Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
man Menschen zur Strafe auf diesen Planeten schickte, wo doch alles so schrecklich schön war. Es gab keinen Prozess, keine Verhöre, keine Richter. Das Essen war gut, aber er dachte nicht viel darüber nach; die Kappe war besser. Selbst wenn er wach war, fühlte er sich immer noch ein wenig benommen.
Zum Schluss wurde er mit der Kappe auf dem Kopf in eine adiabatische Kapsel gelegt – eine Einmann-Rakete, die ihn von der Fähre zu dem Planeten hinunterbringen würde. Er war rundherum eingeschlossen, nur sein Gesicht war noch frei.
Doktor Vomact schien ins Zimmer zu schwimmen. »Sie sind stark, Mercer«, rief der Arzt. »Sie sind sehr stark! Können Sie mich hören?«
Mercer nickte.
»Wir wünschen Ihnen alles Gute, Mercer. Gleichgültig, was geschieht, denken Sie immer daran, dass Sie den anderen Menschen hier oben helfen.«
»Kann ich die Kappe mitnehmen?«, fragte Mercer.
Statt einer Antwort nahm ihm Doktor Vomact die Kappe eigenhändig ab. Zwei Männer schlossen die Kapselluke und ließen Mercer in völliger Finsternis allein. Sein Bewusstsein begann sich zu klären, und er kämpfte panikerfüllt gegen seine Gurte an.
Donnernder Lärm und der Geschmack von Blut folgten.
Das Nächste, was Mercer wusste, war, dass er in einem kühlen, sehr kühlen Raum lag, der viel eisiger war als die Krankenzimmer und Operationsräume des Satelliten. Jemand hob ihn sanft auf einen Tisch.
Er öffnete die Augen.
Ein riesiges Gesicht, viermal so groß wie das eines Menschen, sah auf Mercer hinunter. Große braune Augen, in ihrer freundlichen Harmlosigkeit an eine Kuh erinnernd, rollten hin und her, während das breite Gesicht Mercers Verpackung musterte. Das Gesicht war das eines gutaussehenden Mannes mittleren Alters, glattrasiert, kastanienbraunes Haar, mit sinnlichen, vollen Lippen und gigantischen, aber gesunden gelben Zähnen, die von einem leichten Lächeln entblößt wurden. Das Gesicht bemerkte, dass Mercer die Augen geöffnet hatte, und begann mit einer tiefen, freundlichen, dröhnenden Stimme zu sprechen.
»Ich bin dein bester Freund. Mein Name ist S’dikkat, aber hier brauchst du mich nicht so zu nennen. Sag ruhig Freund zu mir.«
»Ich habe Schmerzen«, murmelte Mercer.
»Natürlich hast du welche. Überall. Es ist ja auch ein tiefer Sturz«, erwiderte S’dikkat.
»Kann ich bitte eine Kappe haben«, sagte Mercer. Es war keine Frage, es war ein Befehl; Mercer fühlte, dass seine ganze innere Ewigkeit davon abhing.
S’dikkat lachte. »Ich habe hier unten keine Kappen. Ich könnte sie ja sonst selbst benutzen. Das meint man da oben zumindest. Ich habe andere, viel bessere Dinge. Keine Angst, mein Freund, ich werde mich deiner schon annehmen.«
Mercer blickte zweifelnd drein. Wenn die Kappe ihm auf der Fähre Glück verschafft hatte, dann war zumindest eine elektronische Reizung seines Gehirns erforderlich, um ihn unempfindlich für die Qualen zu machen, die Shayol anzubieten hatte.
S’dikkats Lachen erfüllte den Raum wie ein zerplatzendes Kissen. »Hast du jemals von Kondamin gehört?«
»Nein.«
»Es ist ein so starkes Narkotikum, dass es nicht einmal in den Arzneilexika erwähnt werden darf.«
»Du hast etwas davon?«
»Etwas Besseres. Ich habe Super-Kondamin. Es ist nach einer Stadt auf Neu-Frankreich benannt, wo es entwickelt wurde. Die Chemiker haben noch ein Wasserstoffmolekül hinzugefügt – das hat erst für den richtigen Knalleffekt gesorgt. Wenn du es in deiner derzeitigen Verfassung nehmen würdest, dann wärst du in drei Minuten tot, aber diese drei Minuten würden dir wie zehntausend Jahre des Glücks vorkommen.« S’dikkat rollte bedeutungsvoll mit seinen braunen Augen und schnalzte mit einer ungeheuer langen Zunge, die zwischen den dunkelroten Lippen hervorzüngelte.
»Was hat das Zeug denn dann für einen Sinn?«
» Du kannst es nehmen. Du kannst es nehmen, nachdem du außerhalb dieses Hauses den Dromozoen ausgesetzt worden bist. Du wirst nur seine guten Wirkungen und nicht seine schlechten empfinden. Soll ich dir etwas zeigen?«
Welche Antwort außer Ja bleibt mir schon?, dachte Mercer grimmig. Glaubt er denn, dass ich dringend zu einem Kaffeeklatsch muss, oder was denkt er sich?
»Schau aus dem Fenster«, forderte S’dikkat ihn auf, »und dann sag mir, was du siehst.«
Die Luft war klar. Der Boden ähnelte einer Wüste, rötlich gelb mit grünen Streifen, wo Flechten und niedriges Buschwerk wuchsen, die offensichtlich von den heftigen, trockenen Winden im Wachstum
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