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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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tun haben, etwas, das er – als Einziger unter diesen Menschen, Untermenschen und Robotern – zum sturmbelagerten Gut von Beauregard mitgebracht hatte.
    Plötzlich wusste er es.
    »Benutze mich, Mylady Ruth«, sagte er und verlieh ihr absichtlich den falschen Titel, »um ihnen kein intellektuelles Wissen, sondern meine Gefühle zu übertragen. Es würde ihnen nichts helfen, etwas über Mizzer zu erfahren, wo sich die Zwölf Nile durch die Wüsten ihren Weg graben. Oder über Pontoppidan, den Edelsteinplaneten. Oder über Olympia, wo die blinden Makler unter nummerierten Wolken spazieren gehen. Dinge zu wissen, würde diesen Kindern nicht helfen. Aber etwas wollen  …«
    Er war einzigartig. Er hatte nach Mizzer zurückkehren wollen. Er hatte neben all seinen Träumen von Blut und Rache vor allem dorthin zurückkehren wollen. Und er hatte immer alle Dinge so verbissen und unbeirrbar haben wollen, dass er auch noch, wenn er sie nicht bekommen hätte, die Galaxis auf der Suche nach ihnen durchstreift hätte.
    S’ruth sprach wieder zu ihm, drängend und sanft, aber nicht mit so leiser Stimme, dass die anderen Anwesenden sie nicht hätten verstehen können. »Und was, Casher O’Neill, soll ich ihnen von Ihnen geben?«
    »Meine Gefühle. Meine Bestimmung. Meine Wünsche. Nichts anderes. Gib ihnen das und wirf sie zurück in die Winde. Wenn sie etwas hartnäckig genug wollen, werden sie vielleicht aufwachsen in dem Wunsch, herauszufinden, was es ist.«
    Leises zustimmendes Gemurmel war zu hören.
    S’ruth zögerte einen Moment und nickte dann. »Sie haben geantwortet, Casher. Sie haben schnell und klug geantwortet. Bringen Sie sieben Helme, Eunice. Bleiben Sie hier, Doktor.«
    Eunice, die Vergessene, ging mit zwei Robotern hinaus.
    »Einen Stuhl«, verlangte S’ruth. »Für ihn.«
    Ein großer, kräftiger, männlicher Untermensch drängte sich durch die Menge und schleppte einen Stuhl herbei.
    S’ruth bedeutete Casher, Platz zu nehmen.
    Sie stand vor ihm. Seltsam, dachte Casher, dass sie eine große Lady und trotzdem ein kleines Mädchen ist. Wie war es nur möglich, dass er ein Mädchen wie sie gefunden hatte? Er fürchtete sich nicht mehr vor dem Mysterium des Fisches oder vor dem Bild des Mannes an den beiden Holzbalken. Er fürchtete sich nicht mehr vor Weltraum 3 , den so viele Reisende betreten und so wenige wieder verlassen hatten. Er fühlte sich sicher und wohl in der Nähe ihrer Weisheit und Autorität. Er fühlte auch, dass er nie wieder etwas Ähnliches erleben würde – ein Kind, das einen Planeten regierte und Erfolg damit hatte; ein halbtoter Mann, der durch die immerwährende Hingabe seines Hausmädchens am Leben erhalten wurde; eine schreckliche Hypnotiseurin, die weiterlebte mit all den Ängsten und dem Zorn längst vergangener Menschlichkeit, aber mit den Fähigkeiten und der Hartnäckigkeit von Schildkrötengenen.
    »Ich kann mir vorstellen, was Sie denken«, sagte S’ruth, »aber wir haben bereits alle Dinge gesagt, die gesagt werden mussten. Ich habe ein Dutzend Mal Ihren Geist durchleuchtet, und ich weiß, Sie wollen nach Mizzer so schrecklich gern zurückkehren, dass Weltraum 3 Sie genau an dem verfallenen Fort ausspucken wird, wo die lange Schleife des Siebten Nils beginnt. Auf meine Art liebe ich Sie, Casher, aber ich kann Sie nicht hierbehalten, ohne Sie in einen Vergessenen zu verwandeln und aus Ihnen einen Diener für meinen Meister zu machen. Sie wissen, was bei mir immer an erster Stelle steht.«
    »Madigan.«
    »Madigan«, bestätigte sie, und aus ihrem Mund klang der Name wie ein Gebet.
    Eunice kam mit den Helmen zurück.
    »Wenn wir damit fertig sind, Casher«, sagte S’ruth, »wird man Sie in den Konditionierungsraum bringen. Leben Sie wohl, mein Es-hätte-sein-Können!«
    Vor aller Augen küsste sie ihn voll auf seine Lippen.
    Er saß in dem Stuhl, erfüllt von Geduld und Zufriedenheit. Selbst als sich sein Blickfeld verdunkelte, konnte er die dünne, leichte Kette an dem mädchenhaften Hals sehen, konnte er sich an das zarte Lachen erinnern, das in ihrem Lächeln verborgen lag.
    Im letzten Augenblick seines noch wachen Bewusstseins sah er, dass eine andere Gestalt sich zu der Menge gesellt hatte – der große alte Mann mit dem abgetragenen Bademantel, den welken blauen Augen, dem dünnen blonden Haar. Murray Madigan hatte sich aus seinem privaten Leben-im-Tod erhoben und war gekommen, um Casher O’Neill noch einmal zu sehen. Er wirkte weder schwach noch närrisch. Er

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