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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loel Zwecker
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England, die stets auf eine balance of power in Europa achtet. In Frankreich ist man nach der Demütigung durch Deutschland im Krieg von 1870 konfliktbereit. Für Gebiete des zerfallenden Osmanischen Reiches etwa in Palästina, Arabien und Mesopotamien gibt es zahlreiche Interessenten.
    Da man in Deutschland seit 1812 keinen richtigen Krieg mehr gegen äußere Feinde verloren hat, ist man übermütig. Auf allen Seiten rührt eine gewisse Überheblichkeit daher, dass man beim Gedanken an den Krieg noch die halbwegs begrenzten Waffengänge des 19. Jahrhunderts im Kopf hat. So scheint der fließende Übergang zwischen Politik und bewaffnetem Konflikt, wie ihn Carl von Clausewitz in seinem Klassiker Vom Kriege (1832 – 1834) beschreibt, vielen weiterhin natürlich. Doch passt das alte, in Kunst und Literatur beschönigte Bild des Krieges nicht mehr zur Zerstörungskraft neuer Waffen wie dem Tank (Panzer), Bomben und Giftgas. Zugleich lässt sich in Europa bei vielen eine diffuse Spannung zwischen alten Hierarchien und dem Willen zum Ausbruch beziehungsweise Umbruch beobachten. Man wünscht sich eine Klärung der Machtverhältnisse – oder eine Stärkung der Gemeinschaft durch ein Stahlbad.
    So reicht ein Attentat als Auslöser für den Krieg, der zwischen 1914 und 1918 zehn Millionen Soldaten und Millionen von Zivilisten töten wird: Als am 28. Juni 1914 der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau bei einem Besuch in Sarajevo von einem serbischen Nationalisten erschossen werden, wird Österreich-Ungarn vom verbündeten Deutschland unter Reichskanzler Bethmann Hollweg zu einer aggressiven Reaktion ermutigt. Österreich stellt Serbien, das als Zentrum des Panslawismus als Bedrohung für den Vielvölkerstaat gilt, aber Rückendeckung von Russland bekommt, ein Ultimatum mit weitreichenden Forderungen zur Untersuchung des Anschlags, welche die serbische Souveränität tangieren. Als Serbien das Ultimatum ablehnt, erklärt Wien am 28. Juli Belgrad den Krieg, am 1. August 1914 folgt die deutsche Kriegserklärung an Russland, das mit Frankreich verbündet ist. Deutsche Truppen überfallen gemäß dem Schlieffen-Plan das neutrale Belgien, um Frankreich in die Zange zu nehmen. Daraufhin tritt England in den Krieg ein. Schon im September 1914 nach der Schlacht an der Marne steckt man an der Westfront im Stellungskrieg fest, auch weil Maschinengewehre die Verteidiger stärken. Millionen von Soldaten kämpfen mit Sturmangriffen aus den Schützengräben um ein paar Meter Gebietsgewinn. Allein in der Schlacht bei Verdun 1916 kommen Hunderttausende um.
    Wie später im Zweiten Weltkrieg werden im Ersten Weltkrieg auch Bewohner von Kolonien in der Südsee, in Asien und Afrika in die Konflikte der europäischen Mächte hineingezogen. Können Australier, Neuseeländer und Japaner deutsche Teile Neuguineas und Inseln in Mikronesien ohne massive Verluste einnehmen, gibt es in Afrika und Asien ein Blutbad. Die Japaner greifen die deutsche Stadt Tsingtau in China mit rund 50 000 Soldaten und einer der historisch ersten Bombardierungen aus der Luft an. In Deutsch-Ostafrika führt Befehlshaber Paul von Lettow-Vorbeck, 1904 schon an der Ermordung Tausender Hereros in Deutsch-Südwestafrika (Namibia) beteiligt, einen Guerilla-kampf gegen eine mehrfache Übermacht von Südafrikanern und Briten, als der Krieg schon verloren ist. Die meisten Toten sind zwangsrekrutierte afrikanische Träger. Insgesamt sterben mehrere Hunderttausend Einheimische. Nach Lettow-Vorbeck ist noch heute eine von ehemals mehreren Bundeswehrkasernen benannt.
    Ihre größten Triumphe feiern die Mittelmächte im Osten. Man siegt in der Schlacht bei Tannenberg gegen die Russen. Doch die alliierte Übermacht im Westen bringt die Wende. 1917 treten die USA in den Krieg ein, auch weil die Oberste Heeresleitung unter Hindenburg und Ludendorff den uneingeschränkten U-Boot-Krieg befiehlt und Passagierschiffe versenkt werden, um die britische Seeblockade zu durchbrechen, mit der die Versorgung des Deutschen Reiches mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen unterbunden wird. Bis 1918 sterben etwa 800 000 Deutsche an Unterernährung.
    Zu Kriegsbeginn hatten deutsche Soldaten auf dem Weg zur Front auf die Eisenbahnwaggons Sprüche geschrieben wie »Auf zum Preisschießen nach Paris«. Als die Kriegsbegeisterung verfliegt, ist die Propaganda gefragt. Sie wird im Ersten Weltkrieg zur Avantgarde späteren Medienmissbrauchs. Indem die deutsche Propaganda behauptet, in

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