Ich beherrschte mich nun nicht mehr. »Worum geht es hier eigentlich?«
Virginia sah mich voller Verachtung an, doch selbst ihre Verachtung war die Verachtung einer Liebenden, nicht die kalte Distanz der Vergangenheit. »Bitte, Paul, du würdest es nicht verstehen. Warte
Weitere Kostenlose Bücher